Schwarzbuch: Hier wird in SH Steuergeld verschwendet
Der Bund der Steuerzahler kritisiert: In Schleswig-Holstein werden öffentliche Gelder allzu sorglos ausgegeben. In seinem aktuellen Schwarzbuch listet er sieben Beispiele auf.
Ein Luxus-Fahrradparkhaus, eine untaugliche Solarfähre und ein Gebäude ohne Nutzungskonzept: Jedes Jahr listet der Bund der Steuerzahler Projekte auf, bei denen seiner Meinung nach zu sorglos mit den Steuergeldern umgegangen wurde oder wird. In der 52. Ausgabe des Schwarzbuchs der Steuerzahler sind auch wieder einige Fälle aus Schleswig-Holstein dabei. Bei einem Fall wurde den Angaben zufolge die Verschwendung eingestellt, bei zwei anderen drohen noch höhere Kosten. "Größenwahn, fehlende Prioritätensetzung und mangelhafte Planung sind nach wie vor Ursache von vielen Fehlern in Politik und Verwaltung", fasst Aloys Altmann, Präsident des Steuerzahlerbundes, die Gründe für Verschwendungen zusammen.
1. Lübeck: Fahrradzone in Jürgen-Wullenwever-Straße
Für rund zwei Millionen Euro wurde die Straße zwischen historischen Villen am Rande der Altstadt zu Lübecks erster Fahrradzone umgebaut. Um Autofahrer daran zu hindern, auf den Grünflächen zu fahren oder zu parken, ließ die Stadt nach Rücksprache mit Denkmalschützern Granitsteine aufstellen. Doch anstatt nur an vulnerablen Stellen Granitstelen zu setzen, wurden mit insgesamt 350 Blöcken auch Stellen geschützt, die wegen Wassergräben, hohe Bordsteine oder Parkbuchten ohnehin nicht hätten befahren werden können. Anwohner sprachen angesichts der vielen Granitsteine von einem "gefühlten Soldatenfriedhof".
Die Stadt reagierte darauf, indem sie die Hälfte der Steine entfernte und den Rest ein Stück absägte. Dadurch entstanden Mehrkosten von rund 33.000 Euro. Wie viel Geld allerdings bereits im Vorfeld durch das unnötige Errichten der Steine verschwendet wurde, dazu konnte die Stadt laut Steuerzahlerbund keine Angaben machen.
2. Kiel: Fahrradparkhaus mit Luxusausstattung
Um das Fahrrad als Transportmittel zur Arbeit attraktiv zu machen, baut das UKSH in Kiel eine sogenannte Mobilitätsstation. Das dreistöckige Gebäude bietet Platz für 1.340 Fahrräder - darunter 63 Plätze speziell für Lastenräder und 280 Plätze mit Ladestationen für E-Bike-Akkus. Dazu kommen abschließbare Spinde für Fahrradkleidung und ein Service-Raum, in dem die Radlerinnen und Radler kleinere Reparaturen an ihren Drahteseln durchführen können. Eingeplant wurden dafür Kosten in Höhe von 14,65 Millionen Euro. Bis jetzt sind laut Steuerzahlerbund bereits Mehrkosten von 410.000 Euro sicher. Runter gerechnet auf den einzelnen Stellplatz ergibt das Kosten von etwas mehr als 11.000 Euro. Zu viel Luxus, befindet der Steuerzahlerbund. Das Geld wäre besser in überdachte Fahrradständer direkt an den einzelnen Klinikhäusern investiert worden.
3. Missunde: untaugliche Solarfähre
Für rund vier Millionen Euro hat das Land eine Solarfähre gebaut, die die 21 Jahre alte, marode Fähre "Missunde II" auf der Schlei ersetzen sollte. Das neue Schiff hat sich allerdings nach Fertigstellung als untauglich erwiesen. Um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, wurde die "Missunde II", die zwischenzeitlich verkauft worden war, für den dreifachen Verkaufspreis zurückgekauft. Laut Bund der Steuerzahler hätte man sich an die Abmessungen in der Machbarkeitsstudie halten sollen.
