Baumgart-Effekt verpufft: HSV verliert auch in Düsseldorf - Pfiffe von den Fans
Fußball-Zweitligist Hamburger SV wandelt auf den Spuren seiner selbst. Wie schon so oft scheint der HSV auch in diesem Frühjahr den Aufstieg zu verspielen. Am Freitagabend unterlagen die Norddeutschen mit 0:2 (0:1) bei Fortuna Düsseldorf. Es war bereits die zweite Niederlage im dritten Spiel unter dem neuen Trainer Steffen Baumgart. Von den eigenen Fans gab es Pfiffe.
Rückblickend hatten sie sich das alles ganz anders vorgestellt, viel schöner ausgemalt. Daraus machten die HSV-Fans wenige Minuten nach dem Schlusspfiff in Düsseldorf keinen Hehl. Am 20. Februar hatte der Hamburger SV Baumgart als neuen Trainer und damit Nachfolger von Tim Walter vorgestellt. Mit dem gebürtigen Rostocker waren so viele Hoffnungen verbunden, es herrschte eine regelrechte Aufbruchstimmung an der Elbe.
Und nun, an diesem tristen Abend des 8. März - pfiffen die Anhänger ihre Mannschaft aus. Diese war nur das Zerrbild eines Aufstiegskandidaten gewesen.
"Es gibt andere Gründe als die Mentalität." HSV-Kapitän Sebastian Schonlau
Ein optisches Übergewicht über weite Strecken der Partie in allen Ehren. Es fehlte aber an so vielem: Kreativität, Energie, Ballsicherheit, Entschlossenheit und, ja, auch an diesem absoluten Willen. HSV-Kapitän Sebastian Schonlau sah dies im Interview mit dem NDR anders. "Den Willen kann man uns sicherlich nicht absprechen. Heute gibt es, glaube ich, andere Gründe als die Mentalität."
Dass es Pfiffe von den eigenen Fans gab, war für den Abwehrchef nachvollziehbar. "Nach letzter Woche wollten wir sicherlich ein anderes Ergebnis erzielen. Deswegen ist es schon okay, dass die Fans das gemacht haben", sagte Schonlau.
Heyer sieht nur 37 Minuten nach der Einwechslung Gelb-Rot
Eine Woche zuvor hatte es zu Hause ein 1:2 gegen zehn Osnabrücker gegeben. Unter Baumgart reichte es nur im ersten Spiel gegen Aufsteiger SV Elversberg zu einem mühsamen 1:0. In Düsseldorf schwächten sich die Hamburger selbst - Moritz Heyer sah nur 37 Minuten nach seiner Einwechslung die Gelb-Rote Karte (51.). "Wir haben es nicht geschafft, zu klaren, richtig gefährlichen Torchancen zu kommen. Und wenn du dann in der zweiten Hälfte mit der Gelb-Roten Karte startest, wird es nicht einfacher", merkte Schonlau an.
HSV droht Abrutschen auf Rang vier
In der Tabelle rückten die Fortunen am 25. Spieltag mit jetzt 40 Punkten bis auf einen Zähler an den Dritten HSV, der zum ersten Mal nach 30 Begegnungen ohne Torerfolg blieb. Spitzenreiter FC St. Pauli könnte sich am Sonntag (13.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) mit einem Heimsieg gegen Hertha BSC auf zehn Punkte vom Stadtrivalen absetzen.
"Dass zwei Niederlagen weh tun, ist doch keine Frage. Wir sind aber weiter auf dem dritten Platz - da müssen wir erst einmal verdrängt werden", sagte Schonlau trotzig. "Bevor das nicht geschieht, wird keiner den Kopf in den Sand stecken."
Er dürfte es sicherlich auf einen längeren Zeitraum hin betrachtet haben. Kurzfristig ist dies nämlich sehr gut und schnell möglich. Dazu käme es schon, wenn Hannover 96 am Sonnabend (13 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) beim SV Wehen Wiesbaden, dem kommenden Gegner der Hamburger, gewinnen sollte.
Schonlau verbreitete Optimismus für das weitere Aufstiegsrennen: "Wir werden bis zum Ende das Ding schon durchziehen, und wir werden weiterhin auch daran glauben. Wir haben einen neuen Trainer, er wird uns weiterhin die Energie und die Zuversicht geben. Und dann schauen wir, was am nächsten Wochenende dabei herumkommt."
Baumgart betrieb derweil im Interview mit der ARD schonungslos Selbstkritik: "Es gab schon vor meiner Amtszeit die gleichen Probleme. Eigentlich bin dafür angetreten, um diese Probleme zu lösen. Und jetzt muss ich deutlich sagen, dass ich sie nicht gelöst habe. Da muss ich natürlich Sachen hinterfragen. Ich glaube, das ist normal. Und jeder, der mich kennt, weiß, dass es nur über die Mannschaft, über die Gemeinsamkeit geht."
Hamburg gerät wieder früh in Rückstand
In Düsseldorf hatte es für die Hamburger ähnlich schlecht begonnen wie gegen Osnabrück. Am vergangenen Sonntag hatte die erste Gelegenheit des Gegners dazu geführt, dass dieser dann auch gleich jubeln durfte. Der VfL tat dies nach sechs Minuten, in Düsseldorf war dies nach zwölf Minuten der Fall - auch für die Fortuna war es die erste Chance.
Erik Johanesson hatte diese durch einen gefühlvollen Steilpass auf Christos Tzolis eingeleitet. Der Grieche nahm auf der linken Außenbahn Tempo auf, passte auf Höhe des zentralen Strafraumes scharf - durch die Beine von HSV-Verteidiger Ignace van der Brempt - in die Mitte, wo Felix Klaus den Freiraum nutzte und flach zum 1:0 einschoss.
Und als wäre dies nicht schon unerfreulich genug, verletzte sich bei dieser Szene auch noch Noah Katterbach, der sich zu weit entfernt vom Torschützen aufgehalten hatte. Nach Miro Muheim fiel der nächste Linksverteidiger aus. Heyer kam für ihn in die Partie (14.). Der HSV brachte nur eine Torchance zustande: Robert Glatzel hatte sie - sein Flachschuss ging knapp am Pfosten vorbei (30.).
Nach dem Platzverweis folgt schnell das 0:2
Sechs Minuten nach Wiederbeginn der nächste Rückschlag für das Baumgart-Team: Der zuvor schon verwarnte Heyer stieg Klaus mit der Sohle auf den Außenknöchel des rechten Fußes. Die Gelb-Rote Karte war vollauf berechtigt. Für "Joker" Heyer war die Partie somit auch schon wieder beendet.
Diejenigen HSV-Fans, die jetzt auf eine Trotzreaktion ihres Teams hofften, wurden zügig enttäuscht. Nach einem Fehlpass von Jonas Meffert spielte Fortuna-Profi Dennis Jastrzembski den Ball stark diagonal auf Tzolis, der im Duell mit HSV-Torwart Matheo Raab die Nerven bewahrte und diesen mit einem Flachschuss überwand (63.).
Baumgart versuchte in der 72. Minute noch einmal alles, brachte Anssi Suhonen, Levin Öztunali und Andras Nemeth für Meffert, van der Brempt und Immanuel Pherai. Doch der Effekt blieb aus. Hamburg strahlte weiterhin einfach keine Torgefahr aus. Letztlich durften sich die Norddeutschen bei Torwart Raab bedanken, dass die Niederlage nicht noch deutlicher ausfiel. Er vereitelte mit starken Paraden weitere Chancen für Jastrzembski (80.) und Tzolis (90.+3.).
Der Schlusspfiff wirkte für den HSV und seine Anhänger schon fast wie eine Erlösung. Letztere pfiffen dann selbst, als sich ihre Lieblinge auf den Weg in Richtung Gästeblock machten.