Warten statt Düngen: Dauerregen stellt Bauern in SH vor Probleme
Dauerregen hat in den vergangenen Monaten für aufgeweichte Felder und Wiesen in Schleswig-Holstein gesorgt. An Düngen und Bestellen ist aktuell nicht zu denken. Das könnte Auswirkungen auf die Ernte haben.
Mit einem dumpfen Schmatzen versinken die Gummistiefel von Klaus Pritschau bei jedem seiner Schritte in der braun-grauen Matschlandschaft am Rande von Stockelsdorf bei Lübeck. Wo der Landwirt im vergangenen Jahr noch Zuckerrüben und Mais erntete, durchziehen das Ackerland heute etliche Wasserläufe, die an einigen Stellen in kleine Seen münden. Dass es hier aktuell mehr nach Priellandschaft im Wattenmeer als nach fruchtbarem Boden aussieht, liegt vor allem an einer Sache: dem Wetter. "Im letzten Quartal 2023 sind hier circa 350 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen - das ist so viel wie sonst in einem halben Jahr", sagt Pritschau. Und auch in diesem Jahr regnete es bisher munter weiter. Zu viel für seine Äcker. Der Boden könne mittlerweile keine Flüssigkeit mehr aufnehmen - deshalb staue sich das Wasser jetzt an der Oberfläche.
Wer düngen will, braucht trockene Felder
Mitte Februar beginnen viele Landwirte mit der Düngung ihrer Felder. Die Nährstoffe in der Gülle versickern dabei normalerweise schnell im Boden und die Saat profitiert später davon. Aktuell würde das Einsickern aber von einem dünnen Wasserfilm verhindert werden, der sich durch den Dauerregen auf dem Feld gebildet hat. Würde man heute auf dem überschwemmten und wassergesättigten Boden düngen, würde er die Nährstoffe der Gülle nicht aufnehmen. Durch das Regenwasser könnten die Stoffe ins Oberflächen- oder Grundwasser geschwemmt werden, und so zur Umweltbelastung werden – Düngen ist deshalb verboten.
In Pritschaus Fall sorgt der Wasserfilm zusätzlich dafür, dass das Regenwasser nicht in die etwa 60 Zentimeter unter der Ackeroberfläche liegenden Drainagen gelangt und abgeleitet werden kann. Das Benutzen von schweren Landwirtschaftsmaschinen ist dadurch unmöglich. "Aufs Feld kann ich aktuell nur mit einem alten Traktor Baujahr 1960", sagt Pritschau. Mit ihm fährt er leichtes Gerät auf die Ackerfläche, um seine Drainagen freizulegen. Dadurch sollen sie immerhin bei kommenden Regenfällen ihren Zweck erfüllen.
Gibt es nun einen Grund zur Unruhe?
Trotz der Regenfälle bleibt Pritschau aktuell noch gelassen. "Dass das Wetter unberechenbar ist, sind wir Landwirte gewohnt. Wir müssen abwarten und auf eine längere Trockenphase hoffen, damit wir mit der Bewirtschaftung beginnen können", sagt er. Daniela Rixen von der Landwirtschaftskammer in Schleswig-Holstein hofft ebenfalls auf trockene Bedingungen - denn das Düngen eile: "Einige Bestände - insbesondere die Winterkulturen Raps und Getreide - bräuchten jetzt auch die erste Stickstoffgabe. Und das erfolgt nicht." Einzelne Landwirte müssten dadurch bereits ihre Bestände umbrechen oder nachsäen.
Die Zukunft für Landwirte ist ungewiss
1.300 Hektar Land bewirtschaftet Pritschau in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt. Wann es für ihn und seine 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder aufs Feld geht, ist ungewiss. Auch in den kommenden Tagen soll es immer wieder regnen. Daher heißt es wohl auch in den nächsten Wochen: Maschinen warten und die Getreidetrocknung reparieren statt Feldarbeit. In den kommenden Jahren erwartet er weitere Herausforderungen durch das Wetter: "Ich mache mir auch Gedanken über den Klimawandel. Mein Eindruck ist, dass die Wetterperioden länger werden", sagt er. Wo es früher mal zwei Wochen durchgeregnet habe, seien es heute häufig sechs. Wenn diese Extreme zunehmen würden, werde es für Landwirte nicht einfacher.