Öffentlicher Dienst: 4.500 Streik-Teilnehmer in SH
Am Mittwoch ist in SH der öffentliche Dienst bestreikt worden. Laut ver.di legten rund 4.500 Beschäftige ihre Arbeit nieder. Bis zur kommenden Verhandlungsrunde soll es weitere Aktionen geben
Etwa 4.500 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Schleswig-Holstein haben sich am Mittwoch an einem Warnstreik beteiligt. Das teilte die Gewerkschaft ver.di mit, die dazu aufgerufen hatte. Hintergrund sind Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern, die aus Sicht von ver.di "enttäuschend" verlaufen waren.
In Kiel trafen sich am Mittwochvormittag laut Polizei rund 1.500 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Rathausplatz. Zuvor waren sie in zwei Demonstrationszügen durch die Stadt gezogen. In Neumünster versammelten sich etwa 400 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zu einer Kundgebung, in Lübeck rund 500, wie die Polizei mitteilte. In Schleswig (Kreis Schleswig-Flensburg) waren es ungefähr 900 Teilnehmende.
Ver.di: "Wir werden noch einmal nachlegen"
"Das ist ein mehr als klares Signal, wenn in einer so frühen Phase der Tarifrunde die Mobilisierung so hoch ist", sagte Susanne Schöttke, Leiterin des ver.di Landesbezirks Nord. Die Arbeitgeber von Bund und Kommunen täten gut daran, die Sorgen und Nöte der Beschäftigten ernst zu nehmen und ihre Blockadehaltung aufzugeben.
"Wir werden in der nächsten Woche noch einmal nachlegen und die Beschäftigten erneut zum Warnstreik aufrufen. Dabei werden wir weiterhin Bereiche in den Fokus nehmen, die sich monetär mit jedem Streiktag bemerkbar machen werden", so Schöttke weiter.
Bestreikt werden unter anderem:
- Energieversorgungsunternehmen
- Sparkassen
- Kommunale Krankenhäuser
- Wasser- und Schifffahrtsämter (inklusive Teile des NOK)
- Allgemeine Verwaltung
- Kommunale Ordnungsdienste
- Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes, wie Kindertagesstätten
- Bundeswehrdienststellen
Streiks in SH: Mehrere große Krankenhäuser betroffen
Zu den Kommunalen Krankenhäusern gehören das Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster, das Klinikum Itzehoe (Kreis Steinburg), das Städtische Krankenhaus Kiel, die Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide (Kreis Dithmarschen). Sie sind im sogenannten 6K-Klinik-Verbund organisiert.
Auch GEW ruft zum Warnstreik auf
Auch die Bildungsgewerkschaft GEW hatte ihre Mitglieder bei Bund und Kommunen im Land zu einem Warnstreik aufgerufen. Das sind bei der GEW in erster Linie Beschäftigte aus dem Sozial- und Erziehungsdienst, von denen in Schleswig-Holstein Tausende dem Aufruf gefolgt seien.
GEW fordert verhandlungsfähiges Angebot
In ihrer Rede in Kiel bei der größten Streikkundgebung forderte die GEW-Landesvorsitzende Franzi Hense die Arbeitgeber auf, ein verhandlungsfähiges Angebot zu unterbreiten. "Mieten und Lebensmittelpreise steigen. Heizen wird teurer. Da wollen die Beschäftigten von Bund und Kommunen logischerweise nicht in die Röhre gucken, sondern mehr Geld im Portemonnaie", sagte die Gewerkschafterin.
Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst seien "total belastet". Städte und Gemeinden müssten die Arbeitsplätze unbedingt wieder attraktiver machen. Sonst werde sich der Fachkräftemangel noch weiter verschlimmern.
Ver.di: "Kollaps droht"
Laut ver.di sind viele Beschäftigte regelmäßig überlastet und am Rande ihrer Handlungsfähigkeit. "Wenn - wie gerade in Kiel öffentlich geworden - Führungskräfte Tausende Mehrarbeitsstunden auf dem Konto haben, wird deutlich, dass hier eklatante Probleme auf Kosten der Beschäftigten gelöst werden sollen." Susanne Schöttke, Landesleiterin von ver.di Nord, ist sicher: "Das geht so nicht weiter. Wenn nicht gehandelt wird, droht ein Kollaps."
