Rostocks Sebastian Vasiliadis (v.li.), Rostocks Juan Jose Perea und Rostocks Oliver Hüsing sind enttäuscht © picture alliance / dpa

Analyse: Auf diesen Positionen sollte sich Hansa Rostock verstärken

Stand: 31.12.2023 07:50 Uhr

Fußball-Zweitligist Hansa Rostock hat nach starkem Start stark nachgelassen und steht auf Relegationsrang 16. Mit neuem Coach geht es in die Rückrunde - doch es sind auch Transfers nötig, wie die Daten zeigen.

von Tobias Knaack

Es hatte alles so gut begonnen: Die "Kogge" nahm den Schwung der letzten Spiele der vergangenen Saison mit und sammelte zu Beginn der neuen Spielzeit fleißig Punkte. Neun nach vier Partien. Dann verloren die Mecklenburger trotz ansprechender Leistung mit 0:2 beim HSV und seit Anfang September immer mehr an Kontrolle.

Statt einer Fahrt in ruhiger See ist es an der Ostsee auch in dieser Saison allem Anschein nach ein rauer Törn. Und, um im Bild zu bleiben, aktuell sieht es sogar verstärkt nach Schiffbruch aus. Hansa steht auf Relegationsrang 16 - die wiedererstarkte Eintracht aus Braunschweig liegt nur noch drei Zähler zurück. Schaffen die Mecklenburger nicht schnell eine Wende, die Saison könnte in der 3. Liga enden.

Schafft Selimbegovic mit Hansa die Wende?

Den Schritt, den Trainer der Mannschaft zu wechseln, ist man bereits gegangen. Mersad Selimbegovic hat Alois Schwartz ersetzt. Nach dieser Maßnahme richtet sich der Blick nun kurz vor Beginnn der Vorbereitung auf die Rückrunde vor allem wieder auf die Spieler - auf die, die da sind, und auf die, die vielleicht noch kommen könnten.

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Von denen, die aktuell im Kader stehen, erwartet Sportchef Kristian Walter "einen Fußball und eine Trainingsarbeit, die rau ist wie die Küste". Ein unmissverständlicher Fingerzeig, dass der 39-Jährige, selbst erst im Juni nach Rostock gekommen, mit der Leistung von weiten Teilen des Kaders nicht zufrieden ist.

Nur Kolke und van der Werff mit guter Hinrunde

Die GSN-Daten geben Walter in seiner Kritik durchaus Recht: Nur Torhüter Markus Kolke (Performance-Score: 61,86; fünftbester aller Zweitliga-Torhüter) sowie Innenverteidiger Jasper van der Werff (60,30; fünftbester aller Innenverteidiger) haben eine gute Hinrunde gespielt. Mit deutlichen Abstrichen kann man das auch über Damian Roßbach und HSV-Leihgabe Jonas David sagen - zwei weitere Abwehrspieler.

Hier zeigt sich eines der größten Probleme der Mecklenburger. Blickt man weiter nach vorne, hat kein einziger Akteur über die 17 Spiele hinweg eine gute Leistung gezeigt. Allenfalls Junior Brumado und Juan-José Perea im Angriff könnte man noch eine durchschnittliche Hinrunde attestieren. Doch auch sie rangieren im ligaweiten Vergleich der Stürmer maximal im unteren Mittelfeld des Rankings. Ansonsten: Außenspieler schwach, zentrales Mittelfeld schwach, Sturm - jenseits der genannten - schwach.

Nach vorne hin verödet das Hansa-Spiel

Besonders eklatant - und das findet seinen Ausdruck im drittschwächsten Angriff der Liga - sind die Probleme einschließlich der Sechserposition vorwärts. Im defensiven Mittelfeld fehlt ein Abräumer. Zudem mangelt es auf dieser Position, aber auch davor und drumherum im Mittelfeld, an passsicheren Spielern, die eine Reihe des Gegners mit einem Pass überspielen können. Von Kreativität ganz zu schweigen. Und ganz vorne gehen den Akteuren Zweikampf- und Kopfballstärke ab.

Nach vorne hin verödet das Hansa-Spiel. Egal ob Vorlagen, Torschussvorlagen, Schlüsselpässe, Pässe pro Partie, Laufwege oder Zweikampfwerte - in nahezu allen relevanten Bereichen hat Rostock nach der Hinrunde die Werte eines Abstiegskandidaten. Das Resultat: wenig Torgefahr sowie kaum herausgespielte Abschlüsse und Torchancen. 71 Prozent der Rostocker Tore fielen nach Einzelleistungen.

Handlungsbedarf an den selben Stellen wie im Sommer

Erschwerend hinzu kommen die hohe Anzahl individueller Fehler sowie die Tatsache, dass die Gegner immer wieder in aussichtsreiche Abschlusspositionen kommen. Dass der FC Hansa auch hier ligaweit nur Werte eines Abstiegskandidaten erreicht, ist doppelt gefährlich angesichts der eklatanten Offensivschwäche.

Blickt man auf die anstehende Transferperiode besteht für Walter und Selimbegovic also Handlungsbedarf insbesondere im Mittelfeld, auf den Außen und im Sturm. Das Problem: Im Sommer hatte man an der Ostsee mit den Verpflichtungen kein gutes Händchen. Jenseits von van der Werff und mit deutlichen Abstrichen David, Brumado und Perea hat keiner der insgesamt 15 Neuzugänge überzeugt.

Dabei hatte man vor der Saison genau die genannten Stellen versucht zu adressieren, an denen es jetzt (oder: immer noch) krankt: Doch weder Alexander Rossipal - dem man zugute halten muss, dass er nicht mal zu 50 Prozent auf seiner Stammposition als Linksverteidiger oder linker Schienenspieler eingesetzt wurde - noch Sebastian Vasiliadis, Jannik Bachmann (beide zentrales Mittelfeld), Christian Kinsombi (Linksaußen) oder Brumado und Perea (Sturm) haben bisher überzeugt.

Kommt Besuschkov von Ligakonkurrent Hannover?

Selimbegovic hat als neuer Coach in der Rückrunde also mehrere Probleme anzugehen: Gemeinsam mit Sportchef Walter muss er das Scouting nach Spielern vorantreiben, die umgehend helfen. Hannovers Max Besuschkov könnte ein solcher sein und der schwächelnden Offensive mit Ball- und Passsicherheit Stabilität verleihen. Für das defensive Mittelfeld hatte es zuletzt Gerüchte um eine Verpflichtung von Aljaz Casar von Drittligist Hallescher FC gegeben. Erhärtet haben sich diese bisher allerdings nicht.

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Ansonsten ist das Anforderungsprofil gleichermaßen klar wie lang: Gesucht werden ein zweikampf- und kopfballstärkerer Stürmer, ball- und passsichere zentrale und offensive Mittelfeldspieler, die mehr Schlüsselpässe spielen und Torschussvorlagen kreieren - zudem zweikampfstärkere Rechtsverteidiger oder rechte Schienenspieler.

Selimbegovic hat mehrere Fragen zu klären

Doch auch bei den vorhandenen Akteuren steht Selimbegovic eine Menge Arbeit bevor. Einerseits in der Frage, sie - siehe Rossipal oder auch Stürmer Nils Fröling - dort spielen zu lassen, wo sie ihre Stärken haben. Andererseits wird der 41-Jährige auch die Systemfrage klären müssen.

Anhand der aktuellen Spieler des Kaders wäre ein 3-4-3 die optimale Grundformation: mit Roßbach, David und van der Werff in der Verteidigung, Rossipal links und John-Patrick Strauß rechts auf der Schiene, Dennis Dressel und Vasiliadis im Zentrum sowie Fröling, Kai Pröger und Brumado im Angriff.

Der Bosnier aber lässt bevorzugt im 4-2-3-1 spielen, was den Daten zufolge nur die elftbeste Formation für den aktuellen Kader wäre. Das kann sich mit neuen Spielern natürlich ändern. Ansonsten spricht vieles dafür, dass es für die Rostocker auch eine raue Rückrunde werden könnte.

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