"Wenig Zeit": VfL-Fußballerinnen zwischen Frust und Fokus auf Frankfurt
Die VfL-Fußballerinnen haben am Mittwoch nach zehn Titeln in Serie mal wieder ein Pokal-Spiel verloren. Bereits am Sonntag kommt Eintracht Frankfurt zum Bundesliga-Topspiel nach Wolfsburg. Die Niedersächsinnen stehen dann an einem Scheideweg ihrer Saison, kämpfen aber immer wieder mit denselben Problemen.
Was blieb ihm auch anderes zu sagen. Ein sichtlich angefasster Tommy Stroot mühte sich nach dem Pokal-Aus bei der TSG Hoffenheim (0:1) nach Kräften, den Blick nach vorne zu richten. "So hart das klingt nach so einem Spiel, wir müssen jetzt schnell den Fokus auf Frankfurt richten", sagte der Coach der "Wölfinnen". So recht wollte es ihm aber nach dem zweiten herben Rückschlag binnen fünf Tagen - am Freitag hatte es beim 1. FC Köln ein ernüchterndes 0:0 in der Liga gegeben - nicht gelingen, größeren Optimismus zu versprühen. Zumal: "Es ist wenig Zeit."
Denn schon am Sonntag empfangen die Wolfsburgerinnen Tabellenführer Eintracht Frankfurt (16.45 Uhr) zum Bundesliga-Topspiel. Für Stroot und seine Mannschaft geht es dann auch schon ein Stück weit um die Frage, wie am Ende auf ihre Saison geblickt werden wird. Verlieren die "Wölfinnen" gegen die SGE, beträgt der Rückstand auf die Hessinnen bereits sechs Zähler - bei deutlich schlechterer Tordifferenz und dann nur noch sieben verbleibenden Partien.
Erste titellose Saison seit der Saison 2011/2012 droht
Nach dem Ende der schier unglaublichen Pokal-Serie mit 52 gewonnenen Begegnungen und zehn Triumphen in Folge wäre bei einer Niederlage auch der Traum von der ersten Meisterschaft seit 2022 wahrscheinlich ausgeträumt. Angesichts des schweren Viertelfinalduells mit dem FC Barcelona in der Champions League droht den VfL-Frauen die erste titellose Spielzeit seit dem Triple-Jahr 2013.
Es ist, auch wenn Stroot daran nach der Partie in Hoffenheim keinen Gedanken verschwendete, nach dem bitteren Start in die englische Woche ein denkbares Szenario. Zwei Spiele, kein Tor - Träume, die platzen, Ziele, die in Gefahr sind. "Es ist ein emotionaler Moment für viele Spielerinnen, auch für mich als Trainer."
Immer wieder dieselben Probleme
Der Schmerz sitze "ziemlich tief", schrieb Rekordpokalsiegerin Alexandra Popp am Donnerstagmorgen bei Instagram, als sie realisierte, dass sie ihr "sogenanntes Baby" nach einer gefühlten Ewigkeit "ziehen lassen" muss. Das Pokal-Aus, das erste seit der Achtelfinal-Pleite bei Eintracht-Vorgänger-Club 1. FFC Frankfurt im November 2013 (0:1), es ist eine ungewohnte Situation für die Wolfsburgerinnen. Eine Situation allerdings, die selbstverschuldet ist - wie schon häufiger in dieser Saison.
In der Offensive hätte seine Mannschaft gegen Hoffenheim "Momente klarer ausspielen" müssen, beklagte der 36-Jährige, sie hätte sich "klarer Torchancen erarbeiten" müssen. Sinnbildlich für ihn aber auch das defensive Verhalten vor dem letztlich spielentscheidenden Treffer von Ereleta Memeti (52.): "Wir hätten zweimal die Chance gehabt, Zugriff zu bekommen, den Angriff durch ein kleines Foul zu unterbrechen. Wenn wir aggressiver rangehen, passiert da nichts."
