Northvolt: China, VW und das liebe Geld - es hakt an vielen Stellen

Stand: 13.10.2024 07:07 Uhr

Laut Quellen aus Schweden hat der Batterieproduzent Northvolt große Geldprobleme. Eine NDR Recherche zeigt außerdem: Der Standort bei Heide hat für Großaktionär VW und für den Bund nicht oberste Priorität.

von Jonas Salto

Um kaum eine andere Baustelle in Schleswig-Holstein dürften im Moment mehr Gerüchte kursieren als um die von Northvolt. Der schwedische Batterieproduzent für Elektroautos will bei Heide im Kreis Dithmarschen jährlich Batterien für eine Million E-Autos herstellen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) waren beim symbolischen ersten Spatenstich. "Wir produzieren die grünste Batterie der Welt", verspricht Northvolt und macht damit dem Bund und auch Europa Hoffnung, im Rennen mit Asien um den Batteriemarkt doch noch aufholen zu können. Doch in jüngster Vergangenheit häufen sich Negativ-Schlagzeilen um den schwedischen Hersteller. Probleme in der Produktion im bestehenden Werk in Schweden, ein Kunde, der einen Auftrag storniert, Geldsorgen.

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"Wir stehen weiterhin zu dem Werk in Heide", sagt der Deutschlandchef von Northvolt, Christofer Haux. Die Schweden versuchen in Dithmarschen zu beschwichtigen und die Negativ-Schlagzeilen zu entkräften. Doch die Probleme des Stammwerks in Nord-Schweden sind massiv. Das zeigen nun Recherchen von NDR Schleswig-Holstein.

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"Im September hat Northvolt in der Fabrik in Schweden nur fünf Prozent der Gesamtkapazität produzieren können", erzählt Anders Hagerstrand von der schwedischen Wirtschaftszeitung Dagens Industri. Der Batterieproduzent sei stark in Verzug mit Lieferungen und habe deshalb Geldprobleme. Laut den Recherchen von Hagerstrand versucht Northvolt im Moment rund 176 Millionen Euro auf dem Kapitalmarkt einzusammeln, um die kommenden Monate überleben zu können. Das gestalte sich aber schwierig, berichtet Hagerstrand im Interview mit NDR Schleswig-Holstein.

Der schwedische Journalist ist sogar der Meinung, dass Northvolt wahrscheinlich den Standort bei Heide verlassen wird, weil sie sich voll und ganz auf die Produktion in Schweden und auf das Einsammeln von Geldern für den Standort in Skellefteå konzentrieren müssen. Christofer Haux von Northvolt hält im NDR Interview dagegen: "Heide ist ein Grundpfeiler für die Expansion." Doch die Expansionspläne stehen im Gegensatz zur aktuellen Marktentwicklung. Der Absatz der E-Autos in Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr laut Kraftfahrt-Bundesamt um 68 Prozent eingebrochen. BMW stornierte im Juni einen Auftrag bei Northvolt und Volkswagen wird seine E-Autos nicht los.

Ein Schild der Firma Northvolt. © picture alliance / TT NYHETSBYRÅN | Magnus Lejhall/TT Foto: Magnus Lejhall/TT
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VW setzt mittelfristig auf eigene Batterien

Der Automobilhersteller aus Wolfsburg ist bei Northvolt mit mehr als 21 Prozent der größte Aktionär. Doch Volkswagen hat gerade eigene, große Probleme, sagt Hilke Janssen, VW-Expertin vom NDR: "Die E-Autos von VW verkaufen sich ziemlich schlecht." Die Konkurrenzmodelle aus China sind nach Ansicht von Experten technisch mindestens gleichwertig und dabei deutlich günstiger. Mittelfristig will sich Volkswagen nicht von einzelnen Batterieherstellern abhängig machen, sondern setzt auf die Produktion in Europa. Zum Beispiel fertigen sie selbst mit der PowerCo SE Batterien in Deutschland und in Spanien an. Zusätzlich kaufen sie Batterien auch von Northvolt aus Schweden.

