HSV verliert den Faden - Elversberg düpiert Baumgart-Elf
Nach sechs Spielen ohne Niederlagen ist die Serie gerissen: Fußball-Zweitligist Hamburger SV unterlag der SV Elversberg am Sonnabend verdient mit 2:4 (1:1). Dabei hatten die Hamburger 30 Minuten lang alles im Griff - dann verlor das Team von Steffen Baumgart völlig den Faden.
Trotz eines Doppelpacks von Stürmer Davie Selke (6., 84.) - der Neuzugang erzielte damit sechs Treffer in den vergangenen sechs Spielen - reichte es für den HSV wie schon im Vorjahr nicht für einen Punkt im Stadion an der Kaiserlinde. Elversbergs Fisnik Asllani traf ebenfalls doppelt und drehte die Hamburger Führung (41., 53.), Luca Schnellbacher (63.) und Robin Fellhauer (90.+6) erhöhten jeweils für die SVE.
"Bis zur 30. Minute hat viel funktioniert", sagte Baumgart nach dem Spiel. "Danach hat der Gegner mehr Spielkontrolle bekommen und wir haben Räume geöffnet, die eigentlich zu sein sollten." Seine Mannschaft habe in den vergangenen "sechs, sieben Wochen eine gute Entwicklung gemacht - davon habe ich in der 2. Halbzeit nicht mehr viel gesehen."
HSV 30 Minuten lang dominant
Dabei knüpfte der HSV zunächst an die starken Leistungen in Düsseldorf (3:0) und gegen Magdeburg (3:1) an und dominierte die erste halbe Stunde. Nach einer scharfen Hereingabe von Jean-Luc Dompé von der linken Seite stand Selke am langen Pfosten goldrichtig und schob zur frühen Führung ein (6.), im Anschluss hatte die Baumgart-Elf alles im Griff: mehr Ballbesitz, man ließ den Gegner laufen, die Konterabsicherung stimmte ebenfalls.
Elversberg kam nicht gefährlich in den Gäste-Strafraum. Einziges Manko der Baumgart-Elf: Sie ließ zweite Chancen zu. Nach einem Gestocher am Sechzehner konnte Lukas Petkov mit links per Drop-Kick abschließen, der Schuss flog haarscharf am linken Pfosten vorbei (25.).
Beinah im Gegenzug verpassten die Rothosen das zweite Tor nur knapp. Wieder eine Dompé-Flanke von links, wieder war Selke am 2. Pfosten zur Stelle, seinen Kopfball aus kurzer Distanz lenkte Kristof mit einem guten Reflex über die Latte (25.).
Eine Viertelstunde später kam der HSV nicht mehr mit dem blauen Auge davon: Miro Muheim hätte die Situation nach Balleroberung schon klären können, ihm versprang in halblinker Position aber der Ball. Pinckert spielte auf Asllani, zentral am Strafraum durfte sich der kosovarische Nationalspieler ungestört um die eigene Achse drehen und mit links trocken ins rechte Eck abschließen (41.).
Elversberg in der 2. Halbzeit immer zwei Schritte schneller
Mit dem Ausgleich im Rücken kam Elversberg entschlossen aus der Kabine, übernahm die Spielkontrolle und hielt den HSV in der eigenen Hälfte. Wieder löste ein Gegenpressing nach Ballverlust ein Tor aus: Dompé und Muheim verspielten leichtfertig den gerade gewonnenen Ball im Mittelfeld, Petkov war der Nutznießer und marschierte durch die Hamburger Hälfte. Seinen Pass in den Strafraum nahm Luca Schnellbacher technisch sehenswert per Hacke mit, den Flachschuss des Angreifers parierte Daniel Heuer Fernandes zwar reaktionsschnell, aber vor die Füße von Asllani - 2:1 (53.).
Die Saarländer waren in dieser Phase immer zwei Schritte schneller als der schläfrige Zweitliga-Dino. Nach einem Einwurf kombinierten sich Elias Baum, Petkov und Fellhauer über die rechte Seite in den Strafraum, Baum bediente den herbeistürmenden Schnellbacher in der Mitte, der wuchtig hoch mittig ins Tor schoss (63.). Die verdiente 3:1-Führung für Elversberg, das zwischen der 46. und 70. Minute acht Torschüsse verzeichnete, der HSV gar keinen.
Selke trifft doppelt - Meffert fliegt vom Platz
Nach der Zwei-Tore-Führung schalteten die Gastgeber einen Gang zurück, ohne dass der HSV gefährlich werden konnte. Eine Ecke machte den Hamburger wie aus dem Nichts nochmal Hoffnung. Muheim trat den Ball von links, Selke köpfte am Fünfmeterraum freistehend ein - 2:3 (84.).
Unmittelbar danach flog Jonas Meffert nach einem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz (85.) - bitter, der Mittelfeldabräumer hatte sich kurz zuvor die erste Gelbe wegen Meckerns eingefangen. "Meffo hatte das Gefühl, dass ein Vorteil für uns abgepfiffen wurde", sagte Baumgart, der aber die Entscheidung von Schiedsrichter Robert Kampka verteidigte - es waren zwei Elversberger mit den Köpfen zusammengerasselt.
Baumgart kritisiert Schiedsrichter Kampka
Der HSV-Coach hielt die Gelbe Karte für Meffert dennoch für überzogen, hätte sich mehr Fingerspitzengefühl gewünscht - erwartet habe er dies vom Unparteiischen aber ohnehin nicht. "Ich find' Herrn Kampka einfach nicht gut", sagte Baumgart. "Ich mag seine Entscheidungen nicht, finde ihn immer schwierig für mich. Es ist der Schiedsrichter, bei dem ich gefühlt immer eine Gelbe Karte kriege."
So auch diesmal. Und in Folge des Platzverweises beschwerte sich zudem HSV-Co-Trainer Merlin Polzin derart ausgiebig, dass auch er noch Gelb und Gelb-Rot wegen Meckerns sah (85.).
In der neunminütigen Nachspielzeit hatte Selke sogar noch einmal den Ausgleich auf dem Fuß, sein Schuss im Strafraum wurde unfreiwillig von Mitspieler Immanuel Pherai geblockt (90.+3). Auf der anderen Seite machte Fellhauer mit einem schönen Distanzschuss mit rechts ins rechte obere Eck den Deckel drauf - 4:2 (90.+6).
Baumgart "mehr als enttäuscht"
"Wir sind sieben, acht Spiele in einem positiven Flow und reißen uns alles in einer Halbzeit mit dem Arsch ein", sagte Baumgart, "Ich bin mehr als enttäuscht von meiner Mannschaft". Die Kompaktheit der vergangenen Wochen sei in der zweiten Halbzeit völlig verloren gegangen. "Wenn du drei Tore kriegst, gewinnst du kein Spiel."
Statt auf einen direkten Aufstiegsplatz zu springen - Karlsruhe unterlag Hertha zu Hause mit 1:3 - rutschte der HSV vom Relegationsplatz ab auf Rang vier. Zweiter ist nun der SC Paderborn, der KSC Dritter. Der HSV setzt die englische Woche am Mittwoch im DFB-Pokal beim SC Freiburg fort, am Sonntag kommt der 1. FC Nürnberg ins Volksparkstadion.