Sibbel: Bezahlbarer Wohnraum in Eckernförde ist großes Thema
Mit dem Ausbau des Marinestützpunktes in Eckernförde auf mehr als 4.000 Dienstposten in den nächsten Jahren kommen auch mehr Bewohner in den rund 22.000-Einwohner-Ort nördlich von Kiel. Dies stelle die Stadt vor einige Herausforderungen, sagt Bürgermeister Jörg Sibbel (CDU). Doch unterm Strich würden die positiven Effekte für Eckernförde überwiegen.
Was bedeutet der Ausbau des Marinestandortes für die Stadt Eckernförde?
Jörg Sibbel: Das ist für Eckernförde ein ganz positives Signal. Es festigt zunächst einmal den Bundeswehr-Standort Eckernförde, macht ihn noch struktursicherer als er bislang ohnehin schon war. Aber es bedeutet natürlich auch weitere positive Effekte: Es kommen nicht nur neue Soldatinnen und Soldaten sowie Zivilangestellte nach Eckernförde, sondern auch neue Familien. Mit ihnen kommen natürlich auch weitere Arbeitskräfte nach Eckernförde. Es gibt mehr Kaufkraft. Es kommen außerdem Vereinsmitglieder nach Eckernförde, freiwillige Feuerwehrleute beispielsweise, mehr ehrenamtliches Engagement. Das ist ganz, ganz wichtig. Sofern stärkt das insgesamt den Standort Eckernförde als Lebens- und Wirtschaftsstandort.
Wie wird sich das auf den Wohnungsmarkt in Eckernförde auswirken, wenn mehr Soldaten kommen?
Sibbel: Das ist natürlich die Herausforderung, Wohnraum zu schaffen für die zusätzlichen Soldatinnen und Soldaten, und natürlich auch für die Zivilangestellten. Dem wollen wir uns als Stadt Eckernförde sehr gerne stellen. Aber natürlich ist das Umland hier auch zu betrachten. Wir verstehen uns als eine Region Eckernförde. Die Gemeinden um die Stadt herum werden da sicherlich auch gern ihren Anteil leisten, diesen Wohnraum bereitzustellen.
Ist schon konkret etwas in Planung?
Sibbel: In Eckernförde beispielsweise ist es so, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren 600 neue Wohneinheiten schaffen werden - allein im Stadtgebiet Eckernförde. Es wird sehr vielfältiger Wohnraum sein: Einfamilienhausgrundstücke, Doppelhaushälften, Reihenhaus-Scheiben, aber auch Eigentumswohnungen. Und auch Mietwohnungsbau wird dazugehören. Wir streben an, 25 Prozent davon als öffentlich geförderten Wohnraum im ersten Förderweg herzustellen.
Anmerkung der Redaktion: Neubau von Mietwohnungen im 1. Förderweg unterliegen nach Angaben des Landes Zweckbindungen - einerseits bezüglich der Mieter, deren Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, und andererseits bezüglich des Preises der Anfangsmiete, die einen bestimmten Preis nicht überschreiten darf.
Wo sollen diese Wohneinheiten genau entstehen?
Sibbel: Neben der Schiefkoppel 1 soll ein weiteres Neubaugebiet entstehen, die Schiefkoppel 2 mit 100 Mietwohnungen und 100 Eigentumswohnungen. Im Bereich der Nooröffnung sind etwa 150 Mieteinheiten geplant. Gegenüber auf dem Bahnhofsgelände - auf dem P+R Parkplatz - sollen noch weitere 90 entstehen. Auf das Lohnertgelände kommen etwa 130 Eigentumswohnungen. In den ehemaligen Gebäuden der Bauschule am Lorenz-von-Stein-Ring entstehen 91 Wohneinheiten, von denen die ersten schon vermietet sind.
Wann starten die Arbeiten?
Sibbel: Ich gehe davon aus, dass wir dieses Jahr den Bebauungsplan fertigstellen werden, und dann würden im nächsten Jahr die Erschließungsarbeiten beginnen. Dann kann die Hochbau-Tätigkeit und damit der Wohnraum entstehen. [...] Wer bauen möchte, muss sich dann um ein Grundstück bewerben - bezogen auf das Neubaugebiet, was jetzt kommen wird. Dort sind wir selbst nicht Eigentümer dieser Flächen, sondern die Landgesellschaft Schleswig Holstein. Es ist eine Tochter der Investitionsbank, also auch gemeinwohlorientiert. Wir haben in der letzten Sitzung der Ratsversammlung für die Vergabe von derartigen Grundstücken sogenannte Vergaberichtlinien beschlossen. Ziel dieser Vergaberichtlinien ist die Förderung von Jungfamilien mit Kindern, so dass sie bevorzugt auf diese Grundstücke zugreifen können.
Der Verkehr ist in Eckernförde ohnehin schon ein Thema. Auf dem Weg zum Kranzfelder Hafen fahren ohnehin schon viele Fahrzeuge, das Jungmannufer ist an manchen Stellen verengt. Wie begegnet die Stadt dieser Verkehrssituation?
Sibbel: Sicherlich ist auch ein Teilbereich der Herausforderung die Verkehrsbelastung. Es entstehen zusätzliche Verkehrsströme. Wir haben zwei Kasernenliegenschaften in Eckernförde, die Preußer-Kaserne und den Marinestützpunkt mit dem Kranzfelder Hafen. Das heißt, es ist insofern fokussiert auf bestimmte Erschließungsstraßen - und dort sind die Anwohner dann natürlich zunächst einmal einer zusätzlichen Verkehrsbelastung ausgesetzt. Bezogen auf die Preußerstraße ist das eher gering, weil die Preußerstraße am Ortsausgang an der Bundesstraße 76 Richtung Schleswig liegt. Beim Marinestützpunkt ist das gravierender. Dort haben wir diese Erschließung über eine Bundesstraße nicht. Da haben wir mehr Anwohner. Es gibt aber auch da schon eine fertige Planung, dass die bisherige Erschließung entlang des Vogelsangs beispielsweise und des Jungmannufers als solche irgendwann nicht mehr zur Verfügung steht. Die Erschließung erfolgt dann über die übergeordnete Straße im Norden des Stadtgebietes, wo keine Anwohner belastet werden.
Sehen Sie negative Effekte für die Bevölkerung oder den Tourismus, wenn die Marine noch präsenter wird in Eckernförde?
Sibbel: Wir haben ein sehr positives Verhältnis. Der Ort ist traditioneller Bundeswehrstandort, Marinestandort und wir haben hier eine ausgezeichnete Zusammenarbeit, auch mit den Verantwortlichen der Bundeswehr. Das heißt, die Akzeptanz der Bundeswehr als solches im Allgemeinen und der Marine im Besonderen, ist in Eckernförde sehr positiv und als solches vollumfänglich gegeben. Die Bundeswehr war schon immer der größte Arbeitgeber in Eckernförde, und wir haben im Verhältnis zum Tourismus eigentlich nie Probleme erfahren. Die Bundeswehr war auch in den vergangenen Jahren immer schon der stärkste und größte Arbeitgeber in Eckernförde. Die touristischen Kennzahlen haben sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert, sind deutlich nach oben gegangen. Von daher haben wir eher ein Ausbau des Tourismus, eine Zunahme des Tourismus, wenn Sie so wollen - obwohl die Bundeswehr da ist. Das hat keine Auswirkungen.
Das Interview führte Maja Bahtijarević, NDR Schleswig-Holstein.