Kristin Demann, Pauline Bremer, Sandra Starke, Joelle Wedemeyer und Sara Agrez (v.l.) beim Training der Bundesliga-Fußballerinnen des VfL Wolfsburg © IMAGO / regios24

Teamcheck VfL Wolfsburg: Noch besser - noch erfolgreicher?

Stand: 12.09.2022 12:50 Uhr

Der Kader der Bundesliga-Fußballerinnen des VfL Wolfsburg hat noch einmal erheblich an Substanz gewonnen. Auf nationaler Ebene dürfte nur Bayern München dem Doublesieger einigermaßen das Wasser reichen können.

von Hanno Bode

So lief die vergangene Saison

Nach dem Abgang der Leistungsträgerinnen Ingrid Syrstad Engen und Fridolina Rolfö in Richtung FC Barcelona sowie dem Karriere-Ende der langjährigen Stützen Lena Goeßling, Lara Dickenmann und Zsanett Jakabfi waren sich die VfL-Verantwortlichen vor Saisonbeginn im Klaren darüber, dass dem Team möglicherweise ein Übergangsjahr bevorstehen würde. Zumal es ja auch auf der Trainerposition einen Wechsel gegeben hatte: Bundesliga-Novize Tommy Stroot ersetzte Stephan Lerch, der die U19-Junioren der TSG Hoffenheim übernahm.

Mit 19 Siegen in 22 Spielen zur Meisterschaft

Der neue Coach stürzte sich mit viel Leidenschaft und Akribie in die Arbeit, brachte neue Ideen ein und schaffte es erstaunlich schnell, der Mannschaft eine Handschrift zu geben. Zwar verlief der Saisonstart mit einer Niederlage und einem Remis in den ersten sechs Partien für Wolfsburger Verhältnisse etwas holprig. Doch umso beeindruckender war die anschließende Serie von 15 Siegen und einem Remis aus den verbleibenden 16 Partien.

Der 6:0-Auswärtserfolg beim damals noch amtierenden Meister FC Bayern München vier Runden vor Ultimo war der Höhepunkt einer imposanten Erstliga-Serie des VfL, die im souveränen Titelgewinn mündete.

DFB-Pokal: Und täglich grüßen die "Wölfinnen"...

Auch im DFB-Pokal gab es den beinahe schon obligatorischen Wolfsburger Triumph. Zum achten Mal in Folge gewannen die Niedersächsinnen ihren Lieblingswettbewerb. Im Finale wurde Turbine Potsdam deutlich mit 4:0 bezwungen. Zuvor hatte der VfL in der Vorschlussrunde bei den Münchnerinnen 3:1 gesiegt und damit bereits den vermeintlich größten Stolperstein aus dem Weg geräumt.

Viel fehlte nicht, und die "Wölfinnen" hätten gar das Triple geholt. Denn auch in der Champions League stießen sie bis ins Halbfinale vor. Eine 1:5-Niederlage im Hinspiel beim FC Barcelona vor der Rekordkulisse von 91.648 Zuschauern im Stadion Camp Nou brachte sie dann allerdings um alle Chancen. Dass auch gegen die Katalaninnen viel mehr möglich gewesen wäre, stellte das Stroot-Team im Rückspiel unter Beweis, als es einen überzeugenden und verdienten 2:0-Erfolg gab.

Wer kommt, wer geht?

Anders als in den Vorjahren, als unter anderem Ausnahmestürmerin Pernille Harder, Sara Björk Gunnarsdóttir, Noelle Maritz, Nilla Fischer oder Caroline Graham Hansen den VfL nach dem Saisonende verlassen hatten, hielten nun alle wichtigen Feldspielerinnen dem Werksclub die Treue. Dafür gab es auf der Torhüterinnen-Position eine gravierende Veränderung: Almuth Schult verabschiedete sich nach neun Jahren am Mittellandkanal in Richtung USA von den "Wölfinnen".

