Zwei Tote bei Großbrand in Flensburg
Bei dem Brand in einem Mehrfamilienhaus sind eine Frau und ein vierjähriger Junge gestorben. Neun weitere Menschen wurden verletzt. Neben Helfern tummelten sich auch viele Gaffer vor dem Haus, um das Feuer zu filmen und die Videos in sozialen Netzwerken zu teilen.
Bei dem Großbrand in der Harrisleer Straße in Flensburg sind nach Angaben der Polizei und der Stadt Flensburg am Donnerstag ein Kind und eine erwachsene Person ums Leben gekommen. Die Polizei bestätigte am Freitag, dass es sich um eine Frau und einen vierjährigen Jungen handelt. Neun weitere Bewohner wurden in ein Krankenhaus gebracht. Laut Polizei befinden sich drei von ihnen auf der Intensivstation, Lebensgefahr bestehe jedoch nicht. Zwei Personen konnten das Krankenhaus bereits wieder verlassen. Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack sprach am Freitagmorgen von einer "furchtbaren Tragödie".
Augenzeuge: Menschen sprangen aus dem Fenster
Augenzeugen zufolge hatte ein Mann über eine Leiter das brennende Haus verlassen können, andere seien aus den Fenstern gesprungen. Zuvor hätten die Bewohner zum Teil ihre Matratzen oder Sofas auf die Straße geworfen. Laut Feuerwehr wurden insgesamt neun Menschen verletzt und kamen ins Krankenhaus. Nach Angaben von Wehrführer Carsten Herzog hatten einige Anwohner Rauchgase eingeatmet, andere seien bei der Flucht verletzt worden. Um kurz vor 17 Uhr war das Feuer in dem Dachstuhl des dreistöckigen Mehrfamilienhauses den Angaben zufolge ausgebrochen. Am späten Donnerstagabend war es gelöscht, die Nachlöscharbeiten dauerten bis in die Nacht. Am Freitagmorgen war noch eine Brandwache vor Ort.
Anwohner wollten helfen und versperrten Einsatzkräften den Weg
43 Menschen sind laut Polizei in dem Gebäude gemeldet. Es sei aber nicht bekannt, wie viele von ihnen sich bei Ausbruch des Feuers in dem Haus aufhielten. Zunächst war von bis zu 25 Verletzten die Rede gewesen, was laut Feuerwehr der unübersichtlichen Lage geschuldet war. Vier Freiwillige Feuerwehren, ein Löschzug der Berufsfeuerwehr und 13 Rettungswagen waren innerhalb weniger Minuten am Brandort. Dort seien allerdings die Straßen von Betroffenen und Schaulustigen blockiert gewesen, berichtet Einsatzleiter Marco Litzkow von der Berufsfeuerwehr Flensburg. Vor dem Haus hielten sich den Angaben etwa 100 Menschen auf. Sie mussten teilweise von der Polizei zurückgehalten werden. Flensburgs Feuerwehr-Chef Carsten Herzog unterstellt den Menschen jedoch keine böse Absicht. Sie hätten helfen wollen. "Die ersteintreffenden Einsatzkräfte haben uns berichtet, dass die versucht haben zu helfen, also nicht im negativen Sinne, die Einsatzkräfte bewusst behindert haben", sagte Herzog. "Wir mussten sie ein bisschen beiseiteschieben, um unsere Einsatzmaßnahmen durchführen zu können, brauchten dafür auch polizeiliche Hilfe, aber das war nicht bösartig gewesen."
Polizei mahnt, Gaffervideos nicht zu teilen
Laut Polizeisprecherin Sandra Otte wurden von dem brennenden Haus Videos gemacht. "Wir können nur dazu aufrufen, diese Videos nicht zu teilen. Es sind Menschen betroffen, die natürlich trauern. Wir werden auch strafrechtliche Schritte prüfen", sagte Otte NDR Schleswig-Holstein. Flensburgs Oberbürgermeister Fabian Geyer (parteilos) sagte, er empfinde die filmenden Gaffer als "widerlich". Auch Feuerwehr-Chef Herzog verurteilte dieses Verhalten scharf. "Wenn Menschen um ihr Leben kämpfen, das aufgenommen und gepostet wird und vor allem die Angehörigen auf diese Art davon erfahren - das geht gar nicht."
Um Opfer und Angehörige vor Blicken zu schützen wurde am Donnerstag ein Sichtschutz aufgebaut und ein Linienbus wurde als Aufenthaltsort zur Verfügung gestellt. Der Bereich wurde großräumig abgesperrt.
Treppenhaus stürzte während der Löscharbeiten zusammen
Unklar ist nach Angaben der Feuerwehr, wie sich der Brand so schnell ausbreiten konnte. Vor Ort konnte die Feuerwehr nach kurzer Zeit schon nicht mehr im Inneren löschen, da die Treppe nicht mehr begehbar war. Während der Löscharbeiten stürzte das Treppenhaus nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein zusammen. Die Einsatzkräfte löschten von außen, unter anderem mit zwei Drehleitern. Das Technische Hilfswerk (THW) sicherte das Gebäude und baute Stützen ein. Zur Brandursache lagen nach Polizeiangaben am Abend noch keine Informationen vor.
Brandermittler haben nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein noch in der Nacht ihre Ermittlungen aufgenommen. Der Brandort sei beschlagnahmt und die Straße abgesperrt, hieß es am Freitagmorgen. Eine vollständige Begehung sei aber noch nicht möglich gewesen. Das Gebäude ist demnach stark beschädigt und einsturzgefährdet. THW und die Feuerwehr sicherten zunächst Wände und Decken ab.
Oberbürgermeister äußert sich betroffen
Oberbürgermeister Geyer äußerte sich noch am Donnerstagabend auf einer Pressekonferenz betroffen über den Großbrand. Er habe davon während der Ratsversammlung erfahren. Der Leiter der Berufsfeuerwehr, Carsten Herzog, sagte, er habe in den vergangenen 15 Jahren noch keinen so heftigen Brand erlebt.