HSV entlässt Coach Steffen Baumgart - Kuntz schließt Trainer-Job aus

Stand: 24.11.2024 16:34 Uhr

Der HSV hat am Sonntag die Konsequenzen aus dem durchwachsenen Saisonstart in der 2. Liga gezogen. Einen Tag nach dem 2:2 gegen den FC Schalke 04 und dem fünften sieglosen Pflichtspiele in Serie wurde Trainer Steffen Baumgart entlassen. Sportvorstand Stefan Kuntz schließt eine Trainer-Tätigkeit aus.

"Steffen hat mit großer Leidenschaft, Energie und Einsatz bis zuletzt alles für den HSV gegeben. Unsere Analyse der aktuellen Situation und des gestrigen Spiels hat aber nochmals verdeutlicht, dass wir für den Weg aus der Leistungs- und Ergebniskrise einen neuen Impuls für nötig erachten", erklärte Kuntz am Sonntagmittag.

Zuvor hatte der Sportvorstand Baumgart in einem Gespräch im Volksparkstadion die Entscheidung mitgeteilt. Nachfolger des 52-Jährigen, der das Amt erst am 20. Februar dieses Jahres angetreten hatte, wird interimsmäßig Co-Trainer Merlin Polzin. Unterstützt wird der 34-Jährige von Loïc Favé, dem Coach der U21.

"War eine spannende und intensive Zeit"

"Ich möchte mich bei Stefan Kuntz und auch Jonas Boldt für die Chance bedanken, bei meinem Lieblingsverein der Kindheit arbeiten zu dürfen. Es war eine spannende und sehr intensive Zeit. Ich bleibe dem Club verbunden und wünsche dem HSV, dass man die Ziele erreicht", wird Baumgart in der Mitteilung des Zweitligisten zitiert. Er habe die Entscheidung "gefasst" aufgenommen, hieß es.

Neben dem Chefcoach wurden auch seine Assistenten Rene Wagner und Kevin McKenna von ihren Aufgaben entbunden. Polizin, der bereits unter Baumgarts Vorgänger Tim Walter Co-Trainer war, bleibt derweil im Amt und wird die Mannschaft auf die schwere Partie am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) beim Karlsruher SC vorbereiten.

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Kuntz schließt HSV-Trainerjob aus

Kuntz will seinen Posten als Sportvorstand beim HSV nicht mit der Aufgabe als Trainer eintauschen. "Ich werde auf gar keinen Fall Trainer werden", sagte der 62-Jährige kurze Zeit nach dem bekanntgewordenen sportlichen Aus für Baumgart der "Bild". Vor seinem Engagement bei den Norddeutschen hatte der frühere Bundesliga-Profi die Nationalmannschaft der Türkei trainiert. 

Der 62-Jährige wollte sich zu aufgeworfenen Namen nicht äußern. Gehandelt werden unter anderem der frühere HSV-Profi Ruud van Nistelrooy, der zuletzt als Interimscoach Manchester United betreut hatte, Lukas Kwasniok vom Ligakonkurrenten SC Paderborn und der frühere HSV-Coach Bruno Labbadia.

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Trennung zeichnete sich ab

Mit 20 Punkten liegen die Hanseaten nach 13 Spieltagen nur noch auf dem achten Tabellenplatz. Neben den enttäuschenden Resultaten ist auch die fußballerische Entwicklung der Mannschaft besorgniserregend. Dass es zur Trennung kam, hatte sich nach der verspielten 2:0-Führung gegen den ebenfalls kriselnden Ruhrpottclub angedeutet. Die Bosse waren wort- und kommentarlos verschwunden.

Baumgarts Analysen zum Duell mit Schalke waren zumindest diskussionswürdig. So sprach der 52-Jährige beispielsweise von einer "sehr guten ersten Halbzeit", obwohl sein Team in der Vorwärtsbewegung aus neutraler Sicht nur wenige gelungene Aktionen hatte. Bei beiden Treffern zur 2:0-Pausenführung profitierten die Hamburger von Schalker Fehlern. Viel mehr zeigten sie in einer insgesamt zähen Partie bis zur Halbzeit im Angriff nicht. Nach dem Seitenwechsel agierten die Hausherren zum wiederholten Mal in dieser Saison viel zu passiv und kassierten beinahe folgerichtig zwei Gegentore. Insgesamt mangelte es einmal mehr an mentaler und spielerischer Stabilität.