4. Bad Bramstedt: Hohe Anwaltskosten bei Streit um Neubaugebiet
Im "Quartier Auenland" sollten Wohnungen für 2.000 Menschen entstehen. Dazu kaufte die Stadt Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) Flächen im Wert von 1,6 Millionen Euro. Doch eine Bürgerinitiative klagte gegen das Vorhaben und erreichte einen vorläufigen Planungsstopp. Um das Projekt weiterzutreiben, engagierte die Stadt eine Anwaltskanzlei mit einem Sonderhonorarvertrag über 60.000 Euro - nach Angaben von Bürgermeisterin Verena Jeske (parteilos), um den bestmöglichen Beistand zu erhalten. Doch nachdem 14 Prozent der Wahlberechtigten Bad Bramstedts das Bürgerbegehren gegen die Bebauung unterschrieben hatten, hob die Stadtvertretung den Bebauungsplan auf. Auf den Kosten für den Grundstückskauf und den teuren Anwälten bleibt die Stadt sitzen. Statt auf einen Anwalt hätte die Stadt auf einen moderierten Diskussions- und Entscheidungsprozess setzen sollen, befindet der Bund der Steuerzahler. Bevor Geld ausgegeben wird, sollte die Meinungsbildung abgeschlossen sein.
5. Kiel: Hohe Reparaturkosten wegen fehlender Höhenmessung
Weil er vier Meter zu hoch war, krachte ein mit einem Hafenkran beladener Schwergutfrachter im November 2022 an die Hochbrücke über dem Nord-Ostsee-Kanal in Kiel. Wegen schlechter Sicht hatte das Höhenmessgerät an der Schleuse nicht funktioniert, bei Berechnungen war man von einem kleinen Kran ausgegangen. Der Kranausleger beschädigte so die Brücke und verursachte Kosten in Höhe von neun Millionen Euro. Experten gehen davon aus, dass die Hälfte der Reparaturkosten mit Steuergeldern abgedeckt werden, da die Versicherungssummen durch internationale Vereinbarungen begrenzt sind.Hätte das Schleusenpersonal geeignete Messgeräte gehabt, hätten diese Kosten vermieden werden können, so der Steuerzahlerbund.
6. Lübeck: Warenhaus ohne Nutzungsplan gekauft
2024 schloss Karstadt endgültig seine Filiale in Lübeck. Um einen langen Leerstand zu verhindern, kaufte die Stadt bereits 2022 ein Gebäude des Kaufhauses für 13 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um die Filiale, in der unter anderem Karstadt Sport untergebracht war, die bereits 2020 geschlossen worden war. Ein genaues Nutzungskonzept gab es zum Zeitpunkt des Kaufs aber noch nicht. Man stellte sich eine gemischte Nutzung vor, unter anderem mit den vier Innenstadt-Gymnasien, denen Räume fehlen. Eigentlich sollten dort schon in diesem Jahr die ersten Unterrichtsstunden stattfinden. Doch das Gebäude muss saniert werden, Rolltreppen entfernt, Schultoiletten eingerichtet und geräuschdämmende Brandschutzwände hochgezogen werden. Derzeit rechnet die Stadt mit Umbaukosten von mindestens 24 Millionen Euro und einer frühesten Fertigstellung 2028.
Bis dahin sollen die Räume kreativ von Kultur, Bildung und Wissenschaft genutzt werden. Die provisorische Herrichtung kostet aber wiederum 880.000 Euro, die Projekförderung 625.000 Euro. In diesem Fall hätte zuerst ein Nutzungskonzept ausgearbeitet werden sollen, bevor Geld in die Hand genommen wird, kritisiert der Bund der Steuerzahler.
7. E-Highway in Schleswig-Holstein
Als letztes Projekt aus Schleswig-Holstein ist im Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds der E-Highway aufgeführt. Auf der A1 zwischen Reinfeld (Kreis Stormarn) und Lübeck wurden auf einer fünf Kilometer langen Strecke in beide Fahrtrichtungen elektrische Oberleitungen gebaut. Hier wurde getestet, ob es sinnvoll ist, Lkw auf diese Weise zum Teil elektrisch anzutreiben. Zwar habe sich die Technik bewährt, doch ein großer Teil des Straßengüterverkehrs ist europaweit unterwegs. Diese Strecken alle mit Oberleitungen zu versehen, ist aus Kostengründen schlichtweg nicht möglich - auch das ist ein Ergebnis des Testbetriebs. Bereits 2019/20 tauchte das Projekt im Schwarzbuch auf. Ende 2024 wird das Projekt in Schleswig-Holstein beendet. Bis dahin hat es allerdings schon über 30 Millionen Euro an Steuergeldern gekostet. Dieses Projekt verzeichnet der Steuerzahlerbund aber immerhin soweit als Erfolg, als dass es abgebrochen und die Steuergeldverschwendung damit eingestellt wurde.
Der Bund der Steuerzahler ist ein eingetragener Verein und hat in Schleswig-Holstein nach eigenen Angaben rund 8.500 Mitglieder. Er setzt sich unter anderem für eine sparsame Haushaltspolitik ein.