Bildungschancen in SH: Kein Geld, kein Gymnasium
Eine neue Studie des Ifo-Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass es in Schleswig-Holstein besonders stark vom Geldbeutel und der Bildung der Eltern abhängig ist, welche Schulform Kinder besuchen. Im bundesweiten Vergleich landet SH auf Platz 13.
"Soziale Ungleichheit entsteht nicht erst in der dritten oder vierten Klasse, sondern beginnt bei der Geburt", sagt Professor Olaf Köller vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel. Das mache auch die neue Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo-Institut) deutlich. Daraus gehe hervor, dass die soziale Herkunft entscheidend dafür sei, auf ein Gymnasium zu kommen oder eben nicht. Kinder aus Elternhäusern mit weniger Geld gehen demnach seltener auf ein Gymnasium als Kinder aus bessergestellten Haushalten. Nur 26,8 Prozent der Kinder in Schleswig-Holstein mit Eltern ohne Abitur und weniger als 5.000 Euro netto Haushaltseinkommen besuchen laut Studie ein Gymnasium. Haben beide Eltern Abitur und das Einkommen liegt über 5.000 Euro netto, besuchen 61,5 Prozent der Kinder aus diesen Familien ein Gymnasium, wie die Studie zeigt.
Abitur ist nicht das non-plus-ultra
Die Studie greife zwar insofern zu kurz, als dass es heute auch viele andere Bildungswege gebe. Das sei aber auch nicht Ziel und Anspruch der Studie gewesen, sagt Köller. Auch die Realschule öffne Wege in qualifizierte Ausbildungsberufe. Gerade in den MINT-Berufen, die einen Schwerpunkt auf Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik legen, würde so später oft ein besseres Einkommen erzielt als beispielsweise nach einem Studium der Sozialpädagogik. Es führe also nicht jeder akademische Abschluss automatisch zu einem höheren Einkommen.
Rund 20 Prozent der Jugendlichen haben laut Studie nur einen Hauptschulabschluss oder gar keinen. "Die haben es wirklich schwer, schaffen es meistens nur in schlechter gestellte Ausbildungsberufe wie Lackiererin oder Frisör, zudem gibt es eine hohe Abbruchquote", meint Professor Köller. Er fordert, dass insbesondere an Ganztagsschulen am Nachmittag Bildungsangebote geschaffen werden, um die Chancengleichheit zu verbessern.
SH belegt bundesweit Platz 13 bei Chancengleichheit
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert mehr Geld für die Bildung. "Die Devise darf ja nun nicht lauten, wenn Papi Arzt ist, dann Abi und wenn Mama Putzfrau ist, dann Ausbildung", sagt Bernd Schauer, Geschäftsführer der GEW. Es brauche unter anderem eine bessere Sprachförderung, gezieltere Unterstützung von armen Familien und einen Ausbau von frühkindlicher Bildung für Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen. Vor allem müssten die Finanzmittel nach einem Sozialindex verteilt werden: "Schulen, die es ohnehin schwieriger haben, brauchen mehr Geld, als Schulen, wo es sowieso gut läuft", meint Schauer. Insgesamt schneidet Schleswig-Holstein bei der Ifo-Studie zur Chancengleichheit schlecht ab, belegt bundesweit nur Platz 13. Noch schlechter läuft es in Hessen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Am wenigsten negativ wirkt sich ein ungünstiger familiärer Hintergrund für Kinder in Berlin und Brandenburg aus.