Warntag 2022: Warn-Mix hat in Schleswig-Holstein funktioniert
Nachdem der erste bundesweite Warntag vor zwei Jahren ein Flop war, hat es diesmal in Schleswig-Holstein besser geklappt: Laut Behörden lag das am Mix aus verschiedenen Warnmitteln, die dieses Mal zum Einsatz kamen.
Sirenengeheul in der Kieler Innenstadt: Aus einem runden, weißen Gerät auf dem Dach eines Feuerwehrautos schallt das Geräusch über den Bootshafen. Die Landeshauptstadt setzt auf mobile Sirenen, denn fest verbaute gibt es hier keine mehr. Drei solcher Geräte waren am Donnerstag im Einsatz, um die Warnsignale zu testen: am Dreiecksplatz, am Bootshafen und am Blücherplatz. "Unser Konzept ist aufgegangen", sagt Feuerwehr-Amtsleiter Thomas Hinz. Alle drei Sirenen hätten wie geplant funktioniert.
Auch in Lübeck gibt es keine festen Sirenen mehr, 30 mobile sollen erst angeschafft werden. Dementsprechend still blieb es. Das gleiche gilt für Flensburg und den Kreis Ostholstein, auch dort sind alle Sirenen außer Betrieb. In ganz Schleswig-Holstein wurden seit dem Kalten Krieg etwa die Hälfte der ehemals 5.000 Sirenen abgebaut, so Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU): "Das war vielleicht eine Hoffnung, dass man nach dem Kalten Krieg gesagt hat: Möglicherweise brauchen wir diese Sirenen nicht mehr. Und jetzt merken wir, dass wir sie doch brauchen." Die Flut im Ahrtal 2021 und auch der Krieg in der Ukraine hätten das gezeigt.
Testlauf vorerst bestanden
Ein flächendeckendes Sirenennetz soll zwar wieder aufgebaut werden, doch das steht erst am Anfang, so die Innenministerin. Deswegen setzen die Behörden auf einen Warn-Mix, der am Donnerstag um elf Uhr seinen ersten Testlauf hatte: Neben den verbliebenen Sirenen ging die Probewarnung auch über Warn-Apps, Cell-Broadcasting und Radio- und Fernsehansagen raus. "Mein erster Eindruck ist, dass wir in Schleswig-Holstein zufrieden sein können", sagt Innenministerin Sütterlin-Waack. "Unsere Warn-Apps haben dieses Mal funktioniert, Cell-Broadcasting hat um elf Uhr auch ausgelöst."
Schwachstellen erkennen durch Testlauf
Bei den Sirenen sei im Vorfeld bekannt gewesen, dass diese noch nicht zentral über das Modulare Warnsystem angesteuert werden können, so Sütterlin-Waack. Da, wo es technisch möglich war, hätten die Rettungsleitstellen des Landes um elf Uhr einen einminütigen Warnton ausgelöst - und eine Dreiviertelstunde später den Entwarnungston. In fünf Kreisen hätte das mit leichter Verzögerung funktioniert. Im Kreis Schleswig-Flensburg blieb das Signal ganz aus: Laut Rettungsleitstelle Nord lag das daran, dass eine falsche Zieladresse hinterlegt war. Das Signal habe die Sirenen deshalb nicht erreicht.
"Das zeigt nur einmal mehr, wie wichtig solche Testläufe immer wieder sind", so Sütterlin-Waack. Nur wenn man Systeme testet, könne man auch Schwachstellen erkennen. Dieses Mal habe es zwar auf den ersten Blick wenig Überraschungen gegeben, es gebe aber noch viel zu tun, wie beim Wiederaufbau der Sirenen: Etwa 2.600 gibt es momentan im Land - und von denen sind bei weitem nicht alle einsatzfähig: Bei vielen davon handele es sich um kommunale Sirenen, die ausschließlich von den Kommunen zur Feuerwehralarmierung eingesetzt werden, erklärt Ralf Kirchhoff, Leiter des Referats Feuerwehrwesen und Katastrophenschutz im Innenministerium: "Die sind gar nicht zentral anzusteuern." Das Ziel sind 5.000 Sirenen landesweit. Das Innenministerium geht davon aus, dass das 55 Millionen Euro kosten wird.
Auswertung kommt nächste Woche
Im Kreis Herzogtum Lauenburg gibt es noch 270 Sirenen. Ob die alle zu hören waren, müssten die Kommunen nun an den Kreis zurückmelden, so die Kreisverwaltung. Die Auswertung gebe es erst nächste Woche. Das gleiche gilt für den Kreis Steinburg mit 282 Sirenen: "In vielen Orten hat es gut funktioniert, sowohl die Sirenen wie auch das Cell-Brodcast", sagte eine Kreissprecherin. Die Detailauswertung folge dann in der nächsten Woche. Das gleiche gilt für den Kreis Pinneberg mit 206 Sirenen.
Zum ersten Mal dabei: Cell-Broadcasting
Zum ersten Mal wurde am Donnerstag auch das Cell-Broadcasting getestet: Dabei bekommen alle Handys eine Warnung, die in einer bestimmten Funkzelle angemeldet sind, in der gerade Alarm ausgelöst wird. Eine Warnung kann regional begrenzt werden oder über mehrere Funkzellen eine größere Region erreichen. Oder wie beim Testlauf um elf können auch bundesweit alle Funkzellen direkt auslösen. Das System soll ab dem 23. Februar 2023 zum Einsatz kommen.
Nach Angaben der Kreise ist der Testlauf mit dem Cell-Broadcasting gut gelaufen. Eine Sprecherin des Kreises Dithmarschen sagte, das Cell-Broadcast habe funktioniert, lediglich die App "KatWarn" sei verzögert ausgelöst worden. Einige Bürger hätten zudem mit diesem neuen System Probleme gehabt und teilweise den Notruf angerufen, um sich über die Lautstärke der Warnung zu beschweren.
Rückmeldung zum Cell-Broadcasting erwünscht
Um auswerten zu können, wie flächendeckend das Cell-Broadcasting funktioniert hat, ruft Innenministerin Sütterlin-Waack dazu auf, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) zu melden, ob die Testwarnung einging. Das BKK hat dafür eine Seite eingerichtet. Auch in der Warnapp NINA kann Rückmeldung gegeben werden.
Zu früh für abschließende Ergebnisse
Vor einer Woche ist Innenministerin Sütterlin-Waack davon ausgegangen, mit dem Warntag etwa die Hälfte der Menschen in Schleswig-Holstein zu erreichen. Beim Cell-Broadcasting bekommen nur die eine Warnung, deren Gerät auf dem neusten Stand ist. Wer keine solche Warnung bekommen hat, kann beim BKK nachsehen, ob die technischen Voraussetzungen für den Empfang gegeben sind. Auch das Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ist zufrieden mit dem Warntag: "Das Zusammenspiel der Systeme hat funktioniert", so BKK-Präsident Ralph Tiesler. Für abschließende Ergebnisse sei es aber noch zu früh.