Geschäftsführer Martin Kind von Fußball-Zweitligist Hannover 96 © picture alliance / Maximilian Koch | Maximilian Koch

Lizenz-Chaos bei Hannover 96: Wie geht es bei den "Roten" weiter?

Stand: 05.03.2025 18:03 Uhr

Der erbitterte Machtkampf bei Hannover 96 geht in die nächste Runde - und auch wieder vor Gericht. Auf dem Spiel steht dieses Mal aber sogar die Lizenz des Fußball-Zweitligisten. Es fehlt eine entscheidende Unterschrift. Der langjährige Clubchef Martin Kind hofft noch auf eine schnelle Einigung. Der Aufsichtsrat genehmigte am Mittwoch den Lizenzhaushalt.

von Alexander Kobs

"Wir sind noch in Gesprächen und ich hoffe, dass wir noch eine Lösung hinbekommen. Es kann ja nicht sein, dass wir dadurch keine Lizenz bekommen. Das wäre abenteuerlich", sagte Kind dem NDR am Dienstag. "Wir brauchen aktuell dringend eine Entscheidung, damit die Unterlagen eingereicht werden können, aber darüber hinaus brauchen wir auch eine Lösung, um zukünftig solche Konflikte zu vermeiden."

Lizenzantrag muss bis 17. März bei der DFL sein

Das Problem hat Hannover 96 allerdings akut auf dem Tisch. Bis zum 17. März müssen die Lizenzunterlagen bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eingereicht sein - doch es fehlt eine entscheidende Unterschrift. Seit acht Monaten ist der Geschäftsführerposten in der ausgegliederten Profifußball-Gesellschaft des Fußball-Zweitligisten vakant.

Doch genau diesen Geschäftsführer fordert die DFL, um einzureichende Lizenzunterlagen zu signieren. Ein Autogramm von Sportdirektor Marcus Mann, der bei Hannover 96 mit Prokura ausgestattet ist, reicht in diesem Fall nicht aus.

Aufsichtsrat genehmigt Lizenzhaushalt

Immerhin wurde am Mittwoch im Rahmen einer Sitzung des Aufsichtsrates der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA schon einmal der Lizenzhaushalt für die kommende Saison 2025/2026 von den sechs Vertretern des Wirtschaftsunternehmens Hannover 96 sowie den beiden Vertretern des Hannover 96 e.V. einstimmig genehmigt. Sobald die Besetzung der Geschäftsführung der KGaA entschieden sei, könnten somit nun die Lizenzierungsunterlagen vollständig unterschrieben und termingerecht bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) eingereicht werden, teilte der Verein mit.

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Eine Eckfahne mit dem Vereinslogo von Hannover 96 © IMAGO / Claus Bergmann

Lizenz in Gefahr bei Hannover 96? Gericht lehnt Not-Geschäftsführer ab

Die Kapitalseite um Martin Kind wird beim Oberlandesgericht Celle Beschwerde gegen die Ablehnung einlegen. Der Zweitligist benötigt für den DFL-Lizenzantrag die Unterschrift eines Geschäftsführers. mehr

Beschwerde beim Oberlandesgericht Celle

Hannover steckt aber weiterhin in der Bredouille. Denn der Geschäftsführer fehlt weiterhin. Zuvor war auch Plan B nicht aufgegangen. Die von Martin Kind vertretene Kapitalseite (Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG) hatte am Montag beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Einsetzung eines Not-Geschäftsführers gestellt. Doch dieser wurde abgelehnt. "Nach dem Gesellschaftsvertrag obliegt die Bestellung von Geschäftsführern dem Aufsichtsrat. Dieser ist besetzt und grundsätzlich in der Lage, Beschlüsse zu fassen. Dies umfasst auch die zeitnahe Bestellung eines Geschäftsführers, der die Unterzeichnung und Einreichung der Lizensierungsunterlagen veranlassen kann", hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. "Ein Eingriff des Registergerichts ist somit nicht erforderlich."

"Wir sind noch in Gesprächen und ich hoffe, dass wir noch eine Lösung hinbekommen. Es kann ja nicht sein, dass wir dadurch keine Lizenz bekommen. Das wäre abenteuerlich." Martin Kind

Mit anderen Worten: Das Gericht weist Hannover 96 an, sich doch bitte selbst mit den selbst geschaffenen Problemen zu beschäftigen. Das wollen die Gesellschafter um Kind allerdings so nicht akzeptieren. Wie Hannover dem NDR am Dienstag mitteilte, wird die Kapitalseite um Kind beim Oberlandesgericht Celle Beschwerde gegen das Ablehnen eines Not-Geschäftsführers einlegen. "Wir machen uns nicht vom Gericht abhängig", sagte Kind aber auch.

