Vogelwart auf Trischen: Der einsamste Job in SH
Jedes Jahr entsendet der NABU einen Naturschutzwart auf die Sandbank Trischen vor der Meldorfer Bucht. In diesem Jahr bleibt Jakob Wildraut dort. Er kennt die Insel noch aus seinem Freiwilligendienst bei der Schutzstation Wattenmeer in Friedrichskoog.
Plötzlich unterbricht Jakob Wildraut das Telefonat. "Oh, ein Schwarzmilan am Himmel", sagt der 30-Jährige, "den hatte ich noch nicht. Klasse!" Wie klasse die Entdeckung des Greifvogels tatsächlich ist, sieht Wildraut aber erst später, nachdem er in seinen Unterlagen geblättert hat: "Die letzte dokumentierte Sichtung auf Trischen ist von 2016. Das war also schon ein Highlight", erzählt Jakob Wildraut.
Wildraut ist mehr als nur ein Vogelwart
Der 30-Jährige ist seit Ende März der Naturschutzwart des NABU auf der Insel Trischen vor der Meldorfer Bucht (Kreis Dithmarschen). Oft ist nur vom "Vogelwart" die Rede, was insofern nicht ganz verkehrt ist, weil damit die Hauptaufgabe des Jobs gut beschrieben ist: Jakob Wildraut dokumentiert vor allem Brutbestände und -erfolg von ungefähr 30 verschiedenen Vogelarten, darunter Austernfischer, Feldlerchen, Fluss-Seeschwalben, Lachmöwen und Brandgänse. Zudem notiert er Anzahl und Verhalten der Zugvögel, die die Insel auf ihrem Weg zum Festland passieren. Und er zählt die Schiffe, die rund um Trischen unterwegs sind.
Sieben Monate allein auf einer Insel
Sieben Monate wird der 30-Jährige allein auf der Insel sein. In dieser Zeit lebt er in einer Holzhütte auf Stelzen, die ungefähr 16 Quadratmeter im Inneren misst. Es gibt eine kleine Kochzeile, ein Bett, einen Schreibtisch, eine Kommode und einen Ofen, der an kalten Tagen mit Holz beheizt werden kann. Einmal die Woche kommt jemand per Boot, um Wasser und Nahrungsmittel zu bringen - der einzige regelmäßige Kontakt für Jakob Wildraut. "Vor dem Alleinsein hatte ich den größten Respekt", erzählt er. "Tatsächlich fühle ich mich aber nicht allein, nicht abgeschnitten." Per Handy hält er Kontakt zu Freunden und Familie.
Jakob Wildraut ist Ornithologe, also Vogelkundler. In Freiburg hat der gebürtige Westfale bis vor zwei Jahren Umweltwissenschaften studiert. Danach arbeitete er freiberuflich zum Beispiel für Umweltbüros. Den Job des Vogelwarts auf Trischen kennt er noch aus seinem Freiwilligendienst bei der Schutzstation Wattenmeer in Friedrichskoog - zehn Jahre ist das her. "Seitdem hatte ich das im Kopf, das auch einmal zu machen", sagt Wildraut. Als die Stelle dann ausgeschrieben war, bewarb er sich.
Ein Naturschutzwart hat viele Aufgaben
Neben der Erfassung der Brutvögel hat der Naturschutzwart noch viele andere Aufgaben. Zum Beispiel, die Veränderung der "wandernden" Insel an sich festzuhalten: "Trischen ist stetig im Wandel und wird tendenziell kleiner", sagt Wildraut. Um diese "Inseldynamik" festzuhalten, läuft er die Wasserkante ab und hält die Vegetationsgrenze fest. Zudem beteiligt er sich an Projekten, bei denen zum Beispiel der Verwesungsprozess von Seehunden und Schweinswalen begleitet wird.
Jakob Wildraut hofft, in seiner Zeit noch einige seltene Tiere und vor allem Vögel zu sehen - wie den Schwarzmilan zum Beispiel. "Auch über eine Lachseeschwalbe würde ich mich freuen - eine der letzten Brutkolonien Mittel- und Nordeuropas existiert in Neufeld bei Brunsbüttel", sagt Wildraut. Und worauf er sich außerdem freut: "Schönes Wetter, sodass ich hier am Strand vielleicht auch mal schwimmen gehen kann."