"Interessant ist aber in dem Zusammenhang, dass dieses noch zu entstehende Werk in Heide für Volkswagen offenbar nicht sehr entscheidend ist". Intern würde es heißen, das Werk in Heide spiele überhaupt keine Rolle als Batterielieferant. Offiziell äußert sich VW dazu nicht. In normalen Zeiten, davon geht Hilke Janssen aus, hätte VW großes Interesse daran, Northvolt noch weiter zu unterstützen. Doch im Moment müsse der Konzern extrem sparen.

Bundeswirtschaftsministerium: "Es hängt nicht an einem Unternehmen"

Für den Standort bei Heide hat der Bund eine Förderung von 564 Millionen Euro zugesagt. "Wir haben wirklich ein hohes Interesse daran, dass wir eine Batterieproduktion in Europa haben", sagt Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Denn durch Corona und den Krieg in der Ukraine habe man gemerkt, wie Lieferketten wegbrechen können. Im Batteriebereich habe man auch eine Abhängigkeit.

Der Bund fördert nach Angaben von Kellner gemeinsam mit der EU mehr als 60 Batterieprojekte. Northvolt ist laut dem Staatssekretär ein Leuchtturm. "Aber am Ende des Tages geht es um eine Anstrengung für die nächsten zehn bis 20 Jahre, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas zu verbessern. Und das hängt nicht an einem Unternehmen."

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Robert Habeck (l-r, Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Peter Carlsson, CEO von Northvolt, Christoph Vogler, 1. Vorsitzender des Boßelvereins Heid - Rüsdörp, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Veronika Wand-Danielsson, Schwedische Botschafterin in Deutschland, und Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, boßeln auf der Baustelle. Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck nehmen am offizieller Baubeginn der Northvolt-Fabrik teil, in der ab 2026 Batteriezellen für Elektroautos produziert werden sollen. © picture alliance/dpa Foto: Marcus Brandt

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China hat früh auf Massen-Batterieproduktion gesetzt

Deutschland setzte lange Zeit noch auf Verbrennermotoren, während insbesondere in China vor Jahren schon strategisch die Batterieproduktion für E-Autos hochgefahren wurde. "Die Qualität der Batterien aus China ist hoch. Die Innovationskraft ist sehr hoch", sagt Professor Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. Insbesondere die Hersteller BYD und CATL gelten als Vorreiter auf dem weltweiten Batteriemarkt. Ihre Batterien haben laut Bratzel eine hohe Energiedichte und können gleichzeitig mit niedrigen Kosten produziert werden. Europäische Hersteller müssen sich daran messen lassen. "Ich glaube, es wird noch einige Jahre dauern, bis Deutschland und Europa eine gewichtige Rolle einnehmen werden", sagt der Automobil-Experte.

Für Northvolt sei ein langer Atem überlebensnotwendig. Das Unternehmen muss laut Bratzel Erfahrungen in der Produktion sammeln und das wird auch noch einiges an Geld kosten.

Northvolt überdenkt Zeitplan für Standort bei Heide

Die NDR Recherche zeigt, dass Northvolts obere Prioritäten im Moment das Hochfahren der Produktion in Schweden und vor allem das Einsammeln von Geld sind. Auf der Baustelle am Standort in Dithmarschen rollen die Bagger weiterhin. Doch wie lange noch, ist derzeit unklar. Die Führungsebene berät nach eigenen Angaben im Moment darüber, wie sich die aktuellen Entwicklungen auf den Zeitplan für Dithmarschen auswirken. Eigentlich sollten schon 2026 erste Batterien aus Schleswig-Holstein an die Kunden geliefert werden. Doch die herausfordernde Situation auf dem Weltmarkt könnte alles durcheinander bringen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 13.10.2024 | 19:30 Uhr

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