Schüler aus SH haben den bundesweit schlechtesten Abischnitt
Schleswig-Holsteins Abiturienten haben 2024 die schlechteste durchschnittliche Abinote im Vergleich der Bundesländer. Für die Abiturienten könnte das bei der Bewerbung auf Studienplätze ein Nachteil werden.
2,47 beträgt die Abitur-Durchschnittsnote in diesem Jahr in Schleswig-Holstein. Im bundesweiten Vergleich liegt Schleswig-Holstein damit auf dem letzten Platz - das hat der "Spiegel" mit einer Umfrage unter den Kultus- und Schulministerien gezeigt. Am besten war der Abitur-Durchschnitt in Thüringen mit 2,12.
Das schleswig-holsteinische Bildungsministerium bestätigt die Werte auf NDR-Anfrage und sagt: "Die diesjährige Abitur-Durchschnittsnote in Schleswig-Holstein liegt im langjährigen Mittel." Es verweist dabei auf die amtlichen Statistiken der Kultusministerkonferenz. Auch in den vergangenen zwei Jahren hatten demnach Schleswig-Holsteins Abiturienten den schlechtesten Durchschnittswert.
Forscher: Notenvergabe in SH sei strenger als in anderen Bundesländern
Für den Kieler Bildungsforscher Olaf Köller ist das diesjährige Ergebnis daher nicht überraschend. Dass bundesweit solche Unterschiede existieren, erklärt er mit zwei Aspekten. "Es rührt zum einen daher, dass es einen Unterschied in der Strenge der Korrektur gibt", sagt er. Andere Länder würden auf Ministeriumserlass die Noten korrigieren - Schleswig-Holstein sei diesbezüglich "zurückhaltender". "Und zum anderen rührt es auch daher, dass die Länder noch immer ihr eigenes Abitur haben und wir kein länderübergreifendes Abitur haben."
Benachteiligung bei zulassungsbeschränkten Studiengängen
Zum Nachteil könnte eine schlechtere Note für die Abiturienten aus Schleswig-Holstein laut Köller möglicherweise dann werden, wenn sie sich bundesweit an einer Universität auf einen zulassungsbeschränkten Studienplatz bewerben. Dabei entscheidet oftmals die Abiturnote.
Das Bildungsministerium Schleswig-Holstein erklärt auf die Frage, ob Abiturienten aus Schleswig-Holstein benachteiligt werden, dass Plätze für besonders stark nachgefragte Studiengänge, die bundesweit zulassungsbeschränkt sind, über ein Zentrales Vergabeverfahren verteilt werden. Das gilt für Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie. Dabei gebe es einen Ausgleichsmechanismus. "Es wird nicht der absolute Punkt- oder Notenwert verglichen", so das Bildungsministerium, "sondern das relative Abschneiden einer Bewerberin oder eines Bewerbers in ihrem oder seinem Land ist ausschlaggebend."
Kritik aus der Opposition: Schlechte Noten, schlechte Chancen an Unis
Köller ist von der Aussage des Ministeriums irritiert. Er verweist darauf, dass die Hochschulen zum Großteil mittlerweile selbst über die Vergabe der Studienplätze entscheiden. Außerdem betont Köller, dass es viele weitere Studiengänge mit Zulassungsbeschränkung gibt, für die ebenfalls die Abiturnote bei der Bewerbung entscheidet.
In diesem Punkt kommt auch scharfe Kritik am Bildungsministerium und seiner Schulpolitik aus der Opposition: Aus dem schlechten Abischnitt würden sich auch die schlechtesten Chancen auf Studienplätze ergeben, die hauptsächlich auf Grundlage des Notenschnitts vergeben werden, kritisierte der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat. Er forderte eine Trendumkehr in der Schulpolitik hin zu mehr Chancengleichheit.
Auch die FDP ist unzufrieden: "Die schlechten Nachrichten für den Bildungsstandort Schleswig-Holstein reißen leider nicht ab und es ist besorgniserregend, dass die Landesregierung darauf mit Gleichgültigkeit und absurden Erklärungen reagiert", sagt Christopher Vogt, bildungspolitischer Sprecher der FDP. Die Leidtragenden der aktuellen Situation seien die Schülerinnen und Schüler.
Abiturnote als Indikator für Studienleistung
Laut dem schleswig-holsteinischen Bildungsministerium sind nicht die Abiturnoten für einen bundesweiten Vergleich entscheidend, sondern die Kompetenzen, die die Schüler beim Schulabschluss erreicht haben. "Dafür hat die Kultusministerkonferenz länderübergreifende Standards festgelegt, die sicherstellen, dass in den Ländern vergleichbare Anforderungen gestellt werden", so das Bildungsministerium. Das gelte zum Beispiel für die zentral geprüften Fächer Deutsch, Mathematik und moderne Fremdsprachen.
Dennoch ist auch die Abiturnote laut Bildungsforscher Köller relevant - sie sei ein Indikator für Studierfähigkeit: "Wir wissen aus der Forschung: Wer ein gutes Abitur macht, hat auch eine größere Wahrscheinlichkeit, einen guten Studienabschluss zu bekommen."