Sondersitzung des Landtags in SH: Günther will besseren Küstenschutz
Zwei Wochen nach dem Jahrhunderthochwasser hat sich der Landtag in einer Sondersitzung mit den Auswirkungen der Sturmflut befasst. Ministerpräsident Günther konkretisierte dabei auch die Hilfen für Betroffene: Unter anderem soll es als Überbrückungshilfe Darlehen von bis zu 50.000 Euro geben.
Es geht um einen dreistelligen Millionenbetrag: Mitte der Woche hatte das Land die Summe der Flutschäden auf 200 Millionen Euro geschätzt. 140 Millionen davon sind für die touristische und kommunale Infrastruktur gedacht, 40 Millionen für Akutmaßnahmen beim Küstenschutz. "In den kommenden Wochen werden wir aber wohl sehen, dass der tatsächliche Bedarf noch höher ist", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) heute zu Beginn seiner Regierungserklärung.
Bereits am Mittwoch hatte sich die Landesregierung gemeinsam mit den Spitzen der Kommunalverbände darauf verständigt, dass es einen Wiederaufbaufonds geben soll. Land und Kommunen wollen sich jeweils zur Hälfte an den Kosten beteiligen. Das Land will dafür das Sondervermögen "Wiederaufbau Flutkatastrophe 2023" einrichten. Das hat das Kabinett laut Günther am Donnerstag beschlossen.
Darlehen als Überbrückungshilfe
Günther kündigte im Landtag ein Darlehensprogramm für Betroffene, Kommunen und die Unternehmen an. Diese Überbrückungshilfe beinhaltet laut Günther ein Darlehen von bis zu 50.000 Euro mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren und einem Zinssatz von einem Prozent. Für Härtefälle soll es eine eigene Regelung geben. Für sie sollen Teile des Darlehens in einen Zuschuss umgewandelt werden. "Allein die Gewissheit, finanziell nicht alleine gelassen zu werden, um die schlimmsten Folgen bewältigen zu können, ist jetzt ganz wichtig. Es kommt jetzt auf unseren Zusammenhalt an", so Günther.
Beim Küstenschutz forderte Günther Unterstützung aus Berlin: "Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich an der Bewältigung der Folgen dieser Naturkatastrophe finanziell beteiligt und außerdem Geld beisteuert, um den Küstenschutz an der Ostsee langfristig zu stärken."
Küsten sollen langfristig besser geschützt werden
Schleswig-Holstein muss sich aus seiner Sicht besser auf Extremwetter-Ereignisse einstellen. Der Küstenschutz müsse nicht nur an der Nordsee, sondern auch an der Ostsee gestärkt werden: "Wenn wir jetzt von einer Jahrhundertsturmflut sprechen, ist das eine Beurteilung aufgrund der vergangenen einhundert Jahre. Wir wissen jedoch, dass das vergangene Jahrhundert als Referenz für die Zukunft unbrauchbar ist", so Günther.
Die Deiche im Land sollen aus seiner Sicht auf ein gemeinsames Schutzniveau gehoben werden: Die Landesschutzdeiche hätten gehalten, sagte Günther. Gebrochen seien ausschließlich Regionaldeiche. Die sollen nun überprüft werden. Das Land sei nach wie vor bereit, Regionaldeiche in seine Zuständigkeit zu übernehmen.
Mit der aktuellen Hilfe ist es aus Günthers Sicht aber nicht getan: "Die Herausforderungen, mit denen wir in Zukunft rechnen - und für die wir uns wappnen müssen - sind größer als das, was die jetzige Wiederherstellung umfasst. Da geht es beispielsweise auch um Aufgaben des Katastrophenschutzes." Darüber will Günther auch mit der Opposition sprechen.
SPD unterstützt die Pläne des Landes
Von der SPD kommt Unterstützung für die Pläne: "Die Menschen im Land können sich darauf verlassen, dass die Opposition an der Seite der Regierung steht, und die Regierung handelt richtig. Ich will Sie daher ausdrücklich ermutigen bei der Hilfe nicht zögerlich zu sein, unbürokratisch zu helfen", sagte SPD-Fraktionschef und Oppositionsführer Thomas Losse-Müller.
Er mahnte aber auch Versäumnisse an: In Arnis (Kreis Schleswig-Flensburg) etwa seien Mängel an den Deichen seit langem bekannt gewesen, aber es sei nichts passiert. "Sie haben nicht auf die Behebung der Mängel gedrängt. Das hätten Sie aber tun müssen. Vielleicht hätte der Deich dann gehalten", so Losse-Müller.
Tobias Koch, Fraktionsvorsitzender der CDU, lobte den gemeinsamen Wiederaufbaufonds mit den Kommunen: "Das ist gelebte Solidarität, Schleswig-Holstein steht zusammen, Land und Kommunen gleichermaßen." Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter betonte, der Meeresspiegel werde in den kommenden Jahrzehnten steigen: "Es geht also heute schon sehr konkret darum, wie wir künftige Generationen, aber auch uns selbst vor den zu erwartenden Naturkatastrophen schützen. Und Schlimmeres verhindern", so Petersdotter.
Zweifel an schneller und unbürokratischer Hilfe
Christopher Vogt von der FDP mahnte an, das Land müsse die angekündigten zusätzlichen Stellen für den Katastrophenschutz zügig schaffen. Was der Ministerpräsident an Finanzhilfen für Betroffene angekündigt habe, klinge vernünftig, so Vogt. Er zeigte sich aber skeptisch, ob die Hilfen wirklich wie angekündigt schnell und unbürokratisch kommen: "Klingt immer so gut, glauben aber leider viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr so recht."
Der SSW fordert "sehr ernsthafte Gespräche" mit dem Bund: Der Fraktionsvorsitzende Lars Harms glaubt nicht, dass die geforderten 100 Millionen Euro ausreichen werden.
Fraktionsübergreifend gab es Dank für Einsatzkräfte und ehrenamtliche Helfer. "Gesellschaft funktioniert, Schleswig-Holstein funktioniert", sagte SPD-Fraktionschef Losse-Müller.