Braunschweigs Trainer Daniel Scherning © picture alliance / Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Analyse zur Eintracht: Das sind die größten Braunschweiger Baustellen

Stand: 01.01.2024 10:59 Uhr

Fußball-Zweitligist Eintracht Braunschweig ist nach zwei Siegen zum Ende der Hinrunde mit Rückenwind in die Winterpause gegangen. Dennoch würden Transfers dem Kader des neuen Trainers Daniel Scherning guttun, wie die Daten zeigen.

von Tobias Knaack

Zwei Erfolge am Stück, das war den Niedersachsen im Jahr 2023 zuvor nur einmal gelungen: im April mit Erfolgen gegen den 1. FC Kaiserslautern und den FC St. Pauli. Es waren Siege in einer Serie von vier ungeschlagenen Partien - die Basis für den späteren Klassenerhalt.

Eintracht nur zweimal im Jahr 2023 mit zwei Siegen am Stück

Acht Monate später steckt die Eintracht erneut tief im Abstiegskampf. Drei Siege aus den jüngsten fünf Partien und nur noch drei Zähler Rückstand auf die zuletzt schwächelnden Rostocker und Relegationsrang 16 aber geben ein wenig Hoffnung. Die "Löwen" haben in der 2. Liga ohne Frage einen starken Hinrunden-Schlussspurt hingelegt. Es sind Ergebnisse, die im Kampf um den Klassenerhalt so wichtig waren wie die zwei Siege im April.

Ergebnisse aber auch, die nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, dass der Kader, den Coach Scherning zur Verfügung hat, an verschiedenen Stellen nachgebessert werden müsste, wollen die Braunschweiger eine realistische Chance auf einen Ligaverbleib haben.

Innenverteidiger hui, Außenverteidiger pfui

Der BTSV hat zwar mit 31 Gegentreffern die fünftschlechteste Abwehr der Liga, die Innenverteidigung aber ist spätestens seit der Verpflichtung von Ermin Bicakcic nicht das Problem der Niedersachsen. Im Gegenteil: Die GSN-Daten zeigen, dass die Eintracht mit Brian Behrendt mit einem Performance-Score von 60,25 (Platz sechs aller Zweitliga-Innenverteidiger), Robert Ivanov (60,05; Platz acht), Bicakcic (59,45; Platz 14) und Hasan Kurucay (59,30; Platz 17) ordentlich aufgestellt ist.

Die größten Schwierigkeiten in der Abwehr bestehen den Daten zufolge nach auf den Außenverteidigerpositionen: So gut die Mitte ist, so schlecht sind die linke und rechte defensive Seite bei der Eintracht. Anton Donkor und Niko Kijewski auf der linken sowie Danilo Wiebe, Marvin Rittmüller und Jan-Hendrik Marx auf der rechten Seite stehen auf ihren Positionen ligaweit nach 17 Partien am unteren Ende des Rankings.

Stürmer hängen in der Luft

Doch auch in der Offensive haben die Niedersachsen Handlungsbedarf. Mit 16 eigenen Toren stellen sie den zweitschlechtesten Angriff der Liga. Nur Tabellenschlusslicht Osnabrück ist in dieser Hinsicht mit 15 Treffern noch schlechter. Die Offensivbemühungen der Eintracht in der Hinrunde hatten vor allem eines: extrem wenig Torgefahr.

Das ist aber keineswegs nur den Stürmern anzulasten. Die beiden Angreifer Anthony Ujah (Performance-Score 58,05, Platz sechs aller Zweitliga-Stürmer) sowie Rayan Philippe (57,10; Platz acht) spielen den Daten nach sogar eine ordentliche Saison. Doch Ujah fällt schon seit geraumer Zeit aus und Philippe alleine hängt allzu oft in der Luft.

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Das zentrale Problem: das Zentrum

Woran liegt's? Egal, ob erfolgreiche Offensivaktionen, Flanken, Pässe ins letzte Drittel oder sogar angekommene Einwürfe: In nahezu allen relevanten Facetten des Spiels, aus denen Chancen entstehen können, belegt der BTSV im Ligavergleich einen der drei letzten Plätze - oft den letzten.