Es sind wiederkehrende Probleme, wie auch die Analyse des Global Soccer Networks (GSN) im Januar vor dem Re-Start der Bundesliga bereits aufgezeigt hatte. Der zufolge krankt es im Wolfsburger Spiel vor allem an drei Dingen: mangelndem Tempo im eigenen Konterspiel, schwachen defensiven Bodenzweikämpfen sowie einer zu geringen Zweikampfintensität. Der Mittwochabend hat diese Sorgen nicht zerstreuen können. Im Gegenteil.
Stroot: "Müssen Situationen in großen Spielen erkennen"
Szenen, wie die vor dem Gegentreffer, gelte es, "in großen Spielen zu erkennen", mahnte Stroot am Mittwochabend an. Alleine: Es gelang in dieser Saison wiederholt nicht - wie zum Beispiel bei der 0:1-Niederlage im Dezember in Leverkusen, mit der die Wolfsburgerinnen die Tabellenführung in der Bundesliga abgaben. Für eine Mannschaft, die trotz einiger personeller Veränderungen immer noch gestandene Führungsspielerinnen wie Popp, Svenja Huth und Marina Hegering in ihren Reihen hat, ist das kein gutes Zwischenzeugnis.
Die Situation ist angespannt, zumal die sportliche Degradierung der ehemaligen Nationaltorhüterin Merle Frohms zuletzt zusätzlich für Unruhe sorgte. Via Stadionmikrofon hatte Kapitänin Popp die Fans am vergangenen Wochenende beim Bundesliga-Spiel der Männer gegen Bayer Leverkusen sogar dazu aufgerufen, ihr Team gegen Frankfurt zu unterstützen. Die aktuelle Situation könne man "nicht schönreden. Uns fehlt in dieser Saison die Konstanz". Gerade deshalb brauche man jetzt die Unterstützung der Zuschauer.
"Wir wissen, dass wir in der Lage sind, sehr gute Ergebnisse zu holen - wie als Beispiel in der Hinserie in München." VfL-Trainer Tommy Stroot
Darauf setzt auch Stroot. "Wir haben ein Heimspiel in der Arena, auf das wir uns extrem freuen", hatte der VfL-Coach am Sonntag im NDR Interview gesagt. "Wir wissen, dass wir in der Lage sind, sehr gute Ergebnisse zu holen - wie als Beispiel in der Hinserie in München." Seinerzeit hatten die VfL-Frauen ihr bislang bestes Saisonspiel abgeliefert und den Meister beim 2:0 über weite Strecken der Partie dominiert.
Auch Frankfurt mit Pokal-Enttäuschung
Ein solches Spiel benötigen die Niedersächsinnen nun erneut. Neben der Rückbesinnung auf den Erfolg im vergangenen Oktober macht den Stroot-Schützlingen Mut, dass auch die Frankfurterinnen mit einer herben Enttäuschung aus dem Pokalabend am Mittwoch gegangen sind. Bis zur 90. Minute hatten sie 1:0 beim FC Bayern geführt, dann aber noch den späten Ausgleich und in der Verlängerung schließlich eine herbe 1:4-Niederlage kassiert. Es ist der erste richtige Rückschlag für die SGE in einer ansonsten bislang starken Saison.
Für beide Mannschaften steht am Sonntag also viel auf dem Spiel. In der Hinrunde hatten die Hessinnen klar gewonnen (3:0). Sein Team müsse dem Druck standhalten, "auch jetzt in der Primetime", hatte Stroot zuletzt gesagt. Nun, "wo es um alles, um die Titel gehen wird, ist das der entscheidende Faktor". Am Mittwoch hat das im Pokal nicht geklappt. Die nächste Chance: am Sonntag gegen Frankfurt. Dass es dieses Mal gelingt, ist für alle rund um die "Wölfinnen" von großer Bedeutung. "Wir müssen nun alles bündeln, was in uns steckt", schrieb Popp.
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