Geschäftsführer gesucht - Pattsituation im Aufsichtsrat

Die Vereinsstruktur von Hannover 96 © Hannover 96
Die Vereinsstruktur von Hannover 96.

Bei 96 herrscht seit Jahren Streit zwischen der Kapitalseite um Kind und den Vertretern des e.V. Es geht um mehr Mitbestimmungsrecht, um Macht und Einflussnahme im Verein. Der vorläufige Höhepunkt des Konflikts war die Absetzung von Kind als Profi-Geschäftsführer durch den BGH vor acht Monaten - von der Vereinsseite initiiert. Seitdem wird um die Neubesetzung des Geschäftsführer-Postens gerungen. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Im dafür zuständigen Aufsichtsrat herrscht eine Pattsituation zwischen Vertretern der Kapitalseite und des e.V.  

Sportchef Mann droht mit Abschied

Sportdirektor Mann ist der Wunschkandidat der Kapitalseite. Die monatelange Hängepartie und der dadurch entstandene Zeitdruck im Lizenzierungsverfahren veranlassten den 40-Jährigen jüngst zu einer Wutrede beim TV-Sender "Sky". "Dieser Zustand ist unerträglich. Wenn wir so weitermachen, dann werden diese Personen sowohl den e.V. als auch die Profiabteilung gegen die Wand fahren", sagte Mann an die Adresse der Führung des Muttervereins. Der 2021 verpflichtete Sportchef drohte sogar mit seinem Abschied nach dieser Saison: Irgendwann sei der Zeitpunkt erreicht, "wo man den Zirkus nicht mehr mitmacht". Es sind die andauernden Machtspiele im Verein, die den Sportdirektor seit seinem Amtsantritt begleiten und nerven.

Streit über Befugnisse des Geschäftsführer-Kandidaten

Die Vereinsseite (H96 e.V.) reagierte auf die Vorwürfe von Mann und verkündete in einer Pressemitteilung: Es gebe einen Geschäftsführer-Kandidaten, auf den sich alle vier Aufsichtsratsmitglieder der Vereins- und der Kapitalseite einigen konnten. Es fehlten nur noch die Unterschriften der Kapitalseite. Doch die wird wohl ausbleiben. Kind sagte dem NDR: "Bislang konnten wir den Arbeitsvertrag nicht unterschreiben, da dort Dinge geregelt sind, die da nicht reingehören."

Die Vertreter des e.V. bestehen dem Vernehmen nach auf ihr Weisungsrecht. Also exakt jenem Passus, den die DFL dem Hannover 96 e.V. zur Einhaltung von 50+1 im H96-Konstrukt vorgegeben hat. Die Vertreter des e.V. möchten daher, dass ihr Kandidat bei Entscheidungen das letzte Wort hat. Das will die Kapitalseite naturgemäß nicht. Ganz nach dem Motto: Wer die Party zahlt, darf auch entscheiden, welche Musik gespielt wird. Allerdings wäre auch eine Doppelspitze denkbar. Inwieweit dadurch das Einhalten der 50+1-Regel gewahrt wird, ist strittig.

Mann-Abgang wäre für Kind "Worst-Case-Szenario"

Kinds Favorit ist weiterhin Mann, zu dessen angedrohtem Abgang er sich ebenfalls äußerte: "Wenn er geht, dann geht er. Das können wir nicht verhindern. Aber das wäre ein Desaster. Die gesamte sportliche Situation müsste neu analysiert werden. Das wäre eine Katastrophe, das Worst-Case-Szenario."

Das Lizenzierungsthema kommt für Hannover 96 zur Unzeit. Die "Roten" befinden sich noch im Rennen um den Bundesliga-Aufstieg. Am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) steht das Niedersachsenderby gegen Eintracht Braunschweig an. Doch nicht das Sportliche steht aktuell im Mittelpunkt, sondern wieder einmal der erbitterte Machtkampf im Verein.

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Sportdirektor Marcus Mann von Hannover 96 © IMAGO / Eibner

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 04.03.2025 | 17:17 Uhr

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