Miniatur Wunderland: Freier Eintritt für alle mit wenig Geld
"Ich kann es mir nicht leisten" - wer diesen Satz an der Kasse sagt, ist vom Hamburger Miniatur Wunderland eingeladen, die Anlage im Januar kostenlos zu besuchen. Nachweise sind nicht erforderlich.
Vom 7. bis 31. Januar führt das Miniatur Wunderland in Hamburg wieder eine besondere Aktion durch: Alle Menschen, die sich den Eintritt ihrem eigenen Empfinden nach nicht leisten können, sind eingeladen, die Modelleisenbahnanlage kostenlos zu besuchen. Egal ob Bürgergeldempfänger, Alleinerziehende, Obdachlose oder Geflüchtete: Sie alle kommen an einem Tag im Januar (außer sonnabends) umsonst hinein, wenn sie an der Kasse den Satz "Ich kann es mir nicht leisten" sagen oder auf einen Zettel schreiben.
Aktion basiert auf Vertrauen
Es müssen keine Nachweise erbracht werden - jeder, der wirklich der Meinung ist, den Eintritt nicht bezahlen zu können, darf kostenlos hinein. Die Veranstalter des Wunderlandes vertrauen dabei darauf, dass jeder Gast für sich selbst am besten beurteilen kann, ob er sich den Besuch leisten kann oder nicht und die Kostenlos-Aktion nicht missbraucht. Die Erfahrungen der letzten Jahre seien sehr positiv: "Weniger als fünf Prozent nutzen nach unserem Gefühl die Aktion aus - ein verschwindend geringer Anteil", so Frederik Braun, einer der beiden Wunderland-Gründer.
Reaktionen: Viel Dankbarkeit
Für ihn selbst sei vor einigen Jahren der Besuch einer Frau mit ihrem kleinen Sohn ein Höhepunkt der Aktion gewesen, als er einmal an der Kasse ausgeholfen hatte. "Die beiden kamen zu mir und die Mama fragte vorsichtig, ob es wirklich stimme, dass sie gratis rein dürfen. Als ich zu ihr 'Na klar!' sagte und ihnen die Tickets in die Hand drückte, fingen beide an zu weinen. Die Mama erklärte mir dann, dass ihr Sohn nur einen Wunsch zu Weihnachten hatte - er wollte mal ins Miniatur Wunderland. Sie konnte ihn ihm nicht erfüllen." Dann habe sie von der Aktion gehört und sei auf gut Glück gekommen. "Ehrlich gesagt, standen wir zu dritt mit feuchten Augen da", erinnert sich Frederik Braun.
Welle der Unterstützung nach Drohbriefen
Es gebe allerdings auch andere Reaktionen: "Misstrauen, Wut und Hass. Teilweise sogar geballt", so Frederik Braun. Am schlimmsten sei es 2017 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle gewesen. "Wir wurden stark angefeindet, weil wir natürlich auch Geflüchtete gratis eingeladen haben, wenn sie es sich nicht leisten konnten. Es waren bitterböse Beschimpfungen bis hin zu Drohbriefen dabei." Einen habe man damals veröffentlicht. Daraus sei eine Welle der Unterstützung entstanden.
Am Nachmittag meist leerer
Die Aktion findet bereits zum zehnten Mal statt. Mehr als 100.000 Menschen haben seither das Wunderland kostenlos besucht. Die Organisatoren bitten alle, die auch an anderen Tagen können, den Sonntag zu vermeiden, da Familien mit Kindern oft nur am Wochenende Zeit für einen Besuch haben. Insbesondere an den Dienstagabenden sei es angenehm leer. Auf einer Webseite gibt das Wunderland weitere Tipps, zu welchen Uhrzeiten ein Besuch günstig ist und informiert ausführlich über die "Ich kann es mir nicht leisten"-Aktion.
Das Miniatur Wunderland ist eine der beliebtesten Freizeit-Attraktionen Hamburgs. Die fantasievoll gestalteten Modellbahn-Abschnitte, die unter anderem Skandinavien, die Schweiz, Amerika und Hamburg im Kleinformat zeigen, ziehen jährlich Hunderttausende Besucher an.