Droht Eier-Mangel auch bei uns? "Nicht anfangen, zu hamstern"
Die Vogelgrippe sorgt in den USA für einen Eier-Engpass - und auch in Europa werden Eier immer teurer. Hans-Peter Goldnick vom Bundesverband Ei rät dazu, normal weiterzukonsumieren. Eine Knappheit drohe hierzulande zu Ostern nicht.
Nicht nur im Bio-Bereich sind die Eier-Preise gestiegen - und das auch nicht erst seit Kurzem. In den vergangenen fünf Jahren sind Eier laut dem Statistischen Bundesamt um rund 40 Prozent teurer geworden. Die Preise haben seit Beginn des Jahres noch einmal angezogen. In den USA herrscht eine große Eier-Knappheit wegen zahlreicher Vogelgrippe-Fälle und Keulungen ganzer Bestände. Hans-Peter Goldnick aus Schleswig-Holstein ist Vorsitzender des Bundesverbands Ei und Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft - er erklärt im Interview mit NDR Info, warum die Situation in Deutschland anders ist und es zu Ostern wohl zu keiner Eier-Knappheit kommen dürfte.
Die USA haben die europäischen Eiererzeuger um Unterstützung gebeten. Doch können die überhaupt helfen mit Eierlieferungen?
Hans-Peter Goldnick: Es ist eigentlich nicht denkbar, dass deutsche Eier-Produktion in die USA wandert. Wenn Sie sich nur die Mengen ansehen - den USA fehlen am Tag 50 Millionen Eier und wir haben in Deutschland eine Produktion von 45 Millionen Eiern am Tag - dann zeigt sich, dass selbst unsere Tagesproduktion nicht mal ausreichend wäre, um einen Tag in den USA die Fehlmenge zu erfüllen. Zum anderen sind wir selbst ein Importland. Das heißt, diese 45 Millionen Eier decken nur 72 bis 73 Prozent unseres Verbrauchs ab - den Rest importieren wir.
Welche Rolle spielt aktuell die Vogelgrippe für die deutschen Erzeuger?
Goldnick: Die Vogelgrippe ist so etwas wie ein Damoklesschwert, das über uns hängt. Aber wir haben in den letzten Monaten geschafft, dass nur ganz wenige Einträge in Wirtschaftsgeflügel stattgefunden haben. Aber da waren keine Legehennen betroffen.
Droht Deutschland denn jetzt vor Ostern auch eine Eier-Krise?
Goldnick: Nein, das glaube ich nicht. Wir haben in diesem Jahr eine etwas ungewöhnliche Situation im Januar, Februar, März gehabt. Das wird sich in den nächsten Wochen aber meiner Meinung nach ein bisschen entspannen. Wir haben im Januar verhältnismäßig viele Ausstallungen [Anm. d. Red.: Transporte der Tiere zum Schlachthof] gehabt. So ein Hühnerleben dauert ja nicht ewig, sondern das dauert im Schnitt 15 Monate. Doch weil die Tiere vitaler sind und man sie länger halten kann, tun die Bauern das auch, zumal die Tiere auch teurer werden. Das führt zu unregelmäßigen Ausstallungen, die sonst eigentlich immer im Rhythmus waren. Jetzt findet das unregelmäßig statt und so hatten wir im Januar verhältnismäßig viele Ausstallungen. Danach braucht jeder Stall vier Wochen, bis er gesäubert und desinfiziert ist. Dann kommen neue Hühner rein, da sind die 16 Wochen alt. Dann dauert es noch einmal wieder vier Wochen, bis die in die Pubertät kommen und anfangen, Eier zu legen. Und dann dauert es noch einmal wieder vier Wochen, bis sie auf Leistung kommen. Dann ist Ende März und dann sind zwar die Eier zu Ostern da, aber im Zeitfenster Februar, März haben sie gefehlt.
Wenn Sie dann noch berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt die Färbereien, also die, die Ostereier kochen und anmalen, die ganzen Eier aufkaufen - die sind 14 Tage weg vom Markt. Wir haben nicht genug Eier und das wird sich jetzt in den nächsten Wochen normalisieren.
Im Zweifel sollte man also wieder selber färben zu Ostern?
Goldnick: Wozu ich auffordern möchte, ist, dass man seinen Eierkonsum ganz normal weiterführt und nicht anfängt, Eier zu hamstern. So wie seinerzeit zum Anfang der Corona-Pandemie das Toilettenpapier knapp wurde. Wenn wir alle auf einmal statt einer nun zwei Zehnerschachteln kaufen, dann rutschen wir in einen Engpass rein, der eigentlich gar nicht da ist, denn wir essen ja nicht mehr Eier. Dann sind die Eier zwar nicht weg, sie sind dann ja bei den Verbrauchern, aber der Eindruck entsteht, dass Eier zu knapp sind.
Neben der Vogelgrippe haben deutsche Erzeuger auch mit anderen Herausforderungen zu kämpfen: Ställe müssen umgebaut werden, um neue Vorgaben zu erfüllen. Es gibt hohe Energiekosten. Was bedeutet das langfristig? Also werden Eier hier knapp und teuer bleiben?
Goldnick: Das hängt zum einen davon ab, ob die Nachfrage stabil bleibt. Das Ei hat sein Image verändert. Es ist nicht mehr die Cholesterinbombe, sondern es ist ein Superfood. Es ist gesund, es ist sehr vielseitig einsetzbar, es ist leicht zuzubereiten, und es ist eine gute Proteinquelle tierischen Ursprungs, die eigentlich einen verhältnismäßig guten CO2-Abdruck hat. Wir haben in Deutschland einen höheren Eierverbrauch seit einigen Jahren, der kommt von 236 in 2023 und ist gestiegen auf 244 in 2024.
Wenn diese Nachfrage weiter bestehen bleibt, dann müssen wir sehen, dass wir neue Ställe dazubekommen. Diese acht Eier, die pro Person pro Jahr mehr verbraucht werden, bedeuten 640 Millionen Eier. Für diese 640 Millionen Eier brauchen Sie rund zwei Millionen Legehennensätze, das heißt, Sie müssen es irgendwie schaffen, dass auch ein paar Hühnerställe gebaut werden. Und bei den Hühnerställen verhält es sich wie mit den Windkraftanlagen: Alle wollen ganz gerne den Strom aus Windkraftanlagen, aber keiner will die Windkraftanlage vor der Nase stehen haben. Alle wollen gerne, dass die Eier in Deutschland um die Ecke in Bio- oder in Freiland-Qualität produziert werden. Aber es ist sehr schwierig, in Deutschland solche Ställe genehmigt zu bekommen.
Woran scheitert es denn, diese Ställe zu genehmigen - am Widerstand der Behörden oder der Nachbarn?
Goldnick: Die Nachbarn sind eigentlich das größere Problem. Die Behörden sind, gelinde gesagt, vorsichtig bei der Unterstützung, aber man bekommt sie. Das ist nicht so, dass es unmöglich wäre. Was aber das viel größere Problem ist: Wenn es nicht die Nachbarn sind, dann sind es irgendwelche NGOs, die über das Verbandsklagerecht dann so eine Anlage ganz schnell ad absurdum führen.
Das Interview führte Michael Latz.
