Schule schwänzen für günstigere Flüge - keine gute Idee in SH
Günstige Flüge auf der einen Seite, drohende Bußgelder auf der anderen Seite: Eltern nehmen immer wieder ihre Kinder aus der Schule, um früher in die Ferien zu starten. In Schleswig-Holstein kann das bis zu 1.000 Euro kosten.
"Die Verwandten sind erkrankt" oder "Die Fluggesellschaft hat den Flug um drei Tage nach vorne verschoben": Solche Sätze hat Schulleiterin Annette Grosse von der Poul-Due-Jensen-Schule aus Wahlstedt (Kreis Segeberg) schon häufiger gehört. Vor allem vor den Sommerferien bekommt sie immer wieder Anfragen von Eltern, die ihre Kinder aus verschiedenen Gründen früher aus der Schule nehmen wollen. Einige Eltern würden, wie sie erzählt, einen formgerechten Antrag stellen und bitten um Beurlaubung des Kindes. "Andere Eltern lassen ihre Kinder einfach nicht kommen", erzählt die Schulleiterin.
Schulleiterin: "Eltern melden ihre Kinder krank, obwohl sie nicht krank sind"
Vor diesen Sommerferien hatte Annette Grosse insgesamt drei Anträge auf ihrem Tisch. Einen davon wird sie genehmigen. Ein Verwandter des Schülers liegt im Sterben. Die anderen beiden Anträge wird die Schulleiterin ablehnen. Insgesamt gehen über 300 Kinder auf die Schule in Wahlstedt. "Die meisten Eltern gehen nicht den Weg über einen Antrag", sagt Grosse. Sie geht davon aus, dass andere Eltern ihre Kinder krank melden, obwohl sie nicht krank sind. In manchen Fällen verpassen Schüler zwei Wochen den Unterricht. Das Problem daran: In den meisten Fällen kann die Schule nicht nachweisen, ob der Schüler tatsächlich krank war oder vorzeitig in den Urlaub gestartet ist.
Im Nachhinein versucht Grosse das Fehlen des Schülers vor den Ferien aufzuklären. "Das ist sowohl für die Schule als auch für das zuständige Ordnungsamt ein hoher Verwaltungsaufwand", sagt die Schulleiterin. Ihrer Einschätzung nach holen etwa drei Prozent der Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule ihre Zeugnisse nicht ab. Wie viele von denen tatsächlich krank sind oder schon im Urlaub, weiß Grosse nicht.
Beurlaubung der Schüler aus "wichtigem Grund" möglich
Wann Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein von der Schulpflicht beurlaubt werden können, ist über das Schulgesetz und den sogenannten "Anwendungserlass" geregelt. Der gibt genau vor, wann ein Schüler "legal" aus der Schule genommen werden kann. Laut Bildungsministerium in Schleswig-Holstein kann ein Schüler aus "wichtigem Grund" vom Schulbesuch beurlaubt werden. Wichtige Gründe können zum Beispiel Hochzeiten, schwere Erkrankungen oder seltene Familienzusammenkünfte sein, heißt es aus dem Ministerium.
Weitere wichtige Gründe für eine Beurlaubung der Schulpflicht sind beispielsweise berufliche Vorstellungstermine, die "aktive Teilnahme an Sportveranstaltungen oder die aktive Teilnahme an künstlerischen oder wissenschaftlichen Wettbewerben". Das Bildungsministerium weist darauf hin, dass "günstigere Urlaubstarife" kein Grund sind, um Kinder von der Schulpflicht zu beurlauben.
Wer entscheidet, ob ein Antrag bewilligt wird?
Nach Angaben des Bildungsministerium ist bei einer Beurlaubung von bis zu sechs aufeinanderfolgenden Tagen im Monat der Klassenlehrer beziehungsweise die Klassenlehrerin zuständig. Wenn es um mehr Tage geht, entscheidet die Schulleitung oder in besonderen Fällen sogar die Schulaufsichtsbehörde.
Eltern drohen bis zu 1.000 Euro Bußgeld
Spezielle Kontrollen von der Polizei gibt es aktuell nicht. Auch nicht am Hamburger Flughafen, an dem viele Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in den Urlaub starten. Die Bundespolizeiinspektion Flughafen Hamburg teilt mit, dass die Bundespolizei aufgrund mangelnder Zuständigkeit keine gezielten Kontrollen nach schulpflichtigen Kindern durchführe. Ähnlich sieht es auch bei der Polizei Hamburg aus: "Das proaktive Kontrollieren von Schülern und Schülerinnen vor den Ferienstarts findet nicht statt." Allerdings: "Sollte die Polizei Hamburg Erkenntnisse über einen Fall erhalten, treffen die Beamtinnen und Beamten gegebenenfalls doch die erforderlichen Maßnahmen." Und das kann mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro bestraft werden. Von anderen Flughäfen in anderen Bundesländern gibt es immer wieder Berichte über gezielte Kontrollen der Polizei.
Schulleiterin Grosse: Vor den Ferien passiert menschlich ganz viel
"Viele Eltern denken, dass vor den Ferien nichts mehr passiert", sagt Schulleiterin Annette Grosse. Das stimme allerdings nicht, weil die Lehrerinnen und Lehrer während dieser Zeit mal genügend Zeit haben, ohne großen Zeitdruck zu arbeiten, so Grosse. An Projekttagen würden zum Beispiel die Schülerinnen und Schüler zusammenwachsen, erklärt sie. "Häufig sind die Tage vor den Ferien wie eine Klassenfahrt."