Stand: 22.08.2019 08:26 Uhr

Eckernförde wird größter Militärstandort in SH

von Maja Bahtijarević und Sebastian Baak

Ein Mann des Seebataillon sitzt mit anderen Soldaten in einem Schlauchboot und gibt ein Handzeichen. © Presse- und Informationszentrum Marine Foto: Presse- und Informationszentrum Marine
Zum Seebataillon gehören Aufklärer, Minentaucher und Marineinfanteristen - es bezeichnet sich selbst als "Multitool".

Es ist ein früher Spätsommermorgen. Auf der Standortschießanlage in Alt Duvenstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) peitschen Schüsse durch die Luft. Hoch konzentriert nehmen Soldaten der Ausbildungskompanie 1 des Seebataillons Eckernförde die wenige Meter entfernten Zielscheiben aufs Korn. Sie üben das Schießen aus nächster Nähe mit der Pistole. Es ist die jüngste Einheit des Seebataillons. Sie wurde erst im April aufgestellt, noch im Herbst folgt eine zweite Kompanie. Der Marinestützpunkt in Eckernförde gewinnt immer mehr an Bedeutung - und der Standort wächst weiter kräftig.

Millioneninvestitionen in Eckernförde

Rund 300 Millionen Euro sollen laut Eckernfördes Stützpunktkommandeur, Fregattenkapitän Bernd Ufermann, in den kommenden fünf Jahren in den Standort investiert werden. Hafenanlagen, Gebäude und Übungsstätten müssen saniert oder sogar neu gebaut werden. Eine Mammutaufgabe und ein Wettlauf gegen die Zeit, denn der Platzbedarf sei angesichts der Wachstumspläne enorm, so Ufermann. Die Konsequenz: Die vormals geplante Schließung der Preußer Kaserne ist vom Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr bereits abgesagt worden. In Alt Duvenstedt übt das Seebataillon nicht nur, sondern es hat dort seine Ausbildungskompanie untergebracht. Auch diese Kaserne wird nicht geschlossen. Das hat das Ministerium im August bestätigt.

Zweitgrößter Marinestützpunkt in Deutschland

Mehr als 4.000 Soldaten und Bundeswehrangestellte werden in absehbarer Zeit in Eckernförde stationiert sein. "Der Marinestützpunkt Eckernförde ist ein 'Standort der Zukunft', wo unsere Spezialisten zu Hause sind", sagt der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause. Damit überholt die kleine Stadt dann Kiel als größten Bundeswehrstandort in Schleswig-Holstein - und wird zweitgrößter Marinestützpunkt in Deutschland nach Wilhelmshaven.

Seebataillon ist treibende Kraft

Es ist vor allem das Seebataillon, das dafür sorgt, dass der Stützpunkt wächst und ausgebaut wird. "Bei der Aufstellung vor fünf Jahren hatten wir knapp 800 Soldaten. Bald werden es mehr als 1.400 sein", sagt Fregattenkapitän Axel Meißel, Kommandeur des Verbandes. Die Einheit bezeichnet sich gern als "Multitool", sie vereint Minentaucher, Boardingsoldaten, Marineinfanteristen und Aufklärer.

In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage an Spezialisten wegen der Auslandseinsätze deutlich gestiegen. "Das Seebataillon ist eigentlich in allen Einsätzen der Bundeswehr vertreten, auch in Afghanistan, in Mali, im Libanon", sagt Meißel. Hinzu kommen Manöver von Finnland bis zum Pazifik. Außerdem wurde vor zwei Jahren eine zweite Bordeinsatzkompanie aufgestellt. Diese Soldaten fahren auf Schiffen mit, um sie gegen Angriffe zu schützen oder sie "entern" verdächtige Schiffe, um diese durchsuchen zu können.

Erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Niederlanden

Seit mehr als drei Jahren besteht eine enge Kooperation mit den niederländischen Streitkräften. "Die Zusammenarbeit ist in Europa beispielgebend", sagt Marineinspekteur Krause. Das Korps Mariniers der Niederlande hat eine jahrhundertealte Tradition und gilt als Eliteverband. Die niederländische Marine verfügt über amphibische Transportschiffe wie die "Karel Doorman", die die Deutsche Marine nutzen darf. Das 204 Meter lange Schiff ist ein "Alleskönner" und das modernste und größte der niederländischen Marine. Es hat Platz für bis zu sechs Hubschrauber und ein großes Landedeck. Unter Deck können Material und Fahrzeuge transportiert werden.

Amphibische Taskforce ab 2020

Das Seebataillon will im Rahmen der Kooperationen vor allem seine Fertigkeiten für amphibische Operationen wiedererlangen. "Daran arbeiten wir gerade. Meine Kräfte sind gegenwärtig gerade mit etwa 75 Mann in See. Sie werden dann im weiteren Verlauf des Jahres nach Curacao in die Karibik sowie ins Mittelmeer verlegt", sagt Meißel und fügt an: "Dort werden sie die volle operative Einsatzfähigkeit erreichen. Das bedeutet, wir können dann loslegen." 2020 wird das Seebataillon Teil einer amphibischen Taskforce unter niederländischer Führung sein.

Neue Ausrüstung, veränderte Struktur

Neben dem personellen Ausbau bekommt die "grüne" Marine - also Spezialkräfte und Marineinfanterie - auch eine bessere materielle Ausstattung. So erhält das Seebataillion schwerere Waffen. "Wir bekommen zum Beispiel Flugkörper und Mörser ins Bataillon. Dafür müssen wir strukturell etwas ändern", sagt Kommandeur Meißel. Wie das genau aussehen wird, steht noch nicht fest. In vergleichbaren Infanteriebataillonen des Heeres werden die schweren Waffen - wie Panzerabwehrraketen, Mörser und Granatwerfer - in eigenen Teileinheiten, den sogenannten schweren Zügen, zusammengezogen.

Schnelle Kampfboote sollen kommen

Daneben soll das Bataillon auch auf dem Wasser besser ausgestattet werden. Es ist geplant, den Verband mit Kampfbooten auszurüsten - das sind bis zu 20 Meter lange, bewaffnete Boote. Mit ihnen können die Schiffsbesatzungen Häfen oder Küstenabschnitte überwachen. Außerdem können Soldaten über größere Entfernungen transportiert und für Kommandoaktionen an Stränden oder auf Inseln abgesetzt werden. Diese Kampfboote können aber auch für die Evakuierung von Zivilisten aus Krisenregionen eingesetzt werden. "Die Kampfboote sind wie das Bataillon ein Mulititool und könnten sogar mit dem Flugzeug transportiert werden", sagt Meißel. Der Inspekteur der Marine hat zugesagt, dass diese Boote kommen.

Interview
Fregattenkapitän Axel Meißel © Bundesministerium der Verteidigung

Meißel: "Gute Leute suchen wir immer"

Der Marinestützpunkt in Eckernförde wird ausgebaut. Motor der Entwicklung ist das Seebataillon. Im Interview spricht dessen Kommandeur, Fregattenkapitän Meißel, über neue Aufgaben und Personal. mehr

Auch andere Einheiten werden verstärkt

Neben dem Seebataillon wachsen auch andere Einheiten in Eckernförde. Das U-Boote-Geschwader stockt die Marine in den nächsten Jahren um zwei weitere Boote auf. Das Kommando Spezialkräfte der Marine, zu dem auch die Kampfschwimmerkompanie gehört, soll von rund 300 Soldaten auf das Doppelte vergrößert werden, wie Stützpunktkommandeur Ufermann bestätigt. Die größte Herausforderung bei dieser Einheit wird sein, entsprechendes Personal zu gewinnen. Das Seebataillon hat dagegen diese Probleme nach Aussagen von Kommandeur Meißel nicht: "Gute Leute suchen wir immer. Die Bewerberlage ist aber grundsätzlich gut, überraschend gut, möchte ich fast sagen, weil wir damit gegen den Trend laufen."

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.08.2019 | 08:00 Uhr

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