Wut bei Sylt-Pendlern wächst: Zugausfälle und Verspätungen
Streiks, Bauarbeiten und der Personalmangel bei der Marschbahn sorgen regelmäßig für Zugausfälle und Verspätungen. Der Frust bei den Sylt-Pendlern wächst.
Rund 4.000 Menschen pendeln, laut Angaben der Pendler-Initiative, regelmäßig nach Sylt. Sie sind hauptsächlich auf die Marschbahn von Hamburg nach Westerland angewiesen, die seit Jahren durch ihre Verspätungen und Zugausfälle bekannt ist. In letzter Zeit kam es wieder vermehrt zu Problemen auf der Strecke. Die Pendler sind mittlerweile nicht nur frustriert, sondern regelrecht wütend.
Nach der Baustelle ist vor der Baustelle
Die Tatsache, dass, wie letzten Sonntag, auch mal drei Stunden lang nichts geht, weil die digitale Technik streikt, ist für Sylt-Pendler leider keine Seltenheit. Verspätungen oder Zugausfälle gehören für sie zum täglich Brot. Aktuelle Bauarbeiten für das neue elektronische Stellwerk in Westerland führen auch momentan immer wieder zu Verzögerungen auf der Strecke. Im März gab es außerdem bereits zum dritten Mal in diesem Jahr einen Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL. "Es ist noch nie so schlimm gewesen", betont ein Pendler gegenüber dem NDR und gibt damit der Wut vieler Menschen Ausdruck.
Eine Sprecherin der Bahn sieht die Ursache der aktuellen Probleme in unvermeidbaren kurzfristigen Krankmeldungen und Störungen an der Infrastruktur oder an den Fahrzeugen. Eine kurzfristige Lösung ist jedoch nicht in Sicht.
Züge haben zu wenig Wagen
Ein weiteres Problem sind massive Kapazitätsengpässe, wie Achim Bonnichsen, Sprecher der Pendler-Initiative, verdeutlicht. Teilweise gibt es in der Hauptverkehrszeit tatsächlich nur vier oder sechs Wagen statt der erforderlichen zwölf. Wenn dann Züge vorher oder nachher ausfallen, sind die Wagen restlos überfüllt. Das kann auch dazu führen, dass in Niebüll schon niemand mehr zusteigen kann. Vor und während der bevorstehenden Ostersaison könnte sich die Situation noch weiter verschärfen, wenn sich unter die Pendler zusätzlich auch noch Urlauber aus Niedersachsen, Bremen, Hamburg oder anderen Bundesländern mischen.
"Unmenschlicher Zustand"
Wenn die Pendler nicht nach Sylt kommen, fehlen vor Ort die Arbeitskräfte. Diese müssen aufgrund von Verspätungen oft eine frühere Bahn nehmen, um rechtzeitig bei der Arbeit zu sein. Dieser Zustand sei zermürbend und unmenschlich, berichtet der Sylter Unternehmer Oliver Boettiger. Er fordert die Bahn zum sofortigen Handeln auf. Eine Zweigleisigkeit auf dem Festland wäre eine Möglichkeit. Ansonsten müsse man den Sylt-Damm, wie auf der Nachbarinsel Röm, auch für Autos freigeben. "Damit wären 80 Prozent meiner Probleme weg", betont der Sylter Unternehmer. Für ihn ist die langfristige Konsequenz ohne eine Verbesserung der Situation klar: Niemand möchte mehr nach Sylt zum Arbeiten kommen. Das wäre für die Unternehmen vor Ort eine Katastrophe.
"Die Rufe, die Insel zu verlassen, werden immer lauter", bestätigt auch der Sprecher der Pendler-Initiative Bonnichsen. Die Stimmung bei den Pendlern sei schlecht und es sei unklar, wie lange die Menschen das noch mitmachen wollen und können. Er hofft, dass nach einem Gespräch im April mit DB-Regio und dem Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) endlich konkrete Maßnahmen der Bahn folgen. Viel Hoffnung auf eine Besserung hat er jedoch nicht.