Datenanalyse: Kaum Hoffnung für Hansa, Braunschweig und Osnabrück
Laut der Berechnung von GSN machen Hansa Rostock, Eintracht Braunschweig und der VfL Osnabrück die Absteiger in der 2. Liga unter sich aus. Zumindest einer bekommt noch die Chance, in der Relegation den Klassenerhalt zu schaffen. Der Abstiegscheck.
Die sprichwörtliche Reißleine haben die drei Nordclubs bereits gezogen: Angefangen mit Daniel Scherning in Braunschweig, über Uwe Koschinat in Osnabrück und zuletzt mit Mersad Selimbegovic in Rostock wurde überall bereits der Trainer gewechselt. Und bei einem Blick auf die Tabelle überrascht das nicht.
Hansa kommt nach 17 Spielen auf 17 Tore und 17 Punkte und belegt zur Halbzeit den Abstiegsrelegationsrang. Dass Braunschweig überhaupt "schon" 14 Zähler auf dem Konto hat, liegt an den beiden Siegen unter Scherning in den letzten Spielen vor der Winterpause.
Und auch wenn Koschinat sein neues Team nach der herben Auftaktniederlage auf Schalke (0:4) zuletzt gegen Spitzenreiter St. Pauli und das wiedererstarkte Berlin zu beachtlichen Unentschieden geführt hat, schlagen in Osnabrück bisher lediglich neun Punkte zu Buche. NDR.de nimmt die drei Nordclubs im Abstiegscheck genau unter die Lupe.
Hansa Rostock
Hoffnungsträger bei Hansa ist Selimbegovic, der erst in der Weihnachtspause als neuer Steuermann auf der "Kogge" vorgestellt worden ist. Und der "Ur-Regensburger" hat eine Großbaustelle übernommen: Kein Team hat so wenig Tore aus dem Spiel heraus erzielt (0,35 pro Partie). Und das hat tiefgreifende Gründe: Es gab im Schnitt überhaupt nur sechs Torschussvorlagen. Das ist genauso Liga-Minuswert wie die 315 gespielten Pässe und die Passquote von 78,10 Prozent.
Sogar um die Zweikämpfe - eigentlich Rostocker Kernkompetenz - war es sehr schlecht bestellt: nur 45,69 Prozent der Zweikämpfe wurden gewonnen. Und richtig bitter wird es bei 34,86 Prozent gewonnenen Duellen am Boden in der Offensive. Gleichzeitig kamen die Gegner auf 2,14 Expected Goals pro Spiel. Auch hier ist Hansa so schwach wie kein anderer Club.
Um alldem entgegenzuwirken, brauchen die Rostocker unbedingt mehr Torgefahr und mehr Kreativität im Offensivbereich. Mehr Zweikampf- und Kopfballstärke, aber auch Passsicherheit. Dem Kader würde allerdings auch ein defensivstärkerer Rechtsverteidiger oder ein "Schienenspieler" sowie ein Abräumer auf der Sechs guttun. Bisher gab es jedoch noch keinen Neuzugang.
Eintracht Braunschweig
Neu-Trainer Scherning hat den "Löwen" bereits die Hoffnung zurückgegeben. Neun Punkte aus seinen ersten fünf Spielen können sich auf jeden Fall sehen lassen. Und auch die Ausbeute von neun Toren ist beachtlich, angesichts von lediglich sieben Treffern in den zwölf Partien, bevor der 40-Jährige den BTSV übernahm.
Mit der Leihgabe Niklas Tauer aus Mainz ist auch schon ein neuer Spieler da. Der 22-Jährige ist ein Balleroberer im Mittelfeld und versteht etwas von seiner Arbeit: Sein GSN-Index von 59,29 weist ihn als guten Zweitligaspieler aus. Allerdings gibt es eigentlich andere Baustellen im Kader.
Eklatant ist besonders die Standardschwäche des Teams. Nur zwei Treffer nach Standards erzielte die Eintracht in der Hinrunde - Ligaminuswert. Kein einziger (!) direkter Freistoß der Braunschweiger ist tatsächlich aufs Tor des Gegners gekommen. Ohnehin sind nur 21,42 Prozent der Schüsse des Teams wirklich zur Aufgabe für die Torhüter geworden.
