Sieben Fälle von Steuerverschwendung in Hamburg angeprangert
Hamburgs teuerste öffentliche Toilette in der Innenstadt und ein Luxus-Tunnel für Kröten in Blankenese - das sind zwei von insgesamt sieben Hamburger Fällen von vermeintlicher Geldverschwendung aus dem jüngsten sogenannten Schwarzbuch, das der Bund der Steuerzahler jedes Jahr veröffentlicht.
Die unterirdische öffentliche Toilette an der Mönckebergstraße hatte Hamburg ein gutes Jahr lang sanieren lassen - für rund zwei Millionen Euro. Ursprünglich waren Kosten in Höhe von 1,4 Millionen Euro eingeplant, das Geld reichte aber nicht. Nach nur drei Monaten Betrieb musste die Toilette wegen eines Wasserschadens wieder geschlossen und in den Rohbauzustand zurückversetzt werden. Laut Senat war bei der Sanierung keine wasserdichte Wanne hergestellt worden. "Obwohl es dieses Mal nur um eine Toilette geht, ist der Schaden gigantisch: 2,08 Millionen Euro wurden sprichwörtlich im Klo versenkt", kritisierte dazu der Steuerzahlerbund. Und es sei unklar, was an weiteren Kosten folge.
Krötentunnel aus Sicht des Steuerzahlerbundes unnötig
Wenig begeistert ist der Steuerzahlerbund auch von einem 465 Meter langen Amphibienleitsystem in Blankenese. Das Bezirksamt Altona hatte es nach eigenen Angaben für 465.848 Euro entlang des Falkensteiner Ufers und des Falkensteiner Wegs angelegt. Aus Sicht des Steuerzahlerbundes ist das eine in mehrerlei Hinsicht zweifelhafte Investition. Zum einen liege die Anlage an einer Fahrradstraße, die lediglich von sehr wenigen Anwohnern und Anwohnerinnen mit dem Auto befahren werde. Dabei stelle sich die Frage, ob Hinweisschilder nicht ausgereicht hätten, meint der Bund der Steuerzahler. Zum anderen sei nicht klar, ob der Verkehr für den festgestellten Rückgang der Krötenpopulation verantwortlich sei. Dazu gebe es keine Zahlen.
Zu viel Geld für Hamburg-Hymne?
"Ode an Hamburg" - diese Hymne ließ der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) laut Steuerzahlerbund anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 2024 zur Musik der Neunten Sinfonie von Ludwig van Beethoven für 9.975 Euro umtexten. Hinzu kamen 28.560 Euro für die Produktion eines Musikvideos. Außerdem seien für drei Konzerte 32.100 Euro eingeplant gewesen - zusammen fast 90.000 Euro. Der Erfolg beim Publikum sei aber kaum messbar gewesen. Einen Monat nach Veröffentlichung habe der Song gerade einmal 3.400 Aufrufe bei Youtube gehabt.
Neue Köhlbrandquerung als Dauerbrenner
Seit 2008 steht fest: Die Köhlbrandbrücke muss ersetzt werden. Doch außer einem Planungschaos sei nichts geschehen, so der Bund der Steuerzahler. 2012 habe Hamburgs damaliger Bürgermeister und heutiger Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärt, dass die Brücke abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden solle. Planungen begannen dann erst 2017. Und 2021 sei dann plötzlich von einem Tunnel die Rede gewesen, der dann aber wegen der hohen Kosten 2023 wieder verworfen worden sei. Seit Juni dieses Jahres stehe nun fest, dass es eine neue Brücke mit einer Durchfahrtshöhe von mehr als 70 Metern für große Containerschiffe - etwa 20 Meter mehr als bisher - geben soll. Unklar sei noch immer, wie die Kosten in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro zwischen Bund und Land aufgeteilt würden, so der Steuerzahlerbund. "Es ist zu befürchten, dass das planlose Handeln des Senats die Steuerzahler möglicherweise Milliarden Euro kosten wird", lautet das Fazit.
Teure Räume für die Innenstadt-Koordinatorin
Die genauen Zahlen seien nicht bekannt, räumt der Bund der Steuerzahler ein. Die Stadtentwicklungsbehörde habe Medienberichte aber nicht dementiert, wonach Hamburgs Innenstadt-Koordinatorin in einem monatlich 7.000 Euro Miete kostenden 180 Quadratmeter großen Büro residiere. Für den Vermieter bedeuteten dies bei dem bislang bis September 2025 laufenden Mietvertrag Einnahmen in Höhe von mehr als 154.000 Euro. Außerdem habe der Umbau der Geschäftsstelle rund 350.000 Euro gekostet. Geöffnet sei diese allerdings nur vier Stunden pro Werktag. Der Steuerzahlerbund hält den Einsatz einer Innenstadt-Koordinatorin zwar für richtig, bezweifelt aber einen sinnvollen Einsatz der Mittel.
Umzug der Staatsanwaltschaft als unendliche Posse
Eine unendliche Posse - dazu entwickelt sich laut Steuerzahlerbund der Umzug der Hamburger Staatsanwaltschaft. Seit September 2022 habe Hamburg fast zehn Millionen Euro Miete gezahlt - ohne das Gebäude an der Ludwig-Erhard-Straße wie geplant nutzen zu können. Ursprünglich sollten die rund 600 Beschäftigten der Staatsanwaltschaft schon seit mehr als zwei Jahren in den neuen Räumen arbeiten. Bis zum Sommer seien aber nur rund 120 von ihnen probehalber umgezogen. Schuld seien Planungsfehler. Den Angaben zufolge steigen die Mietkosten für alle von der Staatsanwaltschaft genutzten Objekte insgesamt von bisher vier auf mehr als sieben Millionen Euro pro Jahr, sie sollen sich mittelfristig bei jährlich fünf Millionen Euro einpendeln.
Eine 1,5 Meter hohe Plattform für 27.500 Euro
Und dann gibt es da noch einen "Ausguck auf Augenhöhe", wie der Bund der Steuerzahler es nennt. Am südlichen Rand des Naturschutzgebiets Stapelfelder Moor wurde eine 1,5 Meter hohe Aussichtsplattform errichtet. Die ist zwar nicht sehr hoch, dafür aber mit 27.500 Euro einigermaßen kostspielig. Offenbar hat der Steuerzahlerbund den Ausguck getestet, denn er kommt zu dem Schluss: "Eine bessere Aussicht als vom Weg hat man nicht."
Einmal im Jahr stellt der Bund der Steuerzahler ein Schwarzbuch vor, diesmal schon zum 51. Mal. Darin sind bundesweit beispielhaft 100 Fälle von angeblicher Geldverschwendung aufgelistet.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels haben wir geschrieben, dass die Hymne "Ode an Hamburg" von der Hamburger Hochbahn umgetextet wurde. Das ist laut Hochbahn falsch, verantwortlich war demnach der HVV.