Zweigleisig nach Sylt? Der Wunsch und die Wirklichkeit
Alles muss perfekt getaktet sein, damit es auf der Strecke zwischen Sylt und Niebüll rund läuft: Autozüge, Marschbahn, Fernverkehr. Oft klappt das nicht. Die Forderung nach einem zweiten Gleis ist nicht neu. Was wurde wann gefordert? Und woran hakt es? - Ein Überblick
Sie ist eines der Nadelöhre im schleswig-holsteinischen Bahnverkehr: Die Marschbahn-Strecke nach Sylt. Zwischen Niebüll und Klanxbüll (Kreis Nordfriesland) ist sie - mit Ausnahme eines kleinen Abschnittes am Kreuzungsbahnhofes Lehnshallig - eingleisig. Gleiches gilt für den Abschnitt auf der Insel von Morsum zum Bahnhof Westerland. Das bedeutet: Kleinste Probleme, wie Signalstörungen, Schwierigkeiten mit Weichen oder einfach eine Zugtür, die nicht richtig schließt, können große Auswirkungen haben.
80 bis 100 Züge am Tag über den Hindenburgdamm
Seit etwa 15 Jahren setzt sich die Pendlerinitiative um Achim Bonnichsen für den zweigleisigen Ausbau der Strecke ein: "Die Strecke ist so ausgelastet, dass ein Zug sich maximal eine Verspätung von drei Minuten leisten kann", so Bonnichsen. - Kein besonders komfortabler Puffer. Laut Bonnichsen gibt es keinen Tag, an dem Züge sich nicht verspäten. "Die Taktung lässt Pünktlichkeit nicht zu", erklärt er. Ein zweites Gleis würde hier entlasten, die Züge müssten in den eingleisigen Abschnitten nicht mehr aufeinander warten. Und lange sah es für den Ausbau auch gut aus.
2018: Der Ausbau steht im Bundesverkehrswegeplan - Der Durchbruch?
Zweigleisig ja oder nein - Entschieden wird diese Frage in Berlin. Und da haben Strecken den Vorrang, bei denen ein "dringlicher Bedarf" besteht. Weil im bundesweiten Vergleich auf der Strecke Sylt-Niebüll wenig Menschen unterwegs sind, fordert der damalige Verkehrsminister Schleswig-Holsteins, Bernd Buchholz (FDP), dass das Projekt aus dieser Systematik herausgenommen wird. Ein paar Monate später, im November 2018 tut sich dann auch was. Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verkündet in Berlin, dass die Marschbahn ausgebaut wird: "Jetzt steht es im Bundesverkehrswegeplan und jetzt ist es geplant." 220 Millionen Euro sieht der Bund dafür vor, bis 2030 sollte der Ausbau fertig sein.
Erste Dämpfer in der Planung
Nur ein Jahr später gibt es erste Verzögerungen. Die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) streicht den Ausbau zeitweise von einer Liste "beschleunigt zu realisierender Projekte" - die klimapolitischen Auswirkungen seien zu gering, heißt es. Später nimmt es der Bundesrat wieder auf. Aktuell ist es eines von 85 Projekten, die im Bundesverkehrswegeplan 2030 stehen und auch die Bahn hat die Zweigleisigkeit zwischen Niebüll und Klanxbüll, sowie zwischen Morsum und Tinnum auf ihrem Bau-Infoportal gelistet. Status "In Planung".
Kein Geld für den Marschbahnausbau?
Am Wochenende (12., 13. Oktober) gab es dann Verwirrung darüber, ob der Ausbau komplett auf Eis gelegt werden soll. Grund: der aktuell angespannte Bundeshaushalt. "Die in Planung befindlichen Projekte, zu denen auch das Vorhaben Niebüll-Klanxbüll-Westerland zählt, sollen weitergeplant werden", heißt es am Montag von einem Sprecher des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Allerdings gebe es keine Finanzierungssicherheit für die Umsetzung der Pläne.
Wie geht es jetzt weiter?
Am Dienstagabend gibt es einen gemeinsamen Bahngipfel in Nordfriesland unter anderem mit Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU), Vertretern der Bahn und Achim Bonnichsen von der Pendlerinitiative. Auch der paralmentarische Staatsekretär aus dem Bundesverkehrsministerium Gero Hocker (FDP) hat sich angekündigt.
Die Marschbahn kommt diese Woche voraussichtlich auch noch mal auf die Tagesordnung im Landtag. Alle Fraktionen haben sich auf einen Dringlichkeitsantrag dazu verständigt. Darin heißt es, dass unter anderem der Ausbau der Marschbahn-Strecke und auch die Elektrifizierung von überragender Bedeutung für die Region und darüber hinaus seien. "Die Marschbahn ist die einzige Verbindung zum Festland und daher die Lebensader der Insel Sylt", so die Fraktionen in dem Antrag.