Reaktionen zu Northvolt: "Fettes Ausrufezeichen für SH"
Schleswig-Holsteins Landesregierung freut sich über die Entscheidung von Northvolt, die Batteriefabrik im Land bauen zu wollen. Die Opposition mahnt die Regierung aber zu mehr Tempo an.
"Für mich ist die heutige Entscheidung von Northvolt ein fettes Ausrufezeichen und eine ganz starke Entscheidung für die Region, aber auch für die deutsche Industrie" - das sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch zur Zusage von Northvolt, seine Gigafactory bei Heide im Kreis Dithmarschen bauen zu wollen. Die hohe Dichte der erneuerbaren Energien in der Region sei ein ausschlaggebendes Kriterium für Northvolt gewesen, vermutet der Minister. "Northvolt hat ganz Europa gescannt und sich für Heide entschieden wegen des erneuerbaren Stroms." Die ganze Westküste werde von der Investition profitieren, egal ob durch Infrastrukturprojekte, mehr Gastronomie oder Arbeitsplätze.
Negative Auswirkungen sieht der Bundeswirtschaftsminister für die Region eher nicht. Zwar sei der Fachkräftemangel durchaus ein akutes und auch bundesweites Problem, dies sei jedoch kein Argument gegen eine solche Investition. "Ich glaube, das wird eher eine Stärkung des Standorts und das wird einen Arbeitsmarkt nach sich ziehen, der ordentlich brummen wird." Auch werde ein Teil der notwendigen Ausbildung durch die Batteriefabrik in die Region geholt.
"Großartige Entscheidung für SH" - Nun sind die Gemeinden am Zug
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) zeigte sich ebenso erfreut über die Entscheidung des schwedischen Batteriezellen-Herstellers. "Jetzt wird Northvolt die grünsten Autobatterien der Welt bei uns produzieren." Auf allen Ebenen habe man an einem Strang gezogen, um die Investition möglich zu machen, so Günther. Nun schaue man gespannt auf die Entscheidung in den beiden Gemeinden Lohe-Rickelshof und Norderwöhrden. "Es wird eine schwere Entscheidung für die Ratsmitglieder, aber das Land steht an ihrer Seite", betonte der Ministerpräsident.
Dithmarschens Landrat, Stefan Mohrdieck (parteilos) sagte, er sei Northvolt sehr dankbar, dass das Unternehmen die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt getroffen habe. Es sei ein gutes Zeichen für die beiden Gemeindevertretungen, dass sie jetzt Sicherheit hätten und Northvolt definitiv investieren wolle. Lohe-Rickelshof und Norderwöhrden müssen nun noch die Bebauungspläne beschliessen, erst dann besteht das notwendige Baurecht für die Gigafactory.
Entscheidung in Norderwöhrden steht noch auf der Kippe
Lohe-Rickelshofs Bürgermeister, Kai Tange (SPD), geht davon aus, dass die Fabrik kommen wird: "Die Region erhofft sich ja Entwicklung und Aufschwung." Der Ort unterstütze die Pläne von Northvolt - bisherige Entscheidungen seien mehrheitlich oder gar einstimmig gefallen. Am Montag hatte er mitgeteilt, die Gemeinde sei auf die anstehende Entscheidung vorbereitet. Donnerstag werden die Gemeindevertreter in ihrer Sitzung über eine mögliche Zusage abstimmen. Am Montag dann werden sich die Gemeindevertreter von Norderwöhrden treffen, um über ihre Entscheidung abzustimmen.
Bürgermeister der Gemeinde, Kay-Uwe Evers (FWN), teilte auf NDR Anfrage mit: "Die Tatsache, dass Northvolt den Durchführungsvertrag mit den Gemeinden unterschrieben hat, macht den Weg frei für eine Abstimmung beider Gemeinden über besagten Durchführungsvertrag auf den kommenden Sitzungen." Er sei zuversichtlich, nach entsprechender Beschlussfassung der Gemeindevertretung, diesen ebenfalls für die Gemeinde Norderwöhrden unterzeichnen zu dürfen. Bei einer früheren Abstimmung zu einem ersten B-Plan Entwurf hatte es in Norderwöhrden mit 4 zu 3 Stimmen nur eine sehr knappe Entscheidung für die Batteriefabrik gegeben. Ein Besuch in einer Northvolt-Fabrik in Schweden habe einige Bedenken, zum Beispiel zur Lärmbelästigung, ausräumen können.
Madsen sieht "Wende für Industrie in Schleswig-Holstein"
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) sieht Schleswig-Holstein bereits gut auf das "größte Investitionsprojekt der letzten Jahrzehnte" vorbereitet - es sei eine Wende für die Industrie im Land. Es sei deshalb nachvollziehbar, dass bei so einem großen Projekt aktuell noch nicht die notwendige Infrastruktur vorhanden sei. Er erwartet jedoch eine hohe Planungsgeschwindigkeit, die auf das Land zukommen wird, damit alles reibungslos ablaufen wird. "Wenn wir in zehn Jahren zurückschauen, dann werden wir sagen: Das war der Start für ein neues Abenteuer, quasi eine grüne Revolution."
Für Lasse Petersdotter, Fraktionschef der schleswig-holsteinischen Grünen, sei der Bau der Batteriefabrik von Northvolt ein "Schlüsselprojekt für das Ziel, ein klimaneutrales Industrieland zu werden". Mit der Investitionsentscheidung sei der nächste Meilenstein erreicht worden. Nun blicke man gespannt auf die ausstehenden Entscheidungen der beiden Gemeinden.
Opposition fordert höheres Tempo der Landesregierung
Auch Oliver Kumbartzky, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, freut sich über die Entscheidung von Northvolt. Einiges sei aber noch zu tun, so Kumbartzky: "Northvolt und Dithmarschen geben wirklich ein Tempo vor. Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung dieses Tempo mitgeht", sagte Kumbartzky. Die Region warte zum Beispiel auf das lange angekündigte Projektbüro, das die vielen Aufgaben rund um die Ansiedlung von Northvolt unterstützen soll."
Serpil Midyatli, Vorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, fordert ebenfalls die Landesregierung dazu auf, sich schnellstmöglich um das angekündigte Planungsbüro zu kümmern, damit die Kommunen vor Ort einen Ansprechpartner hätten. "Das muss sofort nachgeliefert werden", so Midyatli. Auch um Kitas, Wohnraum und Schienenanbindung müsse sich gekümmert werden. "Daniel Günther soll das zur Chefsache erklären", sagte die Parteivorsitzende, damit die Themen zeitnah umgesetzt werden könnten.
IHK weist auf kritische Stimmen aus der Wirtschaft hin
Auch von der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein (IHK) heißt es, man hoffe auf eine positive Entscheidung aus den beiden Kommunen. Hauptgeschäftsführer Björn Ipsen weist aber darauf hin, dass die Realisierung des Projekts eine Herausforderung für die Region werde. "Und Teile der Wirtschaft sorgen sich um negative Auswirkungen auf den ohnehin vom Arbeitskräftemangel geprägten Arbeitsmarkt", betonte Ipsen.
Die IHK vertraue aber auf die Weitsicht der Entscheidungsträger, welche Entwicklungschancen die Ansiedlung auf Dithmarschen und ganz Schleswig-Holstein haben werde. "Wir erwarten mittel- und langfristig immense positive Effekte, auch hinsichtlich der Attraktivität für den Zuzug weiterer Arbeitskräfte aus ganz Deutschland und dem Ausland", sagte Ipsen.