VfL-Fußballerinnen auf der Suche nach dem "Selbstverständnis"
Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg haben mit dem 4:0 in der Bundesliga gegen den SC Freiburg die richtige Antwort auf die lauter werdende Kritik gegeben. Nach zuletzt drei sieglosen Pflichtspielen war der Erfolg aber nur ein erster Schritt aus der Krise.
Nach dem am Ende auch in der Höhe verdienten Erfolg hatte Manager Ralf Kellermann, der zuletzt das Team und auch einzelne Spielerinnen öffentlich kritisiert hatte, gut lachen. "Es ist meine Aufgabe, auch mal den Finger in die Wunde zu legen. Und die Reaktion heute war klasse", sagte Kellermann und fühlte sich bestätigt.
Nach dem Verpassen der Champions League in den Play-offs gegen Paris FC und dem Verlust von Rang eins durch die Niederlage im Topspiel bei Bayern München (1:2) waren die "Wölfinnen" wieder deutlich besser gelaunt als in den vergangenen Wochen. "Natürlich freuen wir uns über den Sieg, dass wir viele Tore geschossen und auch keins kassiert haben", sagte Verteidigerin Kathy Hendrich im NDR Sportclub, fügte aber auch hinzu: "Genauso, wie vorher nicht alles schlecht war, ist jetzt auch nicht alles gut."
Beim Spitzenteam fehlen noch "gewisse Automatismen"
Auch wenn sich Trainer Tommy Stroot nach der Partie freute, dass es gelungen sei, "Freiburg relativ früh in ihre Hälfte zu zwingen und eine gewisse Dominanz in dieses Spiel reinzubekommen", war seinen Spielerinnen noch länger eine Unsicherheit anzumerken. Hendrich bestätigte das unumwunden: "Rein spielerisch sind wir noch unter unseren Möglichkeiten. Wir müssen uns aus dieser Phase wieder herauskämpfen", forderte die 31 Jahre alte Nationalspielerin. "Aktuell fehlen einfach das Selbstverständnis und die Dominanz. Auch teilweise aus unerklärlichen Gründen."
Ein möglicher Grund könnte der Coach beziehungsweise seine Fehlzeiten in Wolfsburg sein, die daraus resultieren, dass Stroot gerade in den finalen Zügen seiner Trainerausbildung beim DFB ist. Das hatte auch Manager Kellermann bei seiner Kritik angedeutet.
Hendrich wiegelte ab: "Wir haben so ein großes Trainerteam, das in den Tagen die Aufgaben übernimmt. Die wissen auch alle, was zu tun ist." Man sei zudem trotzdem stets im engen Austausch mit Stroot. Dass allerdings nach knapp einem Drittel der Saison nach ihrer Aussage noch "gewisse Automatismen" fehlen, lässt bei einem Spitzenteam wie dem VfL schon deutliche Versäumnisse erahnen.
Stroot will auf "verschiedene Drucksituationen vorbereiten"
Ob die Wolfsburgerinnen am Sonntag wieder zu alter Stärke fanden oder ob die in dieser Saison sehr wechselhaften Freiburgerinnen schwach waren, sei dahingestellt. In der zweiten Hälfte drehten die Gastgeberinnen jedenfalls merklich auf. "Für uns war im ersten Schritt wichtig, erst mal die Basics sauber auf den Platz zu bringen. Im zweiten war wichtig, genau in das Spiel reinzukommen, das wir dann kreiert haben", erklärte Stroot. Aus seiner Sicht waren "Dominanz und ein gewisses Selbstverständnis augenscheinlich schnell wieder da".
"Wir müssen uns das alles wieder erarbeiten - durch Training und Spiele. Dann hoffe ich, dass wir diese Phase überstehen, zu alter Stärke zurückfinden, unser eigentliches Gesicht zeigen und wieder überzeugend sind." VfL-Führungsspielerin Kathy Hendrich
So weit wollte Hendrich allerdings nicht gehen: "Es ist auf jeden Fall nicht alles wieder gut." Auch wenn es "punktetechnich gar nicht so schlecht" aussehe - die Niedersächsinnen liegen in der Tabelle weiter nur einen Zähler hinter dem noch ungeschlagenen Spitzenreiter aus München. Hendrich: "Wir haben viele Dinge analysiert. Und da müssen wir jetzt weiter akribisch dran arbeiten, damit das alles wieder besser wird."
Der Sieg gegen Freiburg kann nur ein erster Schritt gewesen sein. Das sieht auch Stroot nicht anders: "Für uns gilt es, unsere Leistung in den nächsten Wochen weiter zu stabilisieren, um uns auf verschiedenste Drucksituationen vorzubereiten."
Wolfsburgerinnen auf dem Weg zurück zu alter Stärke?
"Es ist nicht unbedingt die schönste Zeit, das muss man ehrlich sagen, aber trotzdem auch eine lehrreiche. Ich finde, gerade in solchen Phasen lernt man am meisten dazu", befand Hendrich. Das sei im Leben so und im Sportlerinnen-Leben nicht anders. Sie will nun mit ihren Teamkolleginnen "möglichst alles links und rechts ausblenden". Volle Konzentration auf die - durch das Europapokal-Aus - nur noch vier Partien bis zum Winter.
Die Kritik von Kellermann ist bei den Spielerinnen jedenfalls auf fruchtbaren Boden gefallen. "Ich verstehe ihn zu 100 Prozent. Ich glaube, er hat das ausgesprochen, was wir alle denken oder auch selbst sagen", unterstrich Hendrich. "Wir sind alle sehr selbstkritisch und wissen, dass wir aktuell nicht das auf den Platz bringen, wozu wir eigentlich in der Lage sind und was den VfL eigentlich auch auszeichnet." Es gelte, "diese Phase zu überstehen", um dann "zu alter Stärke zurückfinden, unser eigentliches Gesicht zu zeigen und wieder überzeugend zu sein."