Streik und Sylt: Personenzüge ruhen, Autozüge fahren
Für den Zeitraum von Mitternacht bis Mitternacht hatte ver.di und Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Montag bundesweit zum Streik aufgerufen. Besonders betroffen waren Beschäftigte auf Sylt, die auf dem Festland leben.
Sehr viele Menschen, die auf Sylt (Kreis Nordfriesland) arbeiten, wohnen auf dem Festland und sind auf den Zug auf die Insel angewiesen. Und die hatten am Montag keine guten Karten: Vom Streik war unter anderem die Bahnlinie RE 6 Westerland (Sylt) - Hamburg-Altona, die sogenannte Marschbahn, betroffen - also auch die einzige Verbindung über den Bahndamm nach Sylt. Die ersten Autozüge nahmen am Montagnachmittag den Informationen der Unternehmen nach wieder den Betrieb auf.
Pendlerinitiative ärgert sich über Stillstand ohne Notfahrplan
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di dazu aufgerufen, die Arbeit am gesamten Montag, also 0 Uhr bis 24 Uhr, ruhenzulassen. Das bedeutet: Erst am Dienstag ist mit Personenzugverkehr über den Bahndamm nach Sylt zu rechnen. Scharfe Kritik an dem Streik übt der Sprecher der Sylter-Pendler-Initiative: Er sprach am Montag von einer "Geiselnahme" der gut 3.500 Pendler und monierte, es sei das erste Mal, dass bei einem Streik nicht einmal Notverkehr angeboten werde. Die Syltfähren, die von Dänemark aus nach List fahren, seien wegen der längeren Anreisezeiten für viele auf der Insel Beschäftigte keine Alternative. Es habe die Gewerkschaften gar nicht interessiert, dass die Insel für die meisten Menschen nur mit der Bahn zu erreichen sei, so der Sprecher.
Umgang mit Streiksituation ist verschieden
Manche Institutionen auf Sylt hatten sich auf den Streiktag von EVG und ver.di vorbereitet: Mitarbeiter übernachteten im Krankenhaus und in Pflegeheimen, um die Versorgung sicherzustellen. Aber es gibt auch Groll: Im Sylter Pendler Forum zeigten sich die meisten frustriert, aber immerhin informiert. Viele Betriebe machten für einen Tag dicht - die Angestellten mussten Urlaubstage nehmen.
Kinder, die normalerweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln von oder nach Sylt zur Schule kommen, durften am Montag zu Hause bleiben. Durch den Streik dürfe ihnen aber kein Nachteil entstehen, hatte David Ermes vom Bildungsministerium betont. Auf Sylt selbst gab es deswegen für die älteren Schüler einen Distanzlerntag. Für jüngere Schüler wurde eine Notbetreuung geplant, weil in vielen Fällen die Lehrer wegen des Streiks nicht auf die Insel kommen konnten.
Bahn: Tickets können flexibel genutzt werden - Fahrgastrechte gelten
Die Zugunternehmen haben ebenfalls auf den Streiktag reagiert. Die Deutsche Bahn (DB) teilte vorab auf ihrer Internetseite mit, dass Tickets für den Fernverkehr, die bis zum 23. März 2023 gebucht wurden, flexibel bis zum 4. April 2023 genutzt werden können. Außerdem wies das Unternehmen darauf hin, dass bei Zugausfall oder Verspätungen die allgemeinen Fahrgastrechte gelten.
Der SyltShuttle der Deutschen Bahn hatte seinen Zugverkehr am Montag eingestellt und Reisende gebeten, ihre Fahrt auf Dienstag zu verschieben. Die ersten Waggons rollten aber dann doch schon am Nachmittag wieder: Mit den Zügen 15.35 Uhr ab Niebüll und 16 Uhr ab Westerland hat das Unternehmen nach eigenen Angaben den fahrplanmäßigen Betrieb wieder aufgenommen. Online-Tickets mit dem Gültigkeitstag für Montag, 27.03., seien noch bis inklusive Mittwoch, 29.03., flexibel einsetzbar, heißt es auf der Homepage des Unternehmens. Wer sich telefonisch über die Optionen erkundigen möchte, kann sich an die Nummer (08000) 99 66 33 wenden (laut DB kostenfrei).
RDC Autozug Sylt - Zugbindung ist aufgehoben
Der RDC Autozug Sylt hatte die Zugbindung auch aufgehoben: Wer sich entscheidet, an einem anderen Tag zu fahren, kann das Ticket mit dem Gültigkeitstag für Montag, 27.03., einfach wann anders nutzen. Das Unternehmen, auch bekannt als der "blaue Autozug", wurde zwar nicht direkt bestreikt, ist aber in seiner Arbeit auf die Stellwerke der Deutschen Bahn angewiesen. Da diese bestreikt wurden, hatte RDC vorab mit Stillstand und starken Beeinträchtigungen gerechnet. Der blaue Autozug konnte nach Angaben des Unternehmens ebenfalls am Montagnachmittag den Betrieb wieder aufnehmen. Die aktuellen Informationen gibt es auf der Webseite von RDC Autozug Sylt.
Worum genau geht es beim Warnstreik?
Ver.di fordert für die bundesweit 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeber bieten schrittweise fünf Prozent mehr bei zweijähriger Laufzeit sowie 2.500 Euro Einmalzahlung. Die dritte Verhandlungsrunde für Bund und Kommunen hat am Montag in Potsdam begonnen. Schleswig-Holsteins parteiloser Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen zeigte Verständnis für die Streikenden: "Mir ist auch klar, dass ein Streik gerne Aufmerksamkeit haben möchte." Er fände aber gut, wenn die Streitparteien gemeinsam zu Lösungen kommen.