Holstein Kiel: Darum ist Trainer Ole Werner so erfolgreich
Im September 2019 übernahm Trainer Ole Werner den Fußball-Zweitligisten Holstein Kiel. Gut eineinhalb Jahre später scheiterten die "Störche" erst in der Relegation am historischen Bundesliga-Aufstieg. Nicht zuletzt dank Werner, dessen Naturell gleichzeitig sein Erfolgsgeheimnis zu sein scheint.
"Mit Themen beschäftigen", so bezeichnet der 33 Jahre alte Coach selbst etwas lapidar seine Arbeitsweise. Wegbegleiter benutzen eher die Wörter "akribisch", "analytisch", "fokussiert". Immer auf alles vorbereitet sein, nichts dem Zufall überlassen. "Da ist es klar, dass die Videoanalysen vielleicht auch mal einen Tick länger dauern können", sagt Holstein-Kapitän Hauke Wahl dem NDR. "Das ist aber unfassbar hilfreich für uns." Sich in die Analyse so richtig vertiefen, das ist Werners Welt.
"Wir haben immer das Gefühl, top vorbereitet zu sein und fühlen uns extrem wohl damit. Im Prinzip haben wir immer eine Lösung für jeden Gegner. Das gibt uns natürlich Sicherheit." Holstein-Kapitän Hauke Wahl
In der vergangenen Saison verspielten die Kieler viele Führungen. Was tat der Holstein-Coach? Nachsitzen, um von den Besten zu lernen.
Werner packte in der Sommerpause das Laptop aus und analysierte Spiele von defensivstarken Mannschaften seiner Trainerkollegen José Mourinho oder Diego Simeone, um die Erkenntnisse "dann in Zusammenarbeit mit den Spielern auf die eigene Spielweise zu übertragen. Man erfindet den Fußball nicht neu, aber man kann sich an anderen Dingen orientieren."
In dieser Saison ist Kiel gemessen an lediglich 29 Gegentoren das beste Defensiv-Team. Führungen aus der Hand gegeben hat die Werner-Elf lediglich gegen Heidenheim, Fürth und den HSV, wobei nur gegen die Spielvereinigung am Ende eine Niederlage zu Buche schlug.
"Ole ist ein absoluter Teamplayer und sehr klar in seiner Analyse", sagt Holsteins Geschäftsführer Wolfgang Schwenke dem NDR. "Wir sind sehr zufrieden."
"Klar", wieder so ein Wort, das in Verbindung mit dem "Störche"-Coach häufiger fällt. Und tatsächlich reibt sich der Beobachter mitunter verwundert die Augen, wie abgeklärt und doch verbindlich Werner auch vor den Mikrofonen agiert. Dass der gebürtige Preetzer erst 33 Jahre alt und damit aktuell der jüngste Trainer im deutschen Profifußball ist, vergisst man da leicht.
"Schuster Werner" bleibt bei seinen Leisten
"Er ist typisch norddeutsch, sehr sachlich und lässt sich selten von Emotionen leiten, was gut für uns ist", berichtet Kapitän Wahl, für den das junge Alter seines Trainers keine Rolle spielt. "Durch seine taktische Expertise ist er in der Mannschaft sehr beliebt." Und respektiert, auch ohne eigene Profierfahrung. Werner scheint immer bei sich und seinen "Themen" zu sein.
Beim HSV hatte Trainer Daniel Thioune taktisch viel ausprobiert, wenig hat geklappt, ehe die Clubführung die Reißleine zog. In Kiel bleibt "Schuster Werner" bei seinen Leisten. Das 4-3-3-System der "Störche" ist in Stein gemeißelt, auch wenn es je nach Gegner natürlich Verschiebungen während des Spiels gibt. "Hohes Pressing" gehört ebenfalls zu den Grundsätzen des Kieler Trainers, von denen nicht abgerückt wird.
Immer das Gleiche tun, dabei aber besser werden: So könnte das unausgesprochene Motto des 33-Jährigen lauten. Struktur gibt Sicherheit und Selbstverständlichkeit - im Kieler Spiel ist das sichtbar.
Rahn: "Ole Werner macht einfach einen Riesenjob"
"Sie versuchen, alles fußballerisch zu lösen, es werden nur wenig lange Bälle gespielt", lobt Christian Rahn im NDR Interview. "Ole Werner macht einfach einen Riesenjob da." Der ehemalige HSV-Profi und aktuelle Co-Trainer der zweiten Mannschaft der Hamburger hat zusammen mit Werner den Fußball-Lehrer-Lehrgang absolviert, fuhr oft mit dem damals gerade zum Chefcoach beförderten Kieler zur DFB-Akademie nach Hennef. "Es war ein bisschen schwierig mit dem Lachen, aber er war trotzdem locker", erinnert sich Rahn und muss selbst lachen. Fachlich hat auch er den Kollegen als absoluten Experten in Erinnerung: "Wenn er etwas zu sagen hatte, dann hatte das Hand und Fuß."
"Dass die Mannschaft in Kiel sich in den letzten anderthalb Jahren so toll entwickelt hat und jetzt da steht, wo sie steht, ist sicherlich nicht zuletzt das Resultat der herausragenden Trainerarbeit von Ole Werner." Daniel Niedzkowski, Leiter DFB-Fußball-Lehrer-Lehrgang
Teamkapitän Wahl ist allerdings wichtig, dass der Höhenflug der "Störche" nicht als One-Man-Show wahrgenommen wird: "Da muss man auch die Arbeit des Teams drumherum hervorheben, mit den Co-Trainern Patrick Kohlmann und Fabian Boll und unserem Videoanalysten Philipp Pelka." Ihre Bedeutung zu betonen, wird auch Werner nicht müde, der sich - typisch norddeutsch - nicht in die Vordergrund stellt. "Ole ist bodenständig geblieben, hat sich als Mensch nicht verändert", sagt Geschäftsführer Schwenke.
Dass Erfolg Begehrlichkeiten weckt und Werner auf dem aktuell ziemlich überhitzten Trainermarkt heiße Ware ist, beunruhigt den 53-Jährigen nicht. "Im Fußballgeschäft habe ich es mir abgewöhnt, mir Sorgen zu machen", so Schwenke. "Wir wissen, was wir an Ole Werner haben und er weiß, was er an uns hat."
Unaufgeregt und klar: Der Satz hätte auch von Ole Werner kommen können.