Wohnraum statt Abriss: Alter Supermarkt ist jetzt ein Wohnhaus
Viele Jahre stand in Burg ein Supermarkt mit 1.000 Quadratmeter Ladenfläche leer. Dann kam ein Bauingenieur und hat den Markt in ein Wohngebäude umgebaut. Jetzt sind die ersten Mieter eingezogen.
Für Heidelohre Bohm ist die neue Wohnung in Burg im Kreis Dithmarschen ein Glücksfall. Bisher hat sie in Marne gewohnt. Auf das Umbauprojekt ist sie in den sozialen Netzwerken aufmerksam geworden und hat sofort mit der Baufirma Kontakt aufgenommen. Damals lief der Umbau noch. Burg kam als Wohnort für sie in Frage, weil sie in der Nähe aufgewachsen ist: "Ich habe hier in diesem Supermarkt regelmäßig eingekauft. Wie es hier vorher war, das habe ich noch genau im Kopf", erzählt sie. Wo einmal der Eingang zum Markt war, sind heute ihre Wohnzimmerfenster und eine neu angelegte Terrasse.

Heidelohre Bohm hat die größte Wohnung bezogen: 150 Quadratmeter ist sie groß. Sie wohnt mit ihrer Tochter hier. Die hat das Downsyndrom, ist zudem autistisch und braucht ihren eigenen Rückzugsort. "Es war sehr schwer als alleinerziehende Mutter mit einem behinderten Kind überhaupt eine Wohnung zu finden. Mir wurde teilweise gar nicht zugetraut, eine große Wohnung auch bezahlen zu können", berichtet sie.
Vom fensterlosen Verkaufsraum zur modernen Wohnanlage
Ein Jahr hat der Umbau des alten Supermarkts gedauert. Der Bauingenieur Peter Aschinger hat das Projekt konzipiert und die Bauarbeiten vor Ort geleitet. Er ließ das Gebäude neu dämmen, dazu Fußbodenheizung, barrierefreie Bäder, neue Terrassen und Balkone. Beheizt werden die Wohnungen über zwei große Wärmepumpen für 40.000 Euro. "Bei diesem Standard haben die Mieterinnen und Mieter deutlich geringere Heizkosten. Hohe Nachzahlungen bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung werden die Bewohner nicht haben", verspricht er.
Wichtig sind auch die bodentiefen Fenster dort, wo früher die geschlossenen Außenwände waren. "Bei der Sanierung sind sehr tiefe Wohnungen mit langen Fluren entstanden. Eine besondere Herausforderung war für uns, viel Tageslicht in die Wohnungen zu bringen." Dafür sorgen jetzt 54 neue Fenster und Terrassentüren.
Wohnung mit XXL-Flur und besonderem Grundriss
Um Licht in das Haus zu bekommen, hat auch die Wohnung von Heidelohre Bohm einen ungewöhnlichen Grundriss. "Das hat für mich ein besonderes Flair, also auch der meterlange Flur. Viele sagen, das ist unnützer Raum, das finde ich gar nicht. Mich hat das angesprochen. Und die Wohnung hat insgesamt für mich gleich Gemütlichkeit ausgestrahlt." Sie hat beim Einzug einen Tisch in den fast neun Meter langen Flur gestellt. Außerdem findet dort auch ihr großer alter Kleiderschrank seinen Platz.
"Das ist eine spannende Aufgabe"
Noch während des Umbaus konnte Peter Aschinger zehn von 13 neuen Wohnungen vermieten. Trotz zahlreicher 70-Stunden Wochen sagt er heute, das Projekt habe ihm großen Spaß gemacht. "Wir müssen den Altbestand nutzen und sehen, dass wir da kreativ werden, um die alten Gebäude in Wohnraum umzugestalten." Aschinger will damit Ressourcen sparen und die Umwelt schonen. Denn die Energie, die vor Jahren in die Gebäude gesteckt wurde, müsse weiter genutzt werden, findet er, statt die alten Häuser abzureißen und neu zu bauen - das verursache zu viel klimaschädliches CO2.
Investition nur mit Fördermitteln wirtschaftlich
Die Umsetzung derartiger Projekte ist nur mit staatlicher Förderung möglich, sagt Aschinger. Für jede Wohnung bekam der Bauingenieur einen Kredit über 150.000 Euro zu einem sehr niedrigem Zinssatz. Außerdem bekommt er einen Tilgungszuschuss von 20 Prozent. Trotzdem seien Wohnungen auf diesem Niveau auch in Burg relativ teuer: "Da sind Sie schnell bei 1.000 Euro kalt." Das sind zwischen 7,50 und 13,50 Euro pro Quadratmeter. Aschinger schätzt: Ohne Förderung würden die Mieten 20 Prozent höher ausfallen. Für ihn ist der Neubau ein Pilotprojekt, um zu zeigen: Es kann sich lohnen aus alten Gewerbeimmobilien neuen Wohnraum zu schaffen.
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