Transfarmation - Vegane Brüder krempeln Milchviehbetrieb um
Klimawandel und Tierwohl - aus ethischen Gründen leben die Brüder Maik und Marco Möller seit einigen Jahren vegan. Dass sie gerade den Milchviehbetrieb ihrer Eltern in Lentföhrden übernehmen, sehen sie als Chance für Veränderung.
Den Spaltenboden, die Stangen zum Fixieren der Rinderköpfe, ein Gerät zum Treiben der Kühe - all das nutzen Maik und Marco Möller nicht zum Kühe melken. Sie nutzen diese Dinge, um aufzuklären. Mit ihrem Handy laufen sie durch den alten Melkstand und nehmen ein Instagram-Video auf: "Hallo! Wir sind es wieder für euch, die Möller-Brüder", begrüßen sie ihre Follower. "Wir befinden uns hier in dem alten Melkstand, wo noch vor einigen Jahren gemolken wurde." Die beiden 26 und 27 Jahre alten Brüder übernehmen gerade den Milchvieh-Betrieb in Lentföhrden im Kreis Segeberg in fünfter Generation. Und wollen ihn radikal umkrempeln - in einen veganen Hof.
"Wenn man eine Trennungsphase zwischen Kalb und Kuh miterlebt, zerreißt es einem das Herz. Die schreien tagelang. Oder wenn man entscheiden muss, welche Kuh zum Töten ins Schlachthaus gebracht werden muss - und sie dann mit dem Hänger abfahren sieht." Hofbesitzer Marco Möller
Kühe Mausi und Oskar dürfen bleiben
Die Brüder, 26 und 27 Jahre alt, laufen über eine Streuobstwiese, die sie auf einer ehemaligen Weide angelegt haben, zu Mausi und Oskar. Den letzten verbliebenen Kühen, die bis an ihr Lebensende bleiben dürfen. Lange konnten sich die Brüder nicht vorstellen, den Betrieb ihrer Eltern zu übernehmen. Haben eine Ausbildung zum Bank- und Versicherungskaufmann und ein Studium zum Manager gemacht. Seit ein paar Jahren sehen sie das, was für sie lange normal war, immer kritischer: tierische Produkte zu konsumieren. Obwohl die Milchkühe auf dem Bioland-Hof ihrer Eltern bestmöglich gehalten wurden. "Das ging bei mir Ende 2020 los, da habe ich mich viel über die Klimakrise eingelesen", erzählt Maik. "Da habe ich gemerkt: Das kann ich nicht mit mir ausmachen." Mittlerweile leben beide vegan.
50 Gemüsesorten auf 1,5 Hektar
Zwischen Auberginen- und Tomatenpflanzen stehen Maik und Marco im Gemüsebeet - mit ihrer Gemüsegärtnerin Klara Dreher, die gerade bunte Möhren aus der Erde zieht. "Einige sind etwas klein geraten, aber insgesamt bin ich zufrieden mit der Ernte", berichtet sie den beiden. Eineinhalb der insgesamt hundert Hektar, die zum Hof gehören, haben die Brüder schon auf biozyklisch-veganen Gemüseanbau umgestellt - und es sollen noch mehr werden. Insgesamt 50 Gemüsesorten bauen sie hier an. Und die düngen sie ganz ohne tierische Produkte. "In der Regel werden Knochenmehl oder Kuhfladen genutzt, um zu düngen", erklärt Marco. "Wir nehmen hauptsächlich Kleegras und Pflanzenreste."
Solidarische Landwirtschaft
Die neun Mitarbeitenden bleiben - und helfen jetzt nicht mehr beim Melken, sondern beim Anbau und Kisten packen. Denn das saisonale Gemüse verkaufen Maik und Marco in Kisten an bisher 45 Mitglieder, die einen monatlichen Beitrag bezahlen. Alles nach dem Konzept der solidarischen Landwirtschaft. Doppelt so viele Mitglieder bräuchten sie allerdings, um ausreichend Gewinn zu machen. Um Abnehmer dazuzubekommen, wollen die beiden deshalb noch mehr Sammelstellen einrichten, an denen ihre Gemüsekisten abgeholt werden können.
"Transfarmation"
Unterstützt werden Maik und Marco von der Organisation "Transfarmation". Die hat schon viele ähnliche Projekte in der Schweiz umgesetzt. Für Deutschland soll ihre Hof-Umstellung ein Pilotprojekt sein. Fünfzehn Prozent der Treibhausgas-Emissionen entstehen durch unsere Ernährung, weiß Kerstin Jantke, Umweltwissenschaftlerin am Zentrum für Nachhaltigkeit an der Uni Hamburg. "Hierbei entfällt der Großteil auf tierische Produkte, wie Rindfleisch, Butter oder Käse", erklärt sie. Denn in der Milchviehhaltung produzieren die Kühe bei der Verdauung erhebliche Mengen an Methan und Lachgas - Treibhausgase, die um ein vielfaches stärker sind als CO2. Den veganen Hof von Maik und Marco hält die Wissenschaftlerin deshalb für ein sehr hilfreiches Projekt.
"Wenn es Nachahmer finden würde, umso besser. Das Angebot an pflanzlicher Nahrung darf gerne größer werden." Umweltwissenschaftlerin Kerstin Jantke
Maik und Marcos Eltern unterstützen ihre Pläne. Ab 2026 werden die beiden den Hof alleine führen. Ihr Traum ist es, hier irgendwann einmal auch vegane Ersatzprodukte herzustellen.