Spielszene bei dem Fußballspiel 1. FC Magdeburg gegen den Hamburger SV © picture alliance/dpa Foto: Andreas Gora

HSV: Zu wenig Disziplin für den Bundesliga-Aufstieg

Stand: 15.04.2024 21:05 Uhr

Der HSV hat in Magdeburg in Unterzahl mit beachtlicher Kampfkraft nach einem 0:2-Rückstand noch einen Punkt geholt. Der kann für den Bundesliga-Aufstieg dennoch zu wenig sein. Zumal das Team von Trainer Steffen Baumgart eines nicht in den Griff bekommt: ihre Disziplinlosigkeit.

von Tobias Knaack

Im Lager der Hamburger hatte man sich nach dem späten Ausgleich durch Jonas Meffert schnell festgelegt, wie das 2:2 (0:2) beim FCM zu interpretieren ist: als moralischer Erfolg, als charakterlich und kämpferische starke Leistung. "Wir können heute stolz sein", sagte Kapitän Sebastian Schonlau, der die Aufholjagd mit seinem sehenswerten Anschlusstreffer (67.) eingeleitet hatte: "Wir haben diese unbedingte Gier gezeigt, dass sich alle aufreißen für den Verein."

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Und die "Art und Weise, wie wir mit den Rückschlägen umgegangen sind, zeigt, was in uns steckt", fuhr der 29-Jährige angesichts zweier Elfmeter-Gegentore und einer frühen Roten Karte gegen seinen Innenverteidiger-Kollegen Guilherme Ramos (23.) fort.

"So müssen wir auch die letzten Spiele angehen. Aufgeben ist keine Option." HSV-Mittelfeldspieler Jonas Meffert

Meffert, der mit seinem Tor tief in der Nachspielzeit das 2:2 und immerhin einen Zähler rettete, sagte über den dominanten Auftritt in Durchgang zwei: "Wir haben ein wenig alles oder nichts gespielt."

Entscheidend waren aus seiner Sicht auch die von Baumgart getätigten Einwechslungen: "Dompé hat unglaublichen Schwung gebracht und auch die Präsenz von Bobby hat uns geholfen", sagte er über die Auftritte von Flügelspieler Jean-Luc Dompé und Mittelstürmer Robert Glatzel.

"So müssen wir auch die letzten Spiele angehen. Aufgeben ist keine Option", sagte der Mittelfeldabräumer. Die Analysen von Schonlau und Meffert waren nach dem Aufholen des Zwei-Tore-Rückstands in Unterzahl nicht nur absolut zulässig und auch verständlich. Sie waren auch treffend. Einerseits.

HSV vor wegweisendem Duell mit Holstein Kiel

Andererseits aber ignorierten sie die Tatsache, dass sich das Team das Loch aus Zwei-Tore-Rückstand und Unterzahl, aus dem es sich wieder herauskämpfte, einmal mehr selbst gegraben hatte - mit einer Mischung aus mangelnder Konsequenz und Chancenverwertung im Spiel nach vorne und ungestüm-unglücklichem Verhalten hinten.

Zudem blendeten die Analysen aus, dass der eine Zähler in der Tabelle eine Vergrößerung des Rückstandes auf Fortuna Düsseldorf und somit den Relegationsplatz bedeutete.

Denn die simple Realität ist, dass der Aufstiegsfavorit am Wochenende weiter Boden auf die seit Wochen souverän spielenden Rheinländer verloren hat. Und das bedeutet für den HSV in Zweitliga-Jahr Nummer sechs, dass dem Nordduell gegen den neuen Tabellenführer Holstein Kiel am Sonnabend (20.30 Uhr, im NDR Livecenter) mit Blick auf die Aufstiegsambitionen bereits eine Art "Do or die"-Charakter beikommt.

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Nur mit einem Sieg lebt die Chance auf Rang drei

Im Falle eines Sieges ("Do!") könnten sich die Hamburger nach dem moralischen "Sieg" in Magdeburg tatsächlich nochmal in Position für einen Angriff auf Rang drei bringen. Insbesondere in puncto Selbstvertrauen. Bei einer Niederlage ("Die!") - und selbst bei einem Remis - aber würde die Hoffnung, einen Düsseldorfer Sieg gegen Greuther Fürth (Sonnabend, 13 Uhr) vorausgesetzt, auf die Relegation zwar nicht endgültig sterben. Sie würde allerdings nur noch sehr schwache Lebenszeichen senden.

Und so wird es in den verbleibenden Partien - beginnend mit dem Nord-Kracher gegen die KSV - eben auf die von Schonlau angesprochene erkennbare Gier ankommen. Auf die von Beginn an - und nicht erst im Angesicht der absoluten Ausweglosigkeit - spürbare "Geilheit", die neben der Fortuna aktuell konstanteste Mannschaft der Liga zu besiegen. Denn eines ist klar: Will der HSV noch auf Rang drei springen oder überhaupt nur eine Chance darauf haben, muss er fast schon alle verbleibenden fünf Partien gewinnen.

Der HSV ist häufig disziplinlos und zu ungeschickt

Nur ist das angesichts der Leistungen der vergangenen Wochen schwer vorstellbar. Der Mannschaft geht auch unter Baumgart ergebnistechnisch die Konstanz ab. Ein Ausdruck davon: Sie blieb im vierten Auswärtsspiel nacheinander sieglos. Dafür - und das ist umso bitterer und Teil des Problems - zeigt sie Konstanz an anderen Stellen: bei den Disziplinlosigkeiten und im ungeschickten Verhalten.

Denn auch wenn Baumgart nach der Partie die Entscheidungen von Referee Robert Kampka vor allem beim ersten Strafstoß kritisierte ("Der Schiedsrichter hat einen großen Anteil daran, dass wir unser Ziel nicht erreicht haben."), trugen Ramos und auch Torhüter Matheo Raab mit ihren jeweils ungestümen Aktionen vor den Strafstößen entscheidend dazu bei, dass der bis zur 23. Minute dominant auftretende HSV mehr als zwei Drittel der Partie in Unterzahl bestreiten musste.

Bereits sechs Platzverweise

Im Ranking von Gelben Karten und Platzverweisen rangieren die "Rothosen" in dieser Saison auf Rang drei. Von unten. Nur Magdeburg und der 1. FC Nürnberg sind schlechter. Schon sechsmal haben die Hamburger eine Partie nur zu zehnt beendet - in der Rückrunde etwa bei den Niederlagen gegen Hannover und in Düsseldorf. Zum Vergleich: Alle drei Teams, die vor dem HSV stehen - Kiel, Stadtnachbar St. Pauli und die Fortuna - haben bisher maximal drei Platzverweise kassiert. Die Rheinländer sogar nur einen.

Auch das ist ein Faktor, um konstant zu punkten, um dreifach zu punkten, um eine Serie zu starten. Um aufzusteigen. Es ist ein Faktor, der den Hamburgern fehlt. Und der in der Analyse am Sonntag keine Rolle spielte.

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 14.04.2024 | 16:17 Uhr

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