So wird ein leer stehender Supermarkt zu Wohnungen umgebaut
Jahrelang stand ein Supermarkt in Burg im Kreis Dithmarschen leer. Jetzt wandelt ein Bauingenieur aus Heide den Markt in Wohnungen um.
Das Vordach eingebeult, verbogenes Gestänge vor dem Eingang, abgeklebte Fenster - der leerstehende Supermarkt in Burg in Dithmarschen bot über Jahre einen tristen Anblick. Drei Wohnungen befanden sich über dem Laden, zwei waren noch vermietet. Bauingenieur Peter Aschinger kennt das Geschäft gut, er hatte dort regelmäßig eingekauft. "Nebenan war ein Eisenwarenhandel, da habe ich meine erste Bohrmaschine gekauft, das weiß ich noch." Jetzt lässt er den leer stehenden Komplex in ein neues Wohnhaus umwandeln.
Wohnen, wo früher eingekauft wurde
"Dann lassen Sie uns mal reingehen in die gute Stube!" Bauingenieur Peter Aschinger ist jeden Tag auf seiner Baustelle und zeigt gern den Rohbau seines Projekts. "Hier war früher der Kassenbereich. Dort hinten stand die Wursttheke." 13 Wohnungen entstehen hier, allein acht davon im ehemaligen 1.000 Quadratmeter großen Verkaufsraum. Den hat er komplett entkernen lassen. Jetzt werden dort die neuen eingezogenen Wände verputzt, Fußbodenheizungen verlegt und Monteure bauen in den ersten Wohnungen bereits die Küchen ein.
"Das Problem ist, dass wir lange Wohnungen bekommen mit einer großen Tiefe. Deshalb mussten wir in der Außenfläche Fenster kreieren. Um den natürlichen Lichteinfall sicher zu stellen", beschreibt Aschinger eine der Herausforderungen beim Umbau der ehemaligen Einzelhandelsfläche. Doch nicht überall lassen sich im tiefen Inneren des Gebäudes Fenster einsetzen. Peter Aschinger steht mit ausgebreiteten Armen in einem großen, leerstehenden Raum. "Das wird hier der Abstell- und Fahrradraum."
Von einer Bauruine zum energieeffizienten Wohnhaus
Das leerstehende Gebäude wurde als "Worst performing Building" eingestuft, sagt der Bauingenieur. Es war ungedämmt und über Jahre ungeheizt. Jetzt bekommt das Gebäude eine neue Außenhülle. Die Decken in den Wohnungen werden mit Steinwolle gedämmt. Peter Aschinger will die Ruine für rund 3,5 Millionen Euro in ein Effizienzhaus nach modernstem Standard umwandeln. Jede Wohnung bekommt eine automatische Lüftung, dafür bohren die Installateure 60 Luftkanäle in die Außenwand. "Das System sorgt dann für einen gleichmäßigen Luftwechsel, damit die Bewohner nicht permanent lüften müssen."
Förderungen machen den Umbau wirtschaftlich sinnvoll
Das Gebäude soll halb so viel Energie verbrauchen, wie ein normal gedämmtes Haus. Und deshalb bekommt er für den Umbau Förderungen. Das sind günstige Kredite und Tilgungszuschüsse der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Bank).
"Umwandlungen in energieeffiziente Wohngebäude werden so gut gefördert, dass es sich wirtschaftlich lohnt. Das ist aus Investorensicht das Interessante an dem Projekt." Bauingenieur Peter Aschinger
Abreißen und neu bauen, das sei bei den aktuellen Preisen nicht möglich. Im Bau habe es eine Preisexplosion von 40 Prozent gegeben. "Dann müssten wir 20 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter nehmen." Außerdem seien die Förderprogramme zu unattraktiv für die Investoren.
80.000 Wohnungen könnten so in Schleswig-Holstein entstehen
Professor Dietmar Walberg von der Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen schätzt: Beim Umbau von Gewerbeflächen könnten in Schleswig-Holstein mindestens 80.000 Wohnungen entstehen. Verwaltungsgebäude eignen sich dafür. Nach Corona stehen viele ehemalige Büroflächen leer. Die Innenstädte wandeln sich. Das Onlinegeschäft boomt und zwingt Einzelhändler zur Aufgabe. Geschäfte stehen leer.
"Einen Supermarkt umzubauen, das passiert nicht oft in Schleswig-Holstein, das ist schon anspruchsvoll. Ich finde das super." Professor Dietmar Walberg, Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen
"Einfach ist das nicht", gibt Peter Aschinger zu. Kraftraubend sei das. "Aber es bringt mir auch unheimlich viel Spaß." Noch befindet sich die Umwandlung leer stehender Gewerbeflächen in den Anfängen. „Wir brauchen mehr solcher Projekte. Denken sie an Kibek in Elmshorn. Da ist ein ganz neues Wohnquartier mit sozialem Wohnungsbau entstanden“, schwärmt Dietmar Walberg.
Aus dem Parkdeck werden Stellplätze
Eine Herausforderung beim Burger Projekt war auch die Sanierung des Parkdecks. Ähnlich wie die Kunden früher sollen auch die neuen Mieter dort parken. Der alte Belag kam runter und die ganze Fläche wurde mehrfach neu abgedichtet.Vor wenigen Tagen haben Asphaltierer das Deck neu verlegt.16 Stellplätze entstehen hier. "Wir mussten hier ein neues, leichtes Gefälle einbauen, damit das Regenwasser abläuft und wir ein neues funktionsfähiges und trockenes Parkdeck bekommen." Um nicht auf böse Überraschungen zu stoßen, hatte Aschinger ein Baustofflabor kommen lassen, um den Untergrund zu untersuchen. Asbest und andere Problemstoffe hätten die Experten jedoch nicht entdeckt.
Umbau im Februar abgeschlossen
Die Umwandlung oder das Bauen im Bestand ist sehr aufwendig, erzählt Peter Aschinger.
"Brandschutz, und dann die physikalischen Gegebenheiten, sie müssen viel beachten und es ist nicht einfach. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich das nicht gemacht." Bauingenieur Peter Aschinger
Aber es ist eben eine Möglichkeit aus alten Gebäuden etwas zu machen. Und das findet er spannend. Dennoch sei er froh, wenn das Projekt kommendes Jahr abgeschlossen ist. Und dann? Er überlegt kurz und muss lachen: "Na ja, ich habe zu Hause die gelb-rote Karte bekommen, deshalb werde ich erst einmal kein weiteres Projekt übernehmen." Aber der Fortschritt sei da und wenn alles fertig ist, dann sei der Stress auch wieder vergessen. Jedenfalls sieht Peter Aschinger für sein Ingenieurbüro eine große Chance, sich hier ein neues Standbein zu schaffen. Denn die Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnraum sei hochaktuell.