Vorgezogene Bundestagswahl: 17-Jährige dürfen doch nicht wählen
Eigentlich wäre erst Ende September ein neuer Bundestag gewählt worden und dann hätten sie ihr Kreuz gemacht: Diejenigen, die erst nach dem 23. Februar volljährig werden, dürfen nicht mit abstimmen.
Lucia, Aaron und Tim sind 17 Jahre alt und gehen auf die Friedrich-List-Schule in Lübeck. Eigentlich hätten sie gern gewählt bei der Bundestagswahl. Aber Lucia ist 176 Tage zu jung, Aaron 119 und Tim nur 60 Tage. Weil der Wahltermin vom Herbst auf den 23. Februar vorgezogen wurde, müssen sie weitere vier Jahre warten.
Die Themen der jüngeren Generation hörbar machen
"Ich hätte gerne mehr von den politischen Zielen der jüngeren Generation durch meine Stimme in den Fokus geholt", sagt Tim. Er findet, dass viele politische Entscheidungen momentan zu kurzfristig gedacht sind: "Gerade über die Themen Klima und Umweltschutz wurde in den letzten zwei Jahren wenig geredet."
Aaron spricht von Hoffnungslosigkeit: "Weil ich das Gefühl habe, dass nicht genug getan wird." Enttäuschung auch bei Lucia: "Ich glaube, meine Motivation wäre gewesen, dass diese extremen Lager, die es mittlerweile gibt, dass die wieder zusammenfinden und mittige Lösungen wieder mehr berücksichtigt werden."
Politisch interessiert - aber zu jung
Die Altersgrenze - und damit die Berechtigung zur Wahl - zieht sich durch viele Schulklassen im Land. An der Friedrich-List-Schule in Lübeck darf ein Teil der Klasse wählen - ein anderer nicht.
Dabei sind die Schülerinnen und Schüler politisch interessiert, sagt Klassenlehrer Adam Pietkun. "Die tragen eigentlich die Themen in den Unterricht und dann versuchen wir, das aufzugreifen und zu analysieren. Damit nicht die ganze Erklärungsarbeit von Social Media oder YouTube übernommen wird."
15.000 junge Leute sind betroffen
Die Themen, um die es geht, wie Wirtschaft, Inflation oder Migration, beschäftigen ganz Deutschland, sagt Lehrer Pietkun. Und seine Schülerinnen und Schüler möchten mitreden.
Aber mehr als 15.000 junge Menschen haben nach Angaben des Landeswahlleiters in Schleswig-Holstein ihre Chance zu wählen durch die vorgezogenen Neuwahlen verloren.
Bundestagswahl wichtiger als Europawahl?
Der Politikwissenschaftler Christian Martin von der Kieler Uni meint, dass das ein falsches Signal senden könnte. Denn bei der Europawahl durfte ja schon mit 16 abgestimmt werden. Das könnte so interpretiert werden, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament weniger wichtig seien: "Nach dem Motto: Bei den weniger wichtigen Wahlen dürft ihr mitbestimmen. Bei den Bundestagswahlen - bei denen es um das Eigentliche geht - da dürft ihr aber nicht dabei sein." Laut Martin ist die Wahlbeteiligung in der Altersgruppe 18 bis 25 Jahre unterdurchschnittlich.
Demo statt Urne
Lucia, Aaron und Tim wollen ihr Umfeld politisch mitgestalten - auch abseits der Wahlurne. "Man kann auf Demos gehen, Petitionen unterschreiben, in Parteien eintreten", sagt Tim. Einiges davon werde er definitiv umsetzen - um die vier Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl zu überbrücken.