Reichsbürger mit verschiedenen Flaggen © NDR
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AUDIO: Umfrage zeigt: Es gibt mehr Reichsbürger in SH (1 Min)

Reichsbürger beschäftigen häufiger Kommunen in SH

Stand: 14.09.2024 14:02 Uhr

In Schleswig-Holstein gibt es offenbar immer mehr Menschen, die der sogenannten Reichsbürger-Szene angehören. Das spüren auch einige Städte und Gemeinden - zum Beispiel durch eingehende Schreiben, die die Behörden beschäftigen.

In Schleswig-Holstein hat das Innenministerium in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen gezählt, die der sogenannten Reichsbürger- und Selbstverwalterszene angehören. 2021 wurden laut Verfassungsschutzbericht rund 480 Menschen der Szene zugerechnet, 2022 etwa 640 und im vergangenen Jahr rund 700. Davon gehören etwa 300 Menschen bekannten Gruppierungen wie dem "Indigenen Volk Germaniten" an - rund 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Gruppen haben nach Angaben des Innenministeriums immer mehr Zulauf.

Reichsbürger beschäftigen Verwaltungen mit Erlassen und Verordnungen

Das beschäftigt auch die Verwaltungen in einigen Städten und Kreisen, wie die Deutsche Presseagentur in einer Umfrage ermittelt hat. Die Landeshauptstadt Kiel verzeichnet laut einem Sprecher seit Anfang des Jahres mehr Kontakte zu Reichsbürgern. Diese bestehen oft darin, dass Angehörige der Szene lange Schreiben, selbst verfasste Erlasse oder Bescheide verschicken, die dann die Verwaltung beschäftigen. Die Stadt Lübeck spricht von "Vielschreiberei", die den Behördenbetrieb lähmen soll. Im Kreis Nordfriesland gingen in den vergangenen zwei Wochen teils mehrmals täglich Faxe ein, wie der Fachbereich Sicherheit, Gesundheit und Veterinärwesen berichtet.

Handlungsempfehlungen für Mitarbeitende der Kommunen

In einigen Kreisen gibt es deshalb bereits Richtlinien oder sogar Seminare zum Umgang mit Angehörigen der Reichsbürger-Szene. Dazu gehört beispielsweise, sich nicht auf Diskussionen einzulassen und nur auf echte Anliegen zu reagieren. Das empfiehlt auch das Land. Außerdem gibt es waffenrechtliche Überprüfungen und bei begründetem Verdacht werden Verfassungsschutz und Polizei informiert.

In einigen Städten und Kreisen stagnieren die Zahlen

Die Kreise Stormarn und Dithmarschen sehen nach eigenen Angaben ebenfalls eine Zunahme von Schreiben und Anrufen aus der Reichsbürger-Szene. Andere Kreisen machen zwar auch Erfahrungen mit solchen Kontakten, beobachten aber keinen auffälligen Anstieg, so zum Beispiel Ostholstein oder Plön. Im Kreis Rendsburg-Eckernförde ist die Zahl der Kontakte zur Szene seit Jahren in etwa gleich. Der Kreis Herzogtum Lauenburg führt keine Statistik, spricht jedoch eher von einer Abnahme, ähnlich ist es in Flensburg.

Bezüge zu Rechtsextremismus

Sogenannte Reichsbürgerinnen und Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik Deutschland als legitimen Staat und damit auch die Gesetze ab. Sie beziehen sich stattdessen auf das historische Deutsche Reich, dass aus ihrer Sicht noch Bestand hat. Sie sehen sich als Bürgerinnen und Bürger des Deutschen Reiches oder zum Beispiel des Königreichs Preußen.

Manche Gruppierungen geben auch eigene Pässe oder Führerscheine ab. Durch die Bezüge zum historischen Deutschen Reich überschneidet sich die Ideologie von Reichsbürgerinnen und Reichsbürger mit völkischem oder rechtsextremistischem Gedankengut. Laut Innenministerium ist die Szene - auch wegen einer großen Affinität zu Waffen - "eine gleichbleibend hohe Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die freiheitliche demokratische Grundordnung".

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 14.09.2024 | 14:00 Uhr

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