HSV: Ein Sieg als Statement für Polzin als Trainer
Wird Merlin Polzin Cheftrainer von Fußball-Zweitligist HSV? Das klare 5:0 gegen Greuther Fürth am Sonnabend könnte die Bosse um Sportvorstand Stefan Kuntz überzeugen, ihn vom Interimstrainer zum dauerhaften Chefcoach zu machen. Die Mannschaft hat ihren Wunsch klar geäußert.
Davie Selke empfand kurz nach dem Ende der in Phasen rauschhaften Partie gegen die Franken gar keine Lust, groß um den heißen Brei zu reden und bezog klar Position: "Wir wollen mit Merlin und seinem Team weitermachen", sagte der Doppeltorschütze. "Die Jungs machen tolle Arbeit, das haben wir heute gesehen. Es war das beste Spiel der Hinrunde, es hat super viel Spaß gemacht."
"Wir haben unter Merlin Polzin einen Zwei-Punkte-Schnitt - das sagt alles." HSV-Mittelfeldspieler Jonas Meffert
Auch Mittelfeldstratege Jonas Meffert, der nach überstandener Armverletzung gegen Fürth sein Comeback gefeiert hatte, brach eine Lanze dafür, dass der 34-Jährige von der Interims- zur Dauerlösung an der Seitenlinie des HSV wird: "Wir haben unter Merlin Polzin einen Zwei-Punkte-Schnitt - das sagt alles." Der Trainer und sein Team hätten "an bestimmten Dingen und Abläufen etwas verändert, dabei auch versucht, die Spieler auf die Positionen zu bringen, auf denen sie sich am wohlsten fühlen".
Und Kapitän Sebstian Schonlau, der schon vor der Partie die Arbeit des Coaches gelobt hatte, befand: "Leistung und Ergebnis haben gestimmt. Das Trainerteam hat uns gut vorbereitet, Merlin Polzin hat wie immer viele Inhalte reingebracht, die uns helfen." Zudem bringe er eine "gewisse Lockerheit und Spaß rein". Das tue der Mannschaft gut. "So wollen wir nach der kurzen Winterpause weitermachen."
Costa kündigt Entscheidung für "die kommenden ein, zwei Tage an"
Die Rückrunde beginnt bereits am 18. Januar mit dem schweren Heimspiel gegen Bundesligaabsteiger Köln (20.30 Uhr, im NDR Livecenter). Und auch wenn sich die Bosse rund um Sportvorstand Kuntz mit ihrer Entscheidung nicht hetzen lassen wollen, ist auch angesichts der Winter-Vorbereitung Eile geboten.
HSV-Sportdirektor Claus Costa kündigte am Sonnabend eine Klärung der Personalie für "die kommenden ein, zwei Tage" an, da "alle Klarheit haben wollen, auch wir". Kuntz und Polzin hatten vereinbart, sich nach der Begegnung zusammenzusetzen und die vier Spiele unter seiner Leitung, aber auch die alles in allem durchwachsene Hinrunde - die schlechteste der bald siebenjährigen Zweitliga-Geschichte der Hamburger - analysieren zu wollen.
Rückkehr zum 4-3-3 unter Polzin
Bereits nach dem Sieg in Karlsruhe (3:1), dem ersten Spiel Polzins nach der Entlassung von Steffen Baumgart, hatte Kuntz gesagt, ihn habe der Auftritt einer "emotional aufgeladenen HSV-Mannschaft" begeistert und dem 34-Jährigen die Verantwortung bis zum Ende der Hinrunde übertragen. Zudem hob er die "taktischen Umstellungen, die gewisse Konsequenz und die Personalentscheidungen" hervor. Da sei man "deckungsgleich".
Eine dieser Maßnahmen war die Rückkehr zum taktischen 4-3-3, wie es auch unter Tim Walter gespielt worden war. Zudem ist Flügelspieler Jean-Luc Dompé, bei Baumgart noch Teilzeit-Arbeiter, trotz aller Wankelmütigkeit gesetzt. Der Franzose zahlte das Vertrauen mit zwei Toren und drei Vorlagen in den vier Partien zurück.
Kuntz in Kontakt mit anderen Trainern
Kuntz hatte damals auch gesagt, er werde mit weiteren Trainerkandidaten sprechen. Es gab Gerüchte um Bruno Labbadia und Raphael Wicky (beide vereinslos) sowie Henrik Rydström (Malmö FF) und zuletzt auch Danny Röhl (Sheffield Wednesday). Erhärtet hat sich bislang keines.
"Es geht für uns darum, unsere Dinge bestmöglich umzusetzen, und das hat heute sehr gut geklappt. Es ist ein Prozess, eine Entwicklung." HSV-Interimscoach Merlin Polzin
Polzin selbst, gebürtiger Hamburger und früher jahrelang als Fan in der Kurve, wollte den Sieg gegen Fürth nicht überhöhen und sagte, er freue sich "für die Spieler, den Staff und für alle HSVer". Die Demut rührte auch daher, weil er weiß, dass die Siege in Karlsruhe und gegen Fürth zwar überzeugend waren, dazwischen aber auch ein durchwachsenes Spiel gegen Darmstadt (2:2) und die enttäuschende Partie in Ulm (1:1) gelegen hatten: "Es geht für uns darum, unsere Dinge bestmöglich umzusetzen, und das hat heute sehr gut geklappt. Es ist ein Prozess, eine Entwicklung", sagte er.
Am Sonnabend sammelten er und sein Team weitere Argumente dafür, diesen Prozess, diese Entwicklung künftig hauptverantwortlich weiter vorantreiben zu dürfen. Vor geraumer Zeit schon hatte er gesagt, dass er "komplett in meiner Arbeit beim HSV" aufgehe. "Das Ziel aufzusteigen ist das, warum ich jeden Tag aufstehe. Ich denke an nichts anderes."
Costa erklärte, dass für Polzin spräche, "dass er die Mannschaft und den Verein sehr gut kennt und eine enge Bindung zu den Jungs hat". Und die äußerten am Sonnabend klar, was sie sich kurz vor Weihnachten wünschen.