Der Bundesliga-Profi und das "Sklavenschiff"
Akpoborie geht vor Ort auf Spurensuche, er versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. All seinen Unschuldsbeteuerungen wird in diesen Wochen, in denen die Medien eine zweifelhafte Rolle spielen, weil sie teilweise nur oberflächlich recherchieren, kein Glauben geschenkt. Der VfL Wolfsburg zieht schließlich auf Drängen von VW für sich einen Strich unter den "Fall Akpoborie" und suspendiert den Stürmer, während dieser in Afrika noch nach entlastenden Beweisen sucht. Der Entschluss des Bundesligisten basiert auf dem bloßen Verdacht. Eine Anklage gegen den Nigerianer wird es nie geben. Der Fußball-Profi erfährt von seinem Aus bei den "Wölfen" von seiner Frau am Telefon, als er gerade in Benin von einem Polizeiverhör zurückkommt. Er bricht in Tränen aus. "Ich war so glücklich", sagt der Stürmer über seine Zeit am Mittellandkanal.
Ermittlungen ergebnislos eingestellt
Akpobories Ruf ist ruiniert. Dabei kann er glaubhaft nachweisen, dass seine Familie nicht kriminell gehandelt hat. "Wir haben an die Kinder, die an Bord waren, keine Tickets verkauft, sondern eine Agentur. Die Passkontrolleure haben die Kinder an Bord gelassen. Die Behörde hat uns die Erlaubnis zum Auslaufen erteilt. Unsere Aufgabe war es, die Passagiere von A nach B zu transportieren", erklärt der Torjäger der "Frankfurter Rundschau". Selbst "UNICEF" und "terre des hommes" rudern schließlich zurück, geben Pressemeldungen heraus, die Akpoborie entlasten. Im Herbst 2003 werden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt.
Karriereende in Saarbrücken
Die Affäre bedeutet eine tiefe Zäsur im Leben des Jonathan Akpoborie. "Diese Lügen haben mein Leben zerstört. Sie haben alles verändert, am Ende auch mich", sagt der Stürmer. Zu seiner Mutter, nach der er das Schiff getauft hatte, sowie seinen Brüdern hat er keinen Kontakt mehr. Seine Ehe scheitert. Und auch in seinem Beruf fasst der frühere Rostocker Publikumsliebling nach seiner Rückkehr nach Deutschland nicht mehr Fuß. Ein Comebackversuch beim 1. FC Saarbrücken misslingt. Lediglich vier Partien bestreitet der Nigerianer in der Spielzeit 2001/2002 noch für die Saarländer, bevor er seine Laufbahn wegen eines Knorpelschadens beenden muss. Die Öffentlichkeit nimmt - anders als wenige Monate zuvor im Fall der "Etireno" - kaum Kenntnis vom Schicksal des früheren Ausnahmestürmers.
Regisseurin Specogna verfilmt "Fall Etireno"
Es wird still um Akpoborie, der nach seinem Karriereende in London und Nigeria lebt. Er arbeitet als Spielerberater, versucht, afrikanischen Talenten die Tür nach Europa zu öffnen. Noch einmal wird er selbst zum Hauptdarsteller. Die Schweizer Regisseurin Heidi Specogna nimmt sich der Affäre um die "Etireno" an und rekonstruiert die Ereignisse in dem 2010 uraufgeführten Film "Das Schiff des Torjägers". Neben Akpoborie, Wolfsburgs Ex-Manager Peter Pander und vielen anderen Protagonisten kommen dabei auch Kinder zu Wort, die damals auf dem Schiff waren. Grimme-Preisträgerin Specogna erzählt in dem mehrfach prämierten Film vom Handel mit Menschen, von afrikanischen Traditionen, westlichen Werten, vom Überlebenskampf sowie dem Fußballgeschäft. "Der Film muss mich nicht freisprechen, was er nicht will. Er liefert Fakten", lobt Akpoborie im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau" die beklemmende Dokumentation. Gleichzeitig weist er jegliche Verantwortung für die Kinder auf der "Etireno" noch einmal von sich: "Wenn man sie in dem Film sieht, tun sie mir leid. Wenn ich jedoch nur die geschäftliche Ebene ohne Sentimentalitäten betrachte, hatten wir einen Vertrag und diesen erfüllt." Eine Aussage, die juristisch korrekt, aber moralisch bedenklich ist. Wie die Rolle von Jonathan Akpoborie in diesem Fall.
- Teil 1: "UNICEF hat gelogen - Mein Leben war zerstört"
- Teil 2: Suspendierung per Telefon