Spionage?: LKA ermittelt nach Drohnensichtung an Patriot-Standort
Spionageverdacht an dem Patriot-Luftwaffenstützpunkt in Schwesing bei Husum: Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") war der Stützpunkt mutmaßlich Zielscheibe eines groß angelegten Spionageversuchs mit Drohnen.
An der Basis in Schwesing bei Husum (Kreis Nordfriesland) soll es zu "sechs Sicherheitsvorkommnissen" mit professionellen Drohnen unbekannter Herkunft gekommen sein. Insgesamt sechs Mal sollen Drohnen gesichtet worden sein, in der Zeit vom 9. bis 29. Januar. Das zitiert die "Süddeutsche Zeitung" aus einem als Verschlusssache eingestuften Lagebericht an das Bundesverteidigungsministerium. "Es wird wegen Spionageverdachts ermittelt", heißt es demnach in dem internen Bericht.
Abwehrmaßnahmen waren wirkungslos
Bei dem mutmaßlichen Spionageversuch wurden nach Angaben der "SZ" offenbar besonders professionelle Drohnen eingesetzt. "Die gesichteten Mehrflügler schwebten mit eingeschalteten Positionslichtern minutenlang auf der Stelle", zitiert das Blatt aus dem Lagebericht. Man habe vergeblich versucht, die Drohnen durch Störsender und anderes Gerät von dem Kurs abzubringen oder zur Landung zu zwingen. Die Abwehrmaßnahmen waren jedoch alle wirkungslos, deswegen sei davon auszugehen, dass es sich nicht um handelsübliche, sondern um spezialisierte Drohnen handle. Im Lagebericht hieß es weiter, dass in keinem der sechs Fälle der oder die Drohnenbediener ausfindig gemacht werden konnten, so die "SZ". Feldjäger, Polizei und der Militärische Abschirmdienst (MAD) seien involviert gewesen.
Landeskriminalamt SH übernimmt Ermittlungen
Das Operative Führungskommando der Bundeswehr in Berlin bestätigte NDR Schleswig-Holstein zwar am Sonntag eine "Mehrzahl" an Drohnensichtungen. Weitere Details könne man zur Wahrung der militärischen Sicherheit nicht nennen. Die Gefährdungsstufe am Standort sei aber nicht erhöht worden.
Die Polizei in Husum hat nach Angaben des Führungskommandos den Fall an das schleswig-holsteinische Landeskriminalamt weitergeleitet. Ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Flensburg sagte, es gehe jetzt darum, zu prüfen, ob ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliege. Das Innenministerium in Kiel wollte aus ermittlungstaktischen Gründen am Montag keine weiteren Details nennen. Eine Sprecherin ergänzte aber, dass die Staatsschutzabteilung im Landeskriminalamt (LKA) um die Abteilung "Spionage und Sabotage" erweitert worden sei. Zehn neue Stellen für die Landespolizei und den Verfassungsschutz seien geplant.
Luftwaffenstützpunkt ist Ausbildungszentrum für Flugabwehrraketen
In Schwesing bei Husum befindet sich das "Ausbildungszentrum Flugabwehrraketen". Auch werden dort ukrainische Soldaten an Patriot-Systemen ausgebildet. Für den Schutz des Nato-Luftraumes ist das Patriot-System von großer Bedeutung. In Schwesing befindet sich der einzige deutsche Ausbildungsstandort für dieses System. Die Patriot-Systeme gelten als besonders effizient zum Schutz großer Gebiete gegen russische Angriffe. Um den Standort vor weiteren Drohnen-Angriffen zu schützen, seien nun weitere Detektions- und Störsysteme an den Standort verlegt worden. In Bundeswehrkreisen wurde dem Blatt zufolge der Verdacht geäußert, dass die Drohnen von Schiffen in der Nord- oder Ostsee losgeschickt worden sein könnten.
Drohnen-Experte: Schwierig, sich vor Drohnen zu schützen
Im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein wies Ingo Seebach, Geschäftsführer des Drohnen-Abwehrunternehmens Dedrone, darauf hin, dass auch herkömmliche Drohnen schwer zu stören sein könnten. Denn moderne, sehr gute Drohen, die auf dem Markt erhältlich sind, seien durchaus sehr robust gegen Störungen der Signale. "Das können tatsächlich sehr gute Drohnen sein, die man kauft, und vielleicht sind die noch technisch verändert worden, sodass es immer schwerer wird, so was zu stören. Die Möglichkeiten sind mit minimalem technischem Aufwand mittlerweile so groß", sagt er. Es sei daher schwierig, sich entsprechend zu schützen und diese Drohnen zu entdecken. Möglicherweise seien also auch mehr Drohnen unterwegs gewesen, als gesichtet wurden, schlussfolgert er.
Bezüglich des Schutzes gebe es zudem eine "unheimlich schnelle Entwicklung“, so Seebach. "Das ist eine Art Katz-und-Maus-Spiel." Drohnen könne man beispielsweise nicht mehr mit dem Equipment von vor zwei Jahren stören.
Bereits illegale Drohnen-Flüge über Brunsbüttel
Im August 2024 wurden bereits zahlreiche illegale Drohnen-Flüge über kritischer Infrastruktur in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) gesichtet. Der Staatsschutz, die Polizeidirektion Itzehoe (Kreis Steinburg) und die Staatsanwaltschaft Flensburg hatten die Ermittlungen wegen mehrerer mysteriöser und illegaler Drohnenflüge auf der Südseite von Brunsbüttel seit dem 8. August aufgenommen. Im September 2024 sagte Innenstaatssekretärin Magdalena Finke (CDU) dazu, dass es nach weiteren Drohnenüberflügen und ähnlichen Sichtungen auch in Niedersachsen überregionale Hilfe gab: "Im Laufe des Einsatzes wurde sämtliche im Bundesgebiet für die Polizei verfügbare Technik eingesetzt und zudem durch andere Behörden des Bundes und der Länder unterstützt", so Finke.
Neben Schwesing und Brunsbüttel gab es auch verdächtige Drohnenflüge über dem Werk des Chemiekonzerns BASF im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen sowie dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.
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