VfB Lübeck: Stressige Tage für Trainer Pfeiffer
Trainer Lukas Pfeiffer vom VfB Lübeck erlebt erstmals stressige Tage. Der 0:3-Niederlage in Ulm folgte das Aus im Landespokal, der kommende Gegner in der 3. Liga heißt Dynamo Dresden - und nebenbei drückt er die DFB-Schulbank, weil noch zwei Lizenzen fehlen.
Doch der 32-Jährige kennt sich mit Turbulenzen aus. Denn nach dem Abitur begann Pfeiffer die Pilotenausbildung bei der Lufthansa - es blieb allerdings nur ein kurzes Abenteuer. "Bei mir reifte die Erkenntnis, dass der Job von außen sehr cool aussieht und tolle Facetten hat, aber nicht mein Traumjob ist", sagte der gebürtige Lüneburger. "Ich bin sehr konsequent in meinem Wesen. Wenn ich von etwas nicht überzeugt bin, dann mache ich das auch nicht."
Blitzkarriere auch ohne Lizenz
Am Sonnabend zu Hause gegen Dynamo Dresden (14 Uhr, live im NDR Fernsehen und bei NDR.de) steht er bereits zum sechsten Mal in einem Drittligaspiel an der Seitenlinie - dass es mit der Trainerlaufbahn so schnell gehen würde, ahnte Pfeiffer vor wenigen Jahren noch nicht.
Von der Lufthansa ging es zur Sporthochschule in Köln. "Als ich an der Sporthochschule meinen Bachelor gemacht habe, war die Möglichkeit, meine A-Lizenz in einem kurzen Prüfungswochenende zu machen", erklärte Pfeiffer. Statt eines Blitzkurses wollte der damals 27-Jährige jedoch lieber den richtigen Kurs machen, dann kam die Corona-Pandemie dazwischen.
"Mit meinem damaligen Kenntnisstand war es die richtige Entscheidung. Aber mit dem Wissen, welche nicht erwartbaren Hürden sich danach aufgebaut haben, würde ich heute natürlich eine andere Entscheidung treffen", räumte Pfeiffer ein.
Seit 2021 Chefcoach beim VfB Lübeck
Dann kam der Anruf des VfB Lübeck, der einen Co-Trainer suchte. "Ich hatte nicht die Fantasie, da eines Tages Cheftrainer zu werden", sagte Pfeiffer. "Ich lebe mit Überzeugung in den Aufgaben, in denen ich gerade drinstecke, ohne Gedanken, was danach kommt."
Nach der Co-Stelle folgte im Sommer 2021 die Beförderung zum Chef. Dafür hätte Pfeiffer eigentlich die A-Lizenz gebraucht. Eine Ausnahmegenehmigung machte den Cheftrainer-Posten beim VfB möglich. Allerdings war diese mit der Auflage verbunden, so bald wie möglich die Lizenz zu erwerben.
DFB-Strafen als "große Wertschätzung vom Verein"
Pfeiffer führte die Hanseaten in die 3. Liga - und braucht nun neben der A- auch die Pro-Lizenz. Seit August sitzt Pfeiffer für die A-Lizenz neben seinem Trainerstuhl auch auf der Schulbank. "Es ist schon so, dass da Tage dabei sind, die lange und intensiv sind. Da kommt man vom Platz, schließt das VfB-Kapitel und startet dann mit dem DFB", sagte der 32-Jährige.
Dass die Pro-Lizenz noch mehr Stunden abverlangt, ist Pfeiffer bewusst. Doch auch hier lebt er im Moment: "Ich bin noch nicht da, deswegen muss ich mir auch nicht den Kopf deswegen zerbrechen."
Der VfB muss wegen der fehlenden Lizenzen Strafen zahlen. Auf eine Saison gerechnet dürften Forderungen von mehr als 100.000 Euro auf die Lübecker zukommen. "Wenn ich darüber nachdenke, wie viel Geld das auch in Relation zu unserem Etat ist, was der Verein die letzten Jahre durchgemacht hat, dann ist das schon eine große Summe", sagte Pfeiffer. "Das gibt mir aber eine sehr große Wertschätzung und Rückendeckung, dass das getragen wird."
Keine Trainer-Idole, ...
Die Wertschätzung will er mit Leistung zurückzahlen. Ein bestimmtes Vorbild als Coach hat er nicht. Bei Trainern wie Thomas Tuchel vom FC Bayern München oder Pep Guardiola von Manchester City schaute Pfeiffer, "wie sie ein Training gestalten, wie die ihre Angriffszüge auf den Platz bekommen und Standards ausspielen. Aber man schaut auch nach Freiburg oder zu Marcelo Bielsa".
... aber Lob von Trainerkollegen
Mit dem VfB setzt er auf ein intensives, schnelles, geradliniges Spiel nach vorn. "Ich bin kein Romantiker. Ich muss kein 4-3-3 mit viel Ballbesitz spielen. Das bin ich nicht", sagte Pfeiffer. "Ich glaube einfach, dass das Fußballspiel unheimlich viele Möglichkeiten zu bieten hat, Spiele zu gewinnen."
Dass er selbst nie auf einem hohen Niveau Fußball gespielt hat, will Pfeiffer mit Wissen aus dem Studium kompensieren. "Das war meine Eintrittskarte", sagte der Coach, der für seine Arbeit mit dem VfB viel Lob erhält. "Deine Arbeit ist wirklich deutlich zu erkennen", sagte beispielsweise Aues Trainer Pavel Dotchev nach dem 1:1 an der Lohmühle am vierten Spieltag. "Ich mag dich sehr so, wie du dich machst und wie du arbeitest. Da muss ich ein Kompliment aussprechen."
Pfeiffer: "Ich bin ein cleveres Kerlchen"
Begeistert sind jedoch nicht alle von seiner Berufswahl. "Meine Eltern arbeiten beide im Schulwesen, sind verbeamtet", sagte Pfeiffer. "Da herrscht ein großes Sicherheitsdenken. Da kam immer wieder die Nachfrage, ob das wirklich das Richtige ist oder ich nicht doch vielleicht Sportlehrer werden möchte."
Gegen die Sorgen der Eltern half gesundes Selbstvertrauen. "Ich bin ein cleveres Kerlchen und mir war klar, dass ich meinen Weg gehen werde. Wie genau der aussieht, wusste ich damals noch nicht", gibt er allerdings zu. Geholfen hat ihm seine Zeit als Flugschüler allemal: "Ich habe mitgenommen, wie man unter Druck reagiert und arbeitet", sagte Pfeiffer.