Schönheitsideale auf Social Media: Wie man sich vom Druck befreit

Stand: 21.08.2024 13:21 Uhr

Laut einer NDR Umfrage fühlen sich mehr als 30 Prozent der 16- bis 29-Jährigen durch Social Media in Bezug auf ihr Aussehen unter Druck gesetzt. Die 23-jährige Rettungssanitäterin Namika Vogel hat ihren eigenen Weg damit gefunden.

von Stella Kennedy

Eine Frau gibt, auf einem Sofa sitzend, ein Interview © NDR Foto: NDR Screenshot
Namika Vogel aus Itzehoe: "Ich habe ein Umfeld, das mich bestärkt und einen Freund, der mich genauso liebt, wie ich bin".

"Man scrollt auf Instagram und sieht viele schlanke Leute. Nach dem Motto: Hier, ich hab jetzt gekämpft für meinen Sommerkörper und meinen Bikini-Körper", sagt Namika Vogel und lächelt. Die 23-jährige Rettungssanitäterin aus Itzehoe (Kreis Steinburg) hat eine Lösung gefunden, mit den Schönheitsidealen auf den sozialen Netzwerken umzugehen: "Ich hab irgendwann in der Oberstufe einen Instagram-Account gefunden, der hieß damals noch Body Positivity Panda." Das Profil der Britin Megan Jayne Crabbe, die selbst aus der Magersucht kommt und sich für die Body Positivity Bewegung stark macht, inspirierte sie. Die in den USA entstandene Bewegung fördert die Akzeptanz aller Körperformen und kämpft gegen Schönheitsnormen und Diskriminierung. Für Namika verändert diese Einstellung alles.

Alle Körper sind schön

Die offene und positive Darstellung aller Körperformen ist immer noch selten. Paradoxerweise findet sie überwiegend an den gleichen digitalen Orten statt, die oft einen negativen Einfluss auf das Körperbild haben: den sozialen Medien. Laut der neuesten NDRfragt-Umfrage fühlen sich über 30 Prozent der 16- bis 29-Jährigen durch die sozialen Medien in Bezug auf ihr Aussehen unter Druck gesetzt. Auch Namika erlebte dies, bevor sie auf die Inhalte der Body Positivity Bewegung stieß. "Das war das erste Mal, dass mir bewusst wurde, dass man auch schön sein kann, wenn man nicht rank und schlank ist", sagt sie. Die moderne Bewegung bezieht sich nicht nur auf Gewicht, sondern auf die Akzeptanz aller Körperformen, Hautfarben, Geschlechter und anderer körperlicher Merkmale.

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Den Algorithmus für sich arbeiten lassen

Wenn Social Media als neue Öffentlichkeit sowohl Unterstützung bieten als auch Probleme verursachen kann, stellt sich die Frage: Wie lassen sich die Inhalte dort sinnvoll auswählen? Namika Vogel hat sich auf Instagram eine gesunde Filterblase geschaffen. Sie nutzt den personalisierten Algorithmus bewusst, indem sie nur noch lustige, harmlose und inspirierende Inhalte "liked" und Profilen folgt, die sie unterstützt. Dadurch wird ihr Feed weitgehend positiv gestaltet. Die einzige Ausnahme, sagt sie, sei die Werbung, durch die sie gelegentlich noch mit "Abnehmvideos" oder ähnlichen Inhalten konfrontiert würde.

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DIe Sache mit den Vorbildern

Tobias Schnell, Soziologe an der Uni Kiel, betont, dass die Gefahr eines ungesunden Selbstbildes besonders bei Heranwachsenden in der (Vor-)Pubertät ein Problem darstellt. Diese Altersgruppe ist oft unsicher in ihrem Körperbild und sucht daher nach Vorbildern und Orientierung in der Medienwelt. "Gerade Influencer erwecken den Anschein, direkt mit ihrem Publikum zu interagieren. Diese Illusion der Nähe führt dazu, dass ihnen schneller gefolgt und nachgeeifert wird", erklärt er. Schnell weist jedoch auch darauf hin, dass der Einfluss von Aktivistinnen und Aktivisten, die sich gegen unrealistische Schönheitsideale und für Selbstakzeptanz einsetzen, ebenfalls groß sein kann. Ein Ansatz, dem entgegenzuwirken: die bewusste und reflektierte Nutzung der Plattformen.

Rund die Hälfte der Befragten möchte attraktiver sein

Sich anzunehmen, genau so wie man ist - das fällt Menschen zunehmend schwerer, scheint es. Zumindest bei der Hälfte der Befragten der NDR Umfrage: Fast 50 Prozent wünschen sich attraktiver zu sein, als sie es gerade sind. Die Konsequenz daraus ist, dass immer mehr - und vor allem immer jüngere Menschen, kosmetische Eingriffe vornehmen lassen.

Von den Befragten, die sich bereits Schönheitseingriffen unterzogen hatten (fünf Prozent, knapp 700 Befragte), hatten über 20 Prozent entweder eine Botox- und Hyaluron-Behandlung durchführen oder sich im Gesicht operieren lassen. Eine Statista-Studie zeigt, dass die Anzahl der Botox-Behandlungen in Deutschland in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen ist. Zudem steigt die Zahl der jüngeren Menschen, die Botox zunehmend als vorbeugende Maßnahme gegen Falten einsetzen.

​Die Unsicherheit verbleibt - trotz Faltenkorrektur

Eine Frau in einem Arztkittel gibt ein Interview © NDR Foto: NDR Screenshot
Laut Prof. Dr. Katharina Kähler ist das Problem, dass Menschen denken, dass sie durch Eingriffe, ihre eigentlichen Probleme lösen könnten.

Für Katharina Kähler, Oberärztin der Klinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), ist das besorgniserregend. "Es ist problematisch, wenn dieser Optimierungswahn schon sehr viel früher beginnt", sagt sie. "Das heißt, dass junge Frauen zur Faltenkorrektur zu uns kommen, die vielleicht noch gar nicht so sehr erkennbar Falten aufweisen, über die mimischen Falten hinaus." Das eigentliche Problem sei, dass Menschen denken würden, dass sie durch Eingriffe, ihre eigentlichen Probleme lösen könnten. "Aber die tiefsitzenden Probleme, die Unsicherheit, die dahintersteckt und oft ein psychisches Problem darstellt, die verbleibt."

Keine Schönheitseingriffe bei Jugendlichen?

Fakt ist: Viele der Fotos und Videos online sind mit Filtern verändert, mit künstlicher Intelligenz retuschiert. Um sich darüber besser informieren zu können, wünscht sich die Mehrheit der Befragten in der NDR Umfrage eine Veränderung. 65 Prozent der Teilnehmenden sprechen sich für eine Pflicht zur Kennzeichnung von bearbeiteten oder mit künstlicher Intelligenz generierten Bildern aus. Darüber hinaus fordert mehr als die Hälfte der Teilnehmer, dass medizinisch nicht notwendige Schönheitseingriffe bei unter 18-Jährigen verboten werden.

Namika Vogel aus Itzehoe teilt diese Meinung. Ihr Weg zur Selbstakzeptanz war nicht einfach, doch heute wirkt sie befreit und zufrieden. Was dabei für sie besonders wichtig war: "Ich habe ein Umfeld, das mich bestärkt hat, und einen Freund, der mich genauso liebt, wie ich bin."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 21.08.2024 | 19:30 Uhr

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