Zeitreise: Die Geschichte eines Konzentrationslagers
Die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch gibt es seit 24 Jahren. Doch der Weg von der Evakuierung der überlebenden KZ-Häftlinge im Frühjahr 1945 bis zur Gründung war steinig.
Die Kaltenkirchener Nachkriegsgesellschaft will nach 1945 nichts mehr von dem Konzentrationslager wissen. Die Folge: Sie vertuschen, verdrängen und verschweigen die Verbrechen, die in ihrer Nachbarschaft passiert waren. Zwischen September 1944 und April 1945 waren hier im KZ Kaltenkirchen, das ein Außenlager des KZ Neuengamme war, laut Forschungserkenntnissen 1.500 bis 2.000 KZ-Häftlinge interniert. Sie sollten die neuen Start- und Landebahnen für den Militärflughafen bauen, und zwar für den Einsatz der ersten Düsenjäger weltweit. Damit wollte die Wehrmacht Nazideutschland doch noch zu einem Sieg verhelfen.
Wirtschaftswunder statt Erinnerung
Die Lebens und Arbeitsbedingungen waren so schlecht, dass innerhalb von sieben Monaten 192 Häftlinge starben. Nach Kriegsende wurden die ehemaligen Häftlingsbaracken schnell umgenutzt. Geflüchtete aus dem Osten zogen ein. Menschen tranken in der Astra-Stube ihr Bier, betankten ihre Autos - Kriegsidylle auf dem ehemaligen KZ-Gelände, Wirtschaftswunder statt Erinnerung.
Lokalhistoriker lässt sich nicht beirren
Ende der 70er-Jahre beginnt der Bibliothekar und Lokalhistoriker Gerhard Hoch die Geschichte Kaltenkirchens im Nationalsozialismus zu erforschen. Er schreibt ein Buch, das viele - aber vor allem junge Menschen - aufrüttelt. Es ruft aber auch die Gegner des Erinnerns auf den Plan. Hoch wird als Nestbeschmutzer beschimpft, Nachbarn wechseln die Straßenseite, wenn sie ihm begegnen. Unbekannte schmieren ein Hakenkreuz an sein Haus in Alveslohe (Kreis Segeberg). Doch er lässt sich nicht beirren.
Suche nach den Resten des KZ
Im Sommer 1978 kommt es zu einem Treffen von Neonazis im Tannenhof im Nachbarort Lentföhrden. Ein Ereignis, das Oliver Gemballa starkt prägt. Ihn beunruhigt, dass es immer noch Menschen gibt, die nationalsozialistisch denken. Er will etwas tun. Als er bereits in Hamburg studiert, beschließt er im Mai 1996 zusammen mit seiner Freundin Maren Grimm, nach den Resten des KZ-Außenlagers in Springhirsch zu graben. Gerhard Hoch unterstützt die jungen Leute mit seinem Wissen - auch Freundinnen und Freunde helfen. Sie graben immer, wenn sie Zeit haben und das zwei Jahre lang. Irgendwann stoßen sie auf die Latrinenreste einer Baracke. Das sei als Beweis wichtig gewesen, sagt Gemballa.
Gedenkstätte wird gegründet
Im Jahr 2000 schafft eine kleine Gruppe engagierter Menschen um Gerhard Hoch den Durchbruch. Die Gedenkstätte wird gegründet. Geld für Baumaßnahmen auf dem Gelände bekommen sie von der Bürgerstiftung des Landes. Uta Körby erinnert sich, dass es immer nur kleine Summen waren, sodass sie nur in kleinen Schritten die Gedenkstätte entwickeln konnten. Pädagogische Bildungsarbeit leisteten die Ehrenamtlichen von Anfang an. Viele Schulklassen haben seitdem zur Geschichte des Lagers gearbeitet, haben sich mit den Schicksalen der Gefangenen auseinandergesetzt.
Neue Dauerausstellung
Ab dem 3. Februar gibt es nun eine völlig überarbeitete Dauerausstellung. Neu daran ist, dass es nicht nur um die Geschichte des Konzentrationslagers geht, sondern auch um den Umgang damit - um das Verdrängen und die, die dagegen kämpften.