Die Probleme beginnen auch hier schon einen Schritt zuvor: Nur 69 Prozent der Pässe nach vorne sind beim Mitspieler gelandet, bei den Pässen ins letzte Drittel sind es sogar nur 61 Prozent - so schlecht ist kein anderes Team.
Dem Kader stünde ein zweiter, torgefährlicher Stürmer neben Anthony Ujah, der weite Teile der Hinrunde verletzt gefehlt hat, sehr gut zu Gesicht. Und statt Tauers Balleroberer-Qualitäten hätte es eher Torgefahr, eine kreative und offensiv-denkende Spielweise und Fähigkeiten am ruhenden Ball gebraucht.
Aber: Dem jungen Mainzer stehen bereits drei Abgänge gegenüber. Tauer dürfte und sollte nicht der letzte Neuzugang gewesen sein.
VfL Osnabrück
Mit seinen neun Punkten ist der VfL in sehr schlechter Gesellschaft. In diesem Jahrtausend hatten zuvor sieben Clubs in der Hinrunde nur einstellig gepunktet - und alle stiegen am Saisonende mehr oder weniger sang- und klanglos ab. Dass die Osnabrücker mit Athanasios Androutsos und Lex Tyger Lobinger schon zwei neue Spieler verpflichtet haben, zeigt, dass sie sich nicht einfach so ihrem Schicksal ergeben wollen.
Nach dem Abgang von Rechtsverteidiger Omar Traoré zu Bundesliga-Aufsteiger Heidenheim klaffte auf der rechten Seite eine riesige Lücke - offensiv wie defensiv. Diese soll und könnte Androutsos (GSN-Index 56,23) nun schließen. Der Grieche ist schnell, kreativ, glänzt mit seinem Passspiel und kann gut flanken.
Lobinger, der in seinen 46 Zweitliga-Einsätzen bisher lediglich zwei Treffer erzielte, ist hingegen wohl kaum der abschlussstarke Stürmer, den der VfL bräuchte.
Die Osnabrücker hatten in der Hinrunde lediglich eine Quote von 21 Prozent bei ihren Schüssen, die auch wirklich aufs Tor gegangen sind. 1,10 Expected Goals pro Partie weisen die Lila-Weißen genauso als Liga-Schlusslicht aus. Weniger kurios als fast schon traurig anzusehen ist, dass die Niedersachsen pro 90 Minuten gerade einmal viermal aus dem freien Spiel heraus zum Torabschluss gekommen sind. Kein einziges Tor hat der VfL nach Kontern erzielt. Überhaupt spielte in den bisherigen Spielen kein Team langsamer als Osnabrück.
Nach der Hinrunde der Saison 2018/2019 hatte der FC Ingolstadt nur zehn Punkte geholt, legte dann aber im Winter mit vier (hochkarätigen) Neuzugängen nach, rettete sich mit weiteren 25 Zählern in die Relegation und feierte am Ende den Klassenerhalt.
Um ein ähnliches Wunder vorstellbar zu machen, bräuchte es neben einem Torjäger eigentlich auch einen Spielmacher, der das Tempo vorgeben und Chancen kreieren kann. Am besten einen guten Standardschützen, dazu schnelle, dribbelstarke Außenspieler - und und und. Koschinat allerdings betonte zu seinem Amtsantritt, das Team habe genügend Potenzial für den Klassenerhalt.
Die Prognose für die Rückrunde
Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz hat GSN den weiteren Saisonverlauf berechnet. Nach aktuellem Stand würden die drei Teams weder einen Platz gutmachen noch verlieren. Demnach würden Braunschweig und Osnabrück absteigen. Mit einer Abstiegswahrscheinlichkeit von 70 Prozent zeichnen die Daten ein finsteres Bild für den VfL. Mit 67 Prozent sieht es bei der Eintracht kaum besser aus. Bei Hansa ist es praktisch eine 50:50-Chance. Bei sieben Punkten Rückstand aufs rettende Ufer (Rang 15) in der errechneten Abschlusstabelle, bliebe aber auch Hansa nur noch die Chance in der Relegation.