Kommunalwahl: Verkehrsstadt Kiel - Fahrrad contra Auto?
Bei der Kommunalwahl entscheiden am 14. Mai rund 193.500 Wählerinnen und Wähler darüber, wie es in Kiel weitergeht. Ein Überblick über die wichtigsten Themen.
Die Kommunalpolitik in Kiel hat zwei große Themen, über die viel diskutiert wird und die das Bild der Stadt nachhaltig verändern werden.
- Wie kann die Innenstadt attraktiver werden?
- Wie soll sich dazu der Verkehr entwickeln?
In den vergangenen Jahren hat sich bereits viel getan. Die Landeshauptstadt erlebt einen Bauboom. In der City wurden und werden viele Wohnungen, Hotels, Hochschul- und Klinikgebäude gebaut. Die Stadt ist jahrelang gewachsen, schaffte die Marke von 250.000 Einwohnern aber nicht. Zum 31. Dezember 2022 waren es 248.803. Hunderte Millionen Euro fließen in den Umbau der Innenstadt. Es fahren weniger Autos durch das Zentrum - dennoch: In der zentralen Holstenstraße gibt es nach wie vor zahlreiche Leerstände von Geschäften.
Früheres Bündnis zerbrach an Verkehrspolitik
In der Ratsversammlung mit den 59 Mitgliedern gibt es aktuell neun Fraktionen. Die politischen Geschicke der Stadt bestimmt aber vor allem die Ratskooperation aus SPD und Grünen. Bis vor rund eineinhalb Jahren war mit der FDP noch ein weiterer Partner an Bord. Aber das Bündnis zerbrach am Streit über die Verkehrspolitik Mitte 2021. Auch bei der Kommunalwahl 2023 könnten die Verkehrsthemen die entscheidenden sein.
In der Ratsversammlung hat die SPD 18 Sitze, die CDU 14 und die Grünen zwölf. Hinzu kommen zwei Fraktionen mit drei Abgeordneten und vier mit jeweils zwei sowie ein fraktionsloses Mitglied.
Wird Kiel zur "Fahrradstadt"?
Wenn man auf die Debatte über die zukünftige Verkehrspolitik blickt, werden zwei völlig unterschiedliche Zukunftsentwürfe von Kiel deutlich. Grüne, Linke, SSW und - etwas abgeschwächt - die SPD wollen Kiel massiv umbauen. Der Plan: eine Stadt mit mehr Grün, mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger, weniger Durchgangsverkehr, weniger Parkplätze. "Der Klimawandel ist nicht wegzureden, wir müssen auch im Kleinen handeln", sagt Grünen-Fraktionschefin Anke Oetken. Sie möchte das Parken auf Gehwegen verbieten. An den Straßenrändern sollen die Parkplätze in Aufenthaltsflächen umgewandelt werden. CDU, FDP und AfD sehen diesen Stadtumbau dagegen als realitätsferne Ideologie an und wollen ihn verhindern - oder zumindest deutlich abschwächen.
Autofreie Zonen oder Neubau zusätzlicher Schnellstraßen
Nach dem Willen von FDP, CDU und AfD sollen die Einschränkungen für den Autoverkehr nicht nur gestoppt oder abgemildert werden, sie möchten sogar zusätzliche Schnellstraßen bauen. So setzen sich die drei Parteien und unter Vorbehalt auch die SPD für den Ausbau der B404 zur A21 ein. Sie unterstützen auch die sogenannte Südspange, also die Verbindungsstraße zwischen der künftigen A21 bei der Abzweigung Richtung Molfsee und der B76 in Gaarden Süd. CDU-Fraktionschef Rainer Kreutz will mit den Maßnahmen insbesondere die Wirtschaft unterstützen. "Der Ostuferhafen und die Anbindung an die A21 Richtung Berlin ist eine Lebensader der Hafenwirtschaft", so Kreutz, "der Klimaschutz muss auch bezahlt werden". Grüne, Linke und SSW lehnen sämtliche dieser Forderungen ab, die SPD möchte die Südspange nur bauen, wenn der Verkehrsbedarf nachgewiesen ist. Mittlerweile spricht sich auch die für die Fernstraßenplanung zuständige Gesellschaft Deges in einem bisher nicht veröffentlichten Gutachten zunächst gegen die neue Straße aus. Sie schlägt vor, erstmal nur die A21 bis zum Barkauer Kreuz zu bauen.
Grüne, Linke, SSW und SPD setzen sich außerdem für eine autofreie Kiellinie ein.
Wie kann die Innenstadt belebt werden?
Ähnlich hitzig verläuft die Debatte darüber, wie die Innenstadt attraktiver werden kann. Die FDP sieht den Zustand der Innenstadt als eines der größten Hemmnisse für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Laut FDP ist ein Grund dafür die schlechte Erreichbarkeit. Sie wollen den Leerstand unter anderem damit bekämpfen, dass Stadtteilparkhäuser für Fahrräder und Pkw gebaut werden, heißt es im Programm. Die AfD möchte neue Auto-Parkplätze schaffen und die CDU, dass Autofahrerinnen und Autofahrer in den Parkhäusern maximal einen Euro pro Stunde zahlen. Das alles lehnt die Linke völlig ab. "Der Autoverkehr muss drastisch reduziert werden", heißt es im Wahlprogramm. Stattdessen soll nach dem Willen von Linken, aber auch der SPD, die Aufenthaltsqualität etwa durch zusätzliche öffentliche Bänke oder Kinderspielgeräte verbessert werden.
Holstenfleet - für die Sozialdemokraten der Meilenstein
Insgesamt möchte die SPD den Umbau der Innenstadt in der bisherigen Art und Weise fortsetzen und sieht den umstrittenen Bau des Hostenfleets als Vorbild für die weitere Gestaltung der Innenstadt. Ein konkretes Projekt möchte der SSW in Angriff nehmen. Der Alte Markt soll umgestaltet werden. Leuchtreklame und bunte Werbetafeln sollen reduziert werden, um dem Charakter des Platzes Rechnung zu tragen, heißt es im Wahlprogramm. Und die Grünen setzen nicht nur auf Bauvorhaben, sondern wollen auch durch zusätzliche Events Menschen in die Innenstadt locken.