Beamtenbund: Ausweitung der Streiks möglich
Auch der Beamtenbund und Tarifunion (dbb) hatte für Mittwoch Streiks organisiert. Unter anderem wurden laut der Gewerkschaft der Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel, die Stadtwerke Kiel und Kindertagesstätten bestreikt. "Die Beschäftigten bei Bund und Kommunen stellen in Schleswig-Holstein mit Warnstreiks unmissverständlich klar, dass sie kein Verständnis für die übliche Verzögerungs- und Hinhaltetaktik der Arbeitgeber haben", so der Landesbund-Vorsitzende Kai Tellkamp.
Zudem kündigte er an: "Für den Fall, dass die Arbeitgeber weiter blockieren, wird es in Schleswig-Holstein zu einer deutlichen Ausweitung der Aktionen kommen, unter Beteiligung aller von der Einkommensrunde betroffenen dbb-Fachgewerkschaften."
In Norderstedt wird seit Dienstag gestreikt
In Norderstedt (Kreis Segeberg) rief ver.di die Beschäftigten der Stadt bereits seit Dienstag zum Streik auf. Es konnte zu Einschränkungen bei der Stadtverwaltung sowie den städtischen Einrichtungen kommen. Die Mitarbeitenden in den städtischen Kindertagesstätten haben nur Mittwoch gestreikt. Betroffen waren folgende Kitas:
- Pellworminsel
- Zauberwald
- Forstweg
- Tannenhof
- Tannenzwerge
Die städtischen Kindertagesstätten in Friedrichsgabe, die Kitas Storchengang, Sternschnuppe und Ministerne sowie die Wichtelhöhle boten laut Stadt eine Notbetreuung für die dort betreuten Kinder an.
Forderung: Mehr Gehalt, auch für Auszubildende und Praktikanten
Die Gewerkschaften fordern im Tarifstreit von Bund und Kommunen acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr pro Monat, sowie drei Tage mehr Urlaub für alle Beschäftigten. Für besonders belastende Tätigkeiten soll es höhere Zuschläge geben. Die Ausbildungsgehälter und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Die Arbeitgeberseite hat in der ersten Verhandlungsrunde noch kein Angebot abgegeben.
Arbeitgeberverband: Warnstreik ist nicht in Ordnung
Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat kein Verständnis für die Warnstreiks in Schleswig-Holstein. Niklas Benrath, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, teilte auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit: "Jeder, der einmal bei Tarifverhandlungen dabei war, weiß, dass in der ersten Runde grundlegende Positionen und Ziele ausgetauscht werden müssen. Die Bürgerinnen und Bürger mit Streiks zu belasten, obwohl die inhaltlichen Verhandlungen noch nicht einmal starten konnten und obwohl wir bereits zwei weitere Verhandlungstermine vereinbart haben, ist inakzeptabel."
Gehaltsforderungen seien zu hoch
Der Landesgeschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes in Schleswig-Holstein, Jan Jacobsen, ergänzte in Bezug auf die Forderung nach drei weiteren Urlaubstagen: "Zu Zeiten, wo auch Verdi darüber klagt, dass nicht genügend Beschäftigte vorhanden sind, führen weitere Urlaubstage natürlich dazu, dass noch weniger Personal zur Verfügung steht." Und dies, argumentiert Jacobsen, führe dann ja zu einer Leistungsverdichtung und gerade einer Mehrbelastung der Beschäftigten. Zudem seien die Gehaltsforderungen mit Blick auf die leeren Haushaltskassen zu hoch, findet Jacobsen.
Ver.di: Nächster Warnstreik am 13. Februar
Die nächsten Verhandlungsrunden finden Mitte Februar und Mitte März in Potsdam statt. Ver.di kündigte bis dahin bereits weitere Warnstreiks an. Der nächste ist laut der Gewerkschaft für den 13. Februar geplant.