Wedel muss bald an die Abwahl-Urne
Wedel könnte bald seinen Bürgermeister Gernot Kaser abwählen. Am Donnerstagabend hat eine große Mehrheit in der Ratsversammlung für ein Abwahlverfahren gestimmt.
Das Wedeler Rathaus (Kreis Pinneberg) kommt aktuell nicht zur Ruhe. Erst vor wenigen Tagen berichtete der SHZ, der Bürgermeister habe - wohl mit Blick auf die Sitzung seines Stadtrates am Donnerstag - Unterlagen geschreddert.
Gernot Kaser (parteilos) äußerte sich dazu nur auf seiner Facebookseite, wies die Vorwürfe dort zurück. Es seien lediglich Kopien und private Notizen gewesen. NDR Schleswig-Holstein teilte der vor zwei Jahren ins Amt gewählte Bürgermeister schriftlich mit, eine saubere Übergabe für seine Vertretung vorzubereiten und keine Zeit für Interviews zu haben.
Deutliches Votum gegen Gernot Kaser
Donnerstagabend hat die Ratsversammlung entschieden, dass der Österreicher seinen Posten mindestens vorläufig räumen muss. Nach Angaben des SPD-Fraktionsvorsitzenden stimmten 38 von 39 Anwesenden für ein Abwahlverfahren gegen Kaser. Es war ein Antrag aller Ratsfraktionen, schon vor der Abstimmung ging man im Stadtrat unter vorgehaltener Hand von einem sehr deutlichen Ergebnis zugunsten des Antrags aus.
Wedels Wahlberechtigte haben es jetzt selbst in der Hand: Zur Europawahl im Juni sollen dann nicht nur Wahl- sondern auch Abwahl-Zettel ausgeteilt werden.
93 Prozent seiner Mitarbeitenden unzufrieden
Wie ist es überhaupt zu der Situation gekommen? Eine Umfrage des Personalrats der Kommune gibt Eindrücke: 93 Prozent der Befragten gaben in einer im November 2023 im Stadtrat diskutierten Umfrage an, die Stimmung und das Betriebsklima in der Verwaltung haben sich seit Amtsantritt Kasers "verschlechtert" oder "sehr verschlechtert".
"Klima der Angst"
Auch die Vorsitzende des Personalrats der Stadt Wedel, Yvonne Wild, spricht von einem "Klima der Angst". "Ich habe in diversen Gesprächen gesagt bekommen, es würde den Mitarbeitenden mit rechtlichen Schritten gedroht, sollten sie sich gegen den Bürgermeister äußern. Hier sind alle gerade extrem vorsichtig damit, was sie sagen." Dabei sei man zu Beginn seiner Amtszeit sehr offen auf ihn zugegangen, viele hätten sich über den "frischen Wind" gefreut.
Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister läuft noch
Die Vorgänge im Wedeler Rathaus beschäftigen mittlerweile auch das Innenministerium in Kiel. Gegen Gernot Kaser läuft dort ein Disziplinarverfahren. Es bestehe der Verdacht, dass der Bürgermeister gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen habe, so eine Sprecherin des Innenministeriums.
Probleme in Verwaltungen: Wedel reiht sich ein
Die Probleme zwischen Stadtrat, Verwaltung und dem Bürgermeister in Wedel sind dabei kein Einzelfall. Erst kürzlich trat Jens Ritter (parteilos) in St. Peter-Ording von seinem Amt zurück und kam so einem Abwahlverfahren zuvor, Bad Bramstedts Bürgermeisterin Verena Jeske (parteilos) schlug im Dauerclinch mit dem Stadtrat 2023 selbst eine Abwahl vor und Horst Mattig (SPD) wurde 2022 in Dänischenhagen aus dem Amt gewählt. Wie es mit der Chefetage im Wedeler Rathaus weitergeht, wird sich zeigen müssen.