Ebenfalls ein Gesicht des VfL war jahrelang Anna Blässe. Seit 2007 hatte sie für Wolfsburg gespielt - zuletzt allerdings immer weniger. Nun wechselte die 35-Jährige in die Schweiz zum Grashopper Club Zürich. Die weiteren Abgänge, Shanice van de Sanden (Liverpool FC), Lotta Cordes (1. FC Köln), Joëlle Smits (PSV Eindhoven) und Turid Knaak (Karriere-Ende), gehörten nicht zum Wolfsburger Stamm.

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Vier Nationalspielerinnen verstärken VfL

Den sechs Abgängen stehen fünf Neuverpflichtungen gegenüber. Dass es sich dabei mit Ausnahme von Kristin Demann ausschließlich um aktuelle Nationalspielerinnen handelt, versteht sich bei den Ansprüchen des VfL beinahe von selbst. Dennoch war es in Anbetracht der finanzstarken europäischen Konkurrenz keine Selbstverständlichkeit, dass es dem Meister gelang, die deutsche Nationaltorhüterin Merle Frohms sowie die Vizeeuropameisterinnen Marina Hegering und Jule Brand zu holen. Und auch Demann lief bereits 20 Mal für das DFB-Team auf.

Die Slowenin Sara Agrež, die mit ihren gerade einmal 21 Jahren bereits Kapitänin von Turbine Potsdam war, vervollständigt das Quintett der Neuen. Die Verteidigerin hat ebenso wie die noch zwei Jahre jüngere Angreiferin Brand die Zukunft noch vor sich, während es sich bei Frohms, Hegering und Demann bereits um gestandende Bundesliga-Spielerinnen handelt.

Im Kader schlummert noch viel Potenzial

Der Wolfsburger Kader hat also noch einmal erheblich an fußballerischer Substanz gewonnen. Und das Potenzial des Aufgebots ist noch längst nicht ausgeschöpft. Denn die hochveranlagten Lena Oberdorf (20 Jahre alt), Sveindís Jane Jónsdóttir, Agrež, Lynn Wilms (alle 21) und Lena Lattwein (22) dürften noch längst nicht am Ende ihrer persönlichen Entwicklung sein.

Ebenfalls erfreulich für Stroot: Topstürmerin Ewa Pajor scheint ihre Knieprobleme endgültig überwunden zu sein. Die Polin hatte in der vergangenen Saison verletzungsbedingt monatelang gefehlt.

EM-Urlaube stören Saisonvorbereitung

Zum Problem für den Wolfsburger Coach könnte allerdings die holprige Vorbereitung werden. Denn zum Trainingsstart konnte der 33-Jährige lediglich zehn Spielerinnen begrüßen. Die anderen Akteurinnen hatten nach der EM noch Urlaub. Das erste Pflichtspiel gewann der VfL im DFB-Pokal beim Zweitligisten FSV Gütersloh mit 8:2: Alexandra Popp (35./52./83./85.), Jill Roord (32.), Dominique Janssen (34.), Lynn Wilms (87.) und Ewa Pajor (90.).

Prognose

Auch wenn sich Vizemeister FC Bayern München unter anderem mit Europameisterin Georgia Stanway sowie der französischen Nationalspielerin Emelyne Laurent verstärkt hat, geht der VfL als Titelfavorit in die Saison. In der Breite scheint der Wolfsburger Kader am besten besetzt zu sein. Dementsprechend gab Stroot als Ziel an, den Pokal und die Meisterschaft "wieder gewinnen" sowie in der Champions League "so weit wie möglich" kommen zu wollen.

Ob die Niedersächsinnen wie in der Vorsaison auch in der Champions League um den Sieg werden mitspielen können, muss abgewartet werden. Gerade die Clubs aus England und Spanien haben noch einmal enorm investiert. So verpflichtete Barcelona just Europameisterin Keira Walsh von Manchester City.

Britischen Medienberichten zufolge soll für den Transfer eine Rekordablösesumme von 460.000 Euro geflossen sein.

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Dieses Thema im Programm:

Sportschau | 17.09.2022 | 18:00 Uhr

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