Dennoch war der gebürtige Rostocker nach der Partie noch hoffnungsfroh gewesen. "Ich fühle das absolute Vertrauen. Ich fühle mich stark genug, die Situation zu lösen", hatte der Coach versichert und zugleich bekräftigt: "Ich bin der Richtige an der richtigen Stelle, und das lasse ich mir auch nicht ausreden."

Kuntz galt als Fürsprecher Baumgarts

Kuntz und Co. sahen dies anders. Dabei galt der frühere Nationalspieler eigentlich als Fürsprecher des Trainers. Doch Baumgarts Punkteschnitt von nur 1,59 Zählern aus 27 Partien als HSV-Coach sowie die enttäuschenden Ergebnisse der vergangenen Wochen bewegten den Europameister von 1996 zum Umdenken. 

Nach übereinstimmenden Medienberichten hatte der Aufsichtsrat bereits nach der vergangenen Serie, die der HSV auf Platz vier beendete, für eine Trennung von Baumgart plädiert. Stattdessen wurde Vorstand Jonas Boldt von seinen Aufgaben entbunden und durch Kuntz ersetzt. Pikant dabei: Boldt soll wie der Aufsichtsrat ebenfalls für eine Entlassung des glücklosen Nachfolgers von Tim Walter gewesen sein. 

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Walter-Nachfolger scheitert mit Korrekturmaßnahmen

Baumgart war von seinem ersten Arbeitstag an bemüht, der Mannschaft eine eigene Handschrift zu geben. Statt des bedingungslosen Offensiv-Fußballs, den das Team unter Walter gespielt hatte, sollten seine Schützlinge nun mit angezogener Handbremse agieren und ein verstärktes Augenmerk auf die Arbeit gegen den Ball legen.

Bei einem Kader, der zweieinhalb Jahre lang vom Walterschen Ansatz geprägt worden war, misslang dieses Vorhaben. In den ersten Wochen unter Baumgart verlor der HSV nicht nur beinahe jede Offensiv-Power, er blieb auch in der Abwehr fehleranfällig. Der Aufstieg wurde erneut verpasst. Dennoch durfte der Coach bleiben und mit einigen Verstärkungen die neue Spielzeit in Angriff nehmen.

Gutem Start folgt Schwächephase

Baumgart, der zuvor beim 1. FC Köln und dem SC Paderborn begeisterndes Pressing hatte zelebrieren lassen, setzte weiter auf eine "kontrollierte Offensive". Der Start in die neue Spielzeit war mit Erfolgen unter anderem in Köln (2:1) und Düsseldorf (3:0) sowie gegen Magdeburg (3:1) dann auch verheißungsvoll.

Es folgte das Auswärtsspiel bei der SV Elversberg, in der die Mannschaft nach früher 1:0-Führung zunehmend weniger Widerstandsfähigkeit zeigte, die Kontrolle aus der Hand gab und mit 2:4 verlor. Auch in den Partien danach gegen Nürnberg (1:1), in Braunschweig (1:3) und nun gegen Schalke (2:2) konnte das Team stets nur in einigen Spielphasen sein Potenzial abrufen. In puncto Mentalität und fußballerischer Entwicklung waren keine Fortschritte erkennbar.

Entlassung war wohl alternativlos

Die Trennung von Baumgart war daher nur konsequent. Zum einen, weil der Coach durch kaum bis gar nicht nachvollziehbare Aussagen in seinen letzten Wochen an der Sylvesterallee irritierte. Zum anderen weil zunehmend ersichtlich wurde, dass die Mannschaft ihm nicht mehr folgte.

Der planlose Auftritt im zweiten Abschnitt gegen Schalke war für die Bosse um Kuntz der letzte Beweis dafür, dass Baumgart das Ruder nicht mehr herumreißen konnte.

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 24.11.2024 | 22:50 Uhr

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