Zu viel Abfall: Braucht SH bald mehr Mülldeponien?

Stand: 13.06.2024 16:02 Uhr

Die Kapazitäten könnten in einigen Jahren nicht mehr ausreichen, zeigt eine Studie des Umweltministeriums. Der Minister geht davon aus, dass neue Deponien gebaut werden müssen.

von Johannes Tran

Er versucht gar nicht erst, die Sache schönzureden. Wenn Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) darüber spricht, dass in Schleswig-Holstein neue Mülldeponien gebaut werden sollen, sagt er Sätze wie: "Das ist nie beliebt, das weiß ich. Und es wird auch Widerstand vor Ort geben. Aber irgendwo müssen wir mit dem Zeug hin."

Mit "dem Zeug" meint Goldschmidt den ganzen Abfall, der in Schleswig-Holstein anfällt und nicht recycelt werden kann: Bauschutt, Gießereiabfälle, Schlacken, Aschen. Wenn beispielsweise Straßen gebaut und abgerissen werden, wenn Häuserblöcke hochgezogen oder saniert werden, dann fallen Tonnen von Abfällen an, die nicht wiederaufbereitet werden können. Für sie braucht es Mülldeponien.

Studie prognostiziert Unmengen an Abfall

Eine Studie, die das Kieler Umweltministerium in Auftrag gegeben hat, kommt jetzt zu dem Schluss: Schleswig-Holstein braucht bis 2034 deutlich mehr Platz für Müll. Die Studienautoren des Ingenieurbüros "u.e.c. Berlin" haben untersucht, wie sich die Abfallmengen in den kommenden Jahren entwickeln werden. Sie gehen davon aus, dass die Masse an Müll, der auf Deponien entsorgt werden muss, deutlich zunehmen wird.

Im Jahr 2022 waren das rund 1,2 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Das entspricht dem Gewicht von mehr als 900.000 durchschnittlichen Kleinwagen. Im Jahr 2034 könnte die Müllmenge auf bis zu 2,6 Millionen Tonnen ansteigen, prognostizieren die Studienautoren. Das wäre mehr als das Doppelte des heutigen Volumens. Selbst in einem konservativeren Szenario sagen die Autoren einen Anstieg auf 1,6 Tonnen voraus - 400.000 Tonnen mehr Deponiemüll als zurzeit.

Wird mehr gebaut, fällt mehr Müll an

Der Hauptgrund: In Schleswig-Holstein könnte mehr gebaut werden als in den vergangenen Jahren. Der Bedarf an neuen Wohnungen sei ungebremst hoch, heißt es in der Studie. Außerdem gebe es einen großen "Sanierungsbedarf im Infrastruktursektor". Wenn also wie erwartet mehr Bauprojekte umgesetzt werden, fällt mehr Müll an.

Wohin also mit den Unmengen an zusätzlichem Abfall? Müssen jetzt überall im Land neue Mülldeponien gebaut werden? Oder reicht es aus, die bestehenden Deponien zu erweitern? Die Studienautoren machen hier nur vage Vorschläge. Sie empfehlen, "über den bis 2034 bestehenden Bedarf hinausgehende Deponiekapazitäten zu schaffen." Umweltminister Goldschmidt sagt dazu: "Wir brauchen neue Deponien, eine wird da nicht reichen. Ich gehe davon aus, dass es zwei Deponien sein werden, vielleicht sogar drei." Es gebe im Land "verschiedene Planungen an verschiedenen Orten." Konkreter wird der Minister nicht - vielleicht weil er weiß, wie umstritten der Bau neuer Mülldeponien mancherorts ist.

Proteste von Anwohnern

So hat sich in den Gemeinde Kosel und Gammelby (beide Kreis Rendsburg-Eckernförde) heftiger Widerstand formiert - gegen die Pläne eines privaten Betreibers, eine neue Deponie für Bauschutt zu errichten. Mehr als dreitausend Menschen hatten sich im Dezember an den Petitionsausschuss des Landtages gewandt, um das Vorhaben zu stoppen. Sie argumentieren insbesondere mit dem Naturschutz.

Klar ist: Auch andernorts dürfte es Proteste von Anwohnerinnen und Anwohnern geben, wenn infolge der aktuellen Studie neue Mülldeponien gebaut werden. Minister Goldschmidt sagt dazu: "Deponien sind keine schöne Sache." Die Studie zeige aber: "Wir können nicht länger warten."

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