Teamcheck FC St. Pauli: Riskanter Weg im Abstiegskampf
Fußball-Zweitligist FC St. Pauli entwickelte sich im Kalenderjahr 2022 vom Auf- zum Abstiegskandidaten. Mit einem bereits bekannten und doch neuem Trainer sowie punktuellen Wintertransfers wollen die Hamburger in der Rückrunde den Klassenerhalt schaffen.
So lief die bisherige Saison
Viel Grund zur Freude hatten in der Hinrunde, abgesehen vom prestigeträchtigen Derbysieg gegen den HSV, weder die Kiezkicker auf dem Platz noch ihre Fans auf den Rängen. Nur 17 Punkte aus 17 Spielen holte St. Pauli bisher, spärliche dreimal verließ man als Sieger den Platz. Auswärts gelang den Hamburgern kein einziger Dreier. Als Tabellen-15. gingen die Braun-Weißen in die Winterpause - mit nur einem Zähler Vorsprung auf das Schlusslicht SV Sandhausen.
Ein bedenklicher Absturz eines Teams, das zu Beginn des Kalenderjahres 2022 als Spitzenreiter noch die Tabelle anführte und in der Rückrunde den Bundesliga-Aufstieg verspielte. Leistungsträger wie Guido Burgstaller und Daniel-Kofi Kyereh verließen im Sommer den Club und konnten qualitativ nicht adäquat ersetzt werden. Die Braun-Weißen nutzten in der Hinrunde zu wenige ihrer Torchancen und waren defensiv zu instabil und anfällig für einfache Gegentore. So fand sich St. Pauli mit seinem aufwendigen, aber selten ertragreichen Fußball schnell im unteren Drittel der Tabelle wieder.
Neues, bekanntes Gesicht an der Seitenlinie
Die immer wieder auftretenden Schwächen des Teams führten zu einer von Sportchef Andreas Bornemann geforderten, allumfassenden Situationsanalyse. An deren Ende mussten in einer viel kritisierten Entscheidung Cheftrainer Timo Schultz und sein Assistent Loïc Favé das Millerntor verlassen. Nachfolger von Vereinslegende Schultz auf der Trainerbank wurde sein anderer bisheriger Co-Trainer: Fabian Hürzeler. Für den erst 29 Jahre alten Fußballlehrer ist es die erste Chef-Anstellung im Profi-Bereich.
Punktuelle und notwendige Kaderveränderungen
Defizite wurden ebenfalls bei der Analyse des bisherigen Kaders festgestellt. Entsprechend reagierten die Hamburger: Elias Saad vom Regionalligisten FC Norderstedt soll für mehr Tempo auf den Außenbahnen sorgen, ebenso Oladapo Afolayan, den die Kiezkicker vom englischen Drittligisten Bolton Wanderers verpflichteten. Verteidiger Karol Mets (FC Zürch/Schweiz, Leihe) der verletzungsgeplagten Abwehr Stabilität verleihen und Sturmtank Maurides vom polnischen Erstligisten Radomiak Radom für mehr Torgefahr sorgen.
Spieler müssen St. Pauli verlassen
Da Coach Hürzeler laut eigener Aussage einen kleinen Kader bevorzugt, wird St. Pauli noch Spieler abgeben. Ersatz-Keeper Dennis Smarsch soll den Verein verlassen, der glücklose und von Eintracht Frankfurt ausgliehene Stürmer Igor Matanovic sich eine andere sportliche Herausforderung suchen.
Weitere Leihgeschäfte für Spieler, die bisher wenig Spielpraxis hatten und sie absehbar auch nicht bekommen werden, sind zudem möglich. "Es ist ja noch Zeit, bis am 1. Februar das Transferfenster schließt. Andere Vereine haben auch noch Ideen, dadurch kann sich bei uns noch ein Stück weit etwas verändern", sagte Sportchef Bornemann.
Kampf um den Klassenerhalt
Maßnahmen, die auch dafür sorgen sollen, dass der Kader im Kampf um den Klassenerhalt an einem Strang zieht und unzufriedene Spieler nicht für Unruhe sorgen. Denn der eingeschlagene Weg des FC St. Pauli ist riskant genug: Ein unerfahrener Trainer, Neuzugänge, die allesamt die Liga nicht kennen und nachhallende Diskussionen um Sportchef Bornemann und Präsident Oke Göttlich im Zuge der Entlassung von Ex-Trainer Schultz haben viel Staub aufgewirbelt. Bei der Jahreshauptversammlung konnten die Wogen zwar etwas geglättet werden, doch weitere Fehler kann sich der Verein nicht mehr leisten - weder auf noch neben dem Platz.
Erfolgreiche Vorbereitung in Spanien
Die Vorbereitung auf die Rückrunde verlief allerdings bisher aus Sicht der Braun-Weißen erfolgreich. Trainer Hürzeler hat dem Team im Trainingslager im spanischen Benidorm neues Leben eingehaucht und taktisch variablere Spielsysteme geübt. Auch der Sieg im Testspiel bei Borussia Mönchengladbach (1:0) hat dem Team zusätzliches Selbstvertrauen gegeben.
Doch das Auftaktprogramm zur Rückrunde hat es bereits in sich: Erst müssen die chronisch auswärtsschwachen Hamburger zum 1. FC Nürnberg reisen (29. Januar, 13.30 Uhr), dann empfangen sie Hannover 96 (5. Februar, 13.30 Uhr) und den 1. FC Kaiserslautern (12. Februar, 13.30 Uhr). Um nicht noch tiefer in den Tabellenkeller zu geraten, müssen die Hamburger punkten. Und beweisen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.