Hinzu kommen: schwache Standards, schwache Distanzschüsse, schwaches Spiel durch die Mitte und über rechts. Kurzum: Es fehlt eine Kette, an deren Ende Stürmer etwas verwerten können.

Und damit sind wir beim Hauptbedarf der Braunschweiger: Ball- und Passsicherheit im Zentrum. Das haben die Daten bereits vor dem Niedersachsenderby gegen Hannover Mitte der Hinrunde gezeigt. Es ist seither nicht besser geworden.

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Probleme identifiziert - und doch nicht beseitigt

Dabei hatten die "Löwen" ihre Defizite in der Spielfeldmitte noch unter dem vorherigen Sportchef Peter Vollmann und Schernings Vorgänger Jens Härtel im vergangenen Sommer identifiziert. Doch weder Sebastian Griesbeck (defensives Mittelfeld) noch Thórir Helgason (zentrales Mittelfeld) oder Johan Gómez (offensives Mittelfeld) konnten bisher die in sie gesetzten Erwartungen auch nur annähernd erfüllen. Sieht man von der Innenverteidigung ab, bleibt die Mitte des Spielfelds Braunschweiger Baustelle.

Gleiches gilt für die Linksaußen, wo Youssef Amyn und Keita Endo nicht überzeugen, sowie für die neuen Stürmer Florian Krüger, Kaan Caliskaner und Sidi Sané. Letzterem muss man immerhin anrechnen, dass er die weiteste Zeit der Hinrunde verletzt war. Nimmt man dann noch die schwachen Daten von Rechtsverteidiger Rittmüller, vervollständigt sich ein desaströses Bild der Sommer-Transferperiode, in der immerhin 13 Verpflichtungen getätigt wurden.

Hypothek für die Winter-Transferperiode

Eine Hypothek, die den Druck auf die nun anstehende Winter-Transferperiode erhöht. Ein Akteur, der angesichts der Probleme in der Spielfeldmitte im Fokus der Eintracht stehen soll, ist der defensive Mittelfeldspieler Niklas Tauer. Berichten zufolge könnte das Leigeschäft zwischen Mainz 05 und Schalke 04 aufgelöst werden und den Weg für einen Wechsel nach Braunschweig frei machen. Zudem gab es Gerüchte um Linksverteidiger Anderson Lucoqui von Ligakonkurrent Hertha BSC, die sich allerdings noch nicht erhärtet haben.

Die schlechte Sommer-Bilanz ist aber auch eine Hypothek für Neu-Trainer Scherning, der zunächst mit den vorhandenen Spielern arbeiten muss. Ein Ansatzpunkt: Mehr Spieler auf Positionen spielen lassen, die ihnen liegen. Auffällig nach der Hinrunde: Mit Griesbeck, Wiebe, Endo, Gómez, Sané, Krüger und Rechtsaußen Maurice Multhaupt haben gleich sieben Akteure maximal zu 50 Prozent ihrer Einsatzzeit auf den für sie besten Positionen gespielt. Die meisten von ihnen nicht einmal zu 25 Prozent.

Braunschweig braucht Ballsicherheit

Ein Indiz dafür, dass die größte Konstante der Hinserie die Suche nach den besten Positionen für die Spieler war. Den GSN-Daten zufolge ist die ideale Formation für die aktuell vorhandenen Akteure ein 4-4-2.

Jenseits von taktischen Ausrichtungen kann die Eintracht auf den beiden jüngsten Erfolgen aufbauen. Bei Zweikampfwerten, Balleroberungen, Schüssen auf das gegnerische Tor sowie kreierten Chancen konnten die Braunschweiger sich deutlich steigern im Vergleich zu den 15 Ligapartien zuvor.

Bedenklich aber - und sogar schlechter als zuvor: Die Zahl der Ballverluste ist deutlich gestiegen. Auch die der gefährlichen, die Gegnern direkte Torchancen ermöglichen. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Niedersachsen unbedingt ball- und passsicherer werden müssen - und das vor allem im Zentrum. Obwohl es auf den Außenbahnen und auch ergänzend zu Ujah und Philippe im Sturm ebenfalls Bedarf gibt, ist das der Hauptfokus dieser Transferperiode für die Eintracht.

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