Neue Verordnung legt Assistenzhunde-Ausbildung lahm

Stand: 18.03.2025 11:57 Uhr

Assistenzhunde können Menschen mit Behinderung im Alltag Sicherheit geben. Doch eine neue Verordnung macht Prüfungen gerade unmöglich. Für die Betroffenen ist das eine Belastungsprobe.

von Lisa Synowski

"Prima, genau so", sagt Andrea mit beruhigender Stimme, während sie ihrem Hund Carlson ein kleines Handzeichen gibt. Der dunkelbraune Hovawart kommt zwischen den Regalen eines Schwentinentaler Möbelladens zum Liegen. "Sehr gut habt ihr das gemacht", meldet sich Hundetrainerin Carola Schulz von der Seite.

Sie übt mit Andrea und ihrem Hund Alltagssituationen, die für andere selbstverständlich sind. Für Andrea aber nicht. Sie hat eine posttraumatische Belastungsstörung und kämpft besonders in der Öffentlichkeit mit Unsicherheit und Angstzuständen. In diesem Text möchte sie nur mit ihrem Vornamen genannt werden.

Mehr Sicherheit im Alltag

Eine Frau steht in einem Möbelgeschäft. © NDR
Andrea möchte mit ihrem Hund Carlson die Assistenzhundeprüfung ablegen. Das ist aber momentan nicht möglich.

Carlson liegt jetzt so im Gang, dass er ihn für andere Besucher blockiert. "So kann niemand von hinten kommen. Das gibt mir die Sicherheit, mich nicht anzuspannen oder in eine Angstattacke zu kommen", erklärt Andrea. Sie ist mit Carlson bereits seit einiger Zeit in der Assistenzhundeausbildung.

Eigentlich möchten die beiden bald die entscheidende Prüfung ablegen. Carlson wäre dann offiziell zugelassener Assistenzhund und könnte Andrea so auch an Orte begleiten, an denen Hunde häufig verboten sind - in Supermärkte, bei Ärzten oder zu Behörden zum Beispiel.

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Assistenzhunde-Ausbildung aktuell unmöglich

Doch es gibt ein Problem. Aktuell können Andrea und Carlson die Prüfung nicht ablegen. Das hat mit der 2023 in Kraft getretenen Assistenzhundeverordnung (AHundV) zu tun. Denn nach der ist Carola Schulz aktuell nicht offiziell als Hunde-Assistenztrainerin zugelