Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes demonstrieren in Kiel unweit des Landtages. © NDR Foto: Pavel Stoyan
Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes demonstrieren in Kiel unweit des Landtages. © NDR Foto: Pavel Stoyan
Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes demonstrieren in Kiel unweit des Landtages. © NDR Foto: Pavel Stoyan
AUDIO: Öffentlicher Dienst: Ver.di und GEW demonstrieren in Kiel (1 Min)

Warnstreiks in SH - Öffentlicher Dienst im Tarifstreit

Stand: 13.02.2025 14:33 Uhr

Für Donnerstag hat ver.di die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Schleswig-Holstein zum Streik aufgerufen. In Lübeck und Kiel gab es größere Kundgebungen. Nachdem ein Auto in eine ver.di-Demo in München gefahren ist, gab es eine Schweigeminute in Kiel.

In Teilen des öffentlichen Dienstes gibt es am Donnerstag erneut Warnstreiks: Ver.di ruft die Beschäftigten dazu auf, ihre Arbeit niederzulegen. Wie die Gewerkschaft mitteilt, können landesweit Einrichtungen davon betroffen sein. Ein Schwerpunkt bildete der Großraum Lübeck: In der Hansestadt gab es am Vormittag ein Treffen am Gewerkschaftshaus, worauf die Beschäftigten bei einer Demonstration durch die Innenstadt gezogen sind.

In Kiel gab es eine Kundgebung vor den Büros des Kommunalen Arbeitgeberverbandes in der Nähe des Landeshauses. Zuvor sind am Vormittag laut Polizei etwa 2.000 Streikende durch die Kieler Innenstadt gezogen. Auch in Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) gab es eine Protestaktion.

Aufruf zum Warnstreik in öffentlichen Einrichtungen

Bestreikt werden könnten am Donnerstag unter anderem:

  • Kommunale Senioreneinrichtungen
  • Kommunale Krankenhäuser
  • Kommunale Ordnungsdienste und Stadtreinigung
  • Städtische Theater
  • Energieversorgungsunternehmen und Entsorgungsbetriebe
  • Allgemeine Verwaltung
  • Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes, wie Kindertagesstätten
  • Sparkassen
  • Bundeswehrdienststellen

Rund 2.000 Mitarbeitende im Rettungsdienst zum Warnstreik aufgerufen

Auch bei den Rettungsdienst, den Regio Kliniken und der Lebenshilfe in Ostholstein, Stormarn und Herzogtum-Lauenburg sowie in den umliegenden Gemeinden sind rund 2.000 Mitarbeitende zum Warnstreik aufgerufen worden, so ver.di. Die Gewerkschaft selbst rechnete vorher nicht damit, dass sich sämtliche Angestellten beteiligen. Laut ver.di-Gewerkschaftssekretärin Franziska Dieckmann gibt es Notdienstvereinbarungen mit den Regio Kliniken und den Rettungsdienstkooperationen. Der Notruf 112 wird bedient, es wird zu Notfalleinsätzen ausgerückt - das gilt auch für Notarzteinsatzfahrzeuge. Nicht lebensnotwendige Krankentransporte hingegen könnten ausfallen. Mit der Lebenshilfe gibt es laut ver.di keine Notdienstvereinbarung, da hier keine Gefahr für Leib und Leben bestehe - jedoch könnte es Ausfälle bei Kitas und ähnlichen Einrichtungen geben. Die Nachtdienste der Anbieter seien nicht betroffen.

Zu Einschränkungen kam es am Donnerstag außerdem im Schiffsverkehr: Die Beschäftigten der ansässigen Wasser- und Schifffahrtsämter Elbe und Ostsee sollten ihre Arbeit niederlegen. Dazu gehören unter anderem die Schleusenbetriebe am Nord-Ostsee-Kanal in Kiel und Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen). Ver.di ging deshalb davon aus, dass keine Schiffe auf dem Kanal fahren werden.

Auswirkungen für Dithmarschen, Steinburg und südliches Nordfriesland

  • In Brunsbüttel wird von 6 - 22 Uhr kein Schiff geschleust.
  • Die NOK-Fähre "Kudensee" fährt bis 20 Uhr nicht.
  • Beim KiTa-Zweckverband Heide-Umland ist die Kita Morgenstern in Heide komplett geschlossen.
  • Andere Kitas haben eingeschränkte Öffnungszeiten. Die Eltern sind informiert worden.
  • Im Kreis Steinburg finden keine ambulanten Fahrten und keine geplanten Transporte des Rettungsdienstes statt. Notfälle werden versorgt.
  • Der Kreis Dithmarschen ist vom Streik beim Rettungsdienst nicht betroffen.

Auswirkungen für Kiel, Neumünster, Rendsburg-Eckernförde und Plön

  • Nach Angaben der Gewerkschaften sind städtische Kindertagesstätten, Kreisverwaltungen, Zulassungsstellen und die Verkehrsüberwachung betroffen.
  • In Kiel werden keine Schiffe in den Nord-Ostsee-Kanal geschleust.
  • Ein großer Demonstrationszug vom Gewerkschaftshaus zum kommunalen Arbeitgeberverband in der Nähe des Landeshauses kann am Vormittag für Einschränkungen im Verkehr sorgen.

Auswirkungen für Lübeck, Ostholstein, Stormarn und Herzogtum Lauenburg

  • Bestreikt werden unter anderem die kommunalen Kitas, die städtischen Senioreneinrichtungen und die Kreisverwaltungen.
  • Auch die Sana-Kliniken Lübeck und Rettungsdienste in Ostholstein und Herzogtum-Lauenburg sowie die umliegenden Gemeinden arbeiten nur eingeschränkt.

Auswirkungen für Pinneberg, Segeberg und Stormarn

  • Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Winterdienstes in Bad Oldesloe arbeiten im Notbetrieb. Der Fokus liegt hier auf den Hauptstraßen.
  • Die Beschäftigten der Regio-Kliniken und der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung im Kreis Pinneberg und das RKiSH streiken ebenfalls. Eine Notfallversorgung ist aber sichergestellt.

Auswirkungen für Flensburg, Schleswig-Flensburg und Nordfriesland

  • Laut Technischem Betriebszentrum (TBZ) wird der Müll nicht überall abgeholt.

Mehrere Tausend streikten vergangene Woche

Bereits vergangene Woche Mittwoch hatten sich laut ver.di etwa 4.500 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Schleswig-Holstein an einem Warnstreik beteiligt. Etwa 4.000 davon waren bei Demos und Kundgebungen landesweit auf den Straßen.

VIDEO: Öffentlicher Dienst: Mehr als 4.000 Beschäftigte streiken (3 Min)

Nach erster Verhandlungsrunde: ver.di will Zeichen setzen

Ver.di begründet die erneuten Warnstreiks mit den aus ihrer Sicht nicht zufriedenstellenden Ergebnissen der ersten Gesprächsrunde mit den Arbeitgebern. Die Gewerkschaft wirft ihnen vor, weder ein Gegenangebot noch eine praktikable Lösung für die Überlastung der Beschäftigten angeboten zu haben. Stattdessen hieß es von ihnen, es gäbe keinen Personalmangel im öffentlichen Dienst. "Diese Bemerkung ist für die Gewerkschaft und die Beschäftigten ein Schlag ins Gesicht", so Gewerkschaftssekretär Markus Ameln.

Die Gewerkschaften fordern im Tarifstreit von Bund und Kommunen acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr pro Monat sowie drei Tage mehr Urlaub für alle Beschäftigten. Für besonders belastende Tätigkeiten soll es höhere Zuschläge geben. Die Ausbildungsgehälter und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden.

Die Arbeitgeberseite hat in der ersten Verhandlungsrunde noch kein Angebot abgegeben.

Arbeitgeberverband: Forderungen zu sind zu hoch

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat kein Verständnis für die Warnstreiks in Schleswig-Holstein. Niklas Benrath, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, teilte auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit: "Jeder, der einmal bei Tarifverhandlungen dabei war, weiß, dass in der ersten Runde grundlegende Positionen und Ziele ausgetauscht werden müssen. Die Bürgerinnen und Bürger mit Streiks zu belasten, obwohl die inhaltlichen Verhandlungen noch nicht einmal starten konnten und obwohl wir bereits zwei weitere Verhandlungstermine vereinbart haben, ist inakzeptabel."

Landrat Jan Peter Schröder (Kreis Segeberg) aus dem Vorstand des Kommunalen Arbeitgeberverbands hingegen zeigt Verständnis: "Ich kann die Sorgen auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zeiten immer weiter steigender Preise nachvollziehen." Schröder betont aber auch: "Alle schleswig-holsteinischen Kommunen stehen unter einem massiven finanziellen Druck. Jeder Euro hier fehlt uns an anderer Stelle für Leistungen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger."

Forderung nach mehr Urlaub der Situation nicht angemessen

Der Landesgeschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes in Schleswig-Holstein, Jan Jacobsen, ergänzte in Bezug auf die Forderung nach drei weiteren Urlaubstagen: "Zu Zeiten, wo auch ver.di darüber klagt, dass nicht genügend Beschäftigte vorhanden sind, führen weitere Urlaubstage natürlich dazu, dass noch weniger Personal zur Verfügung steht." Und dies, argumentiert Jacobsen, führe dann ja zu einer Leistungsverdichtung und gerade einer Mehrbelastung der Beschäftigten. Zudem seien die Gehaltsforderungen mit Blick auf die leeren Haushaltskassen zu hoch, findet Jacobsen.

Die nächsten Verhandlungsrunden finden am 17. oder 18. Februar und Mitte März in Potsdam statt. Ver.di schließt nicht aus, dass es auch in den kommenden Wochen zu Warnstreiks kommen kann.

Auto fährt in ver.di-Demo in München: Schweigeminute bei Demo in Kiel

Die Demonstrationen in Schleswig-Holstein am Donnerstag wurden überschattet von einem Vorfall bei einer Protestaktion der Gewerkschaft ver.di in München. In der Innenstadt ist ein Auto in die Demonstration gefahren - dabei wurden laut Angaben der Feuerwehr mindestens 20 Menschen verletzt. Auf der Kundgebung in Kiel herrschte deshalb tiefe Betroffenheit - die rund 2.000 Beschäftigten hielten eine Schweigeminute ab. "Es kommt nicht oft vor, dass gestandene Gewerkschafter mit Tränen in den Augen auf der Bühne stehen", sagte ein ver.di-Sprecher. Zum Ende der Warnstreik-Kundgebung lösten die Gewerkschaften die Veranstaltung auf.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 12.02.2025 | 17:00 Uhr

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