HSV und Trainer Baumgart: Es passt noch nicht zusammen
Nach zwei Niederlagen in Folge steckt der HSV in der Krise. Von einem Aufschwung unter Steffen Baumgart ist nichts zu sehen. Der neue Trainer steht vor einer Reihe von Problemen - gelöst hat er sie bislang nicht.
Die HSV-Profis schlichen Richtung Fanblock und wurden mit Pfiffen empfangen: Das 0:2 bei Fortuna Düsseldorf am Freitagabend hatte die sonst sehr wohlwollenden Anhänger des Hamburger Zweitligisten massiv verärgert und für die ernüchternde Erkenntnis gesorgt: Unter dem neuen Coach Steffen Baumgart gibt es bislang alles andere als den erhofften Aufschwung.
Vielmehr zeigt sich das Bild einer verunsicherten Mannschaft, die sich im Niemandsland zwischen "Walterball" und Baumgart-Ideen befindet. Die Spuren, die Ex-Trainer Tim Walter hinterlassen hat, sind tief, wohl viel tiefer als Baumgart gedacht hatte. Das Team und der neue Coach haben bislang weder taktisch, fußballerisch noch emotional wirklich zueinander gefunden.
Baumgart mit selbstkritischen Worten
Deutlich wurde dies in den Analysen des schwachen Auftritts bei der Fortuna. Kapitän Sebastian Schonlau bemühte die bekannten Beschwichtigungsfloskeln und wollte Optimismus ausstrahlen, gipfelnd in dem Satz: "Wir sind aber weiter auf dem dritten Platz - da müssen wir erst einmal verdrängt werden." Das stimmt zwar, nur rücken die Verfolger näher. Auf den Zweiten Holstein Kiel (1:0 gegen den KSC) beträgt der Rückstand bereits fünf Zähler. Torwart Matheo Raab sagte: "Wenn wir in den letzten Spielen unser Herz auf dem Platz lassen, habe ich überhaupt keine Sorgen."
Baumgart hingegen setzte wie nach der 1:2-Pleite gegen den VfL Osnabrück vor einer Woche zur verbalen Selbstgeißelung an: "Es gab schon vor meiner Amtszeit die gleichen Probleme. Eigentlich bin ich dafür angetreten, um diese Probleme zu lösen. Und jetzt muss ich deutlich sagen, dass ich sie nicht gelöst habe. Da muss ich natürlich Sachen hinterfragen. Wir haben Sachen gemacht, die auf einen Fußballplatz nicht hingehören."
Der neue Trainer hat in seiner kurzen Amtszeit schon mehr selbstkritische Aussagen getätigt als Vorgänger Walter in zweieinhalb Jahren. Dieser stellte sich fast immer schützend vor seine Spieler, wollte eine "Wir-gegen-alle"-Haltung forcieren.
Dies hat sicherlich den Zusammenhalt der Mannschaft gestärkt. Ein gewisses Maß an selbstkritischer Betrachtung täte den Profis allerdings auch gut.
Probleme mit neuem System
Das viel größere Problem des HSV ist derzeit jedoch, dass die Mannschaft sich in Baumgarts Spielsystem nicht zurechtfindet. "Die Lösungen sind da, wir müssen sie nur annehmen", sagte der Trainer etwas kryptisch nach der Niederlage in Düsseldorf und wurde dann doch noch deutlicher: "Es gibt eine ganze Menge, was wir verändern müssen."
Doch nach den wilden Walter-Jahren wäre es vermessen zu glauben, dass sich ein Team innerhalb weniger Wochen komplett umorientieren kann. Zumal grundlegende taktische Standards (Defensivverhalten, Positionsspiel, Umschaltverhalten) von Walter sträflich vernachlässig wurden.
Fehlende Vorbereitung macht sich negativ bemerkbar
Es rächt sich zudem, dass HSV-Sportvorstand Jonas Boldt zu lange an Walter festhielt und dem neuen Coach nicht die Chance gab, seine Mannschaft in der Winterpause zu formen. Nun muss Baumgart im laufenden Betrieb gravierende Änderungen umsetzen, quasi eine Operation am offenen Herzen vornehmen. Gelungen ist es ihm bislang nicht.
Verloren ist im Aufstiegskampf zwar noch nichts. Die beiden jüngsten Auftritte sprechen allerdings nicht dafür, dass der HSV in dieser Saison endlich sein selbstgestecktes Ziel erreicht und in die Bundesliga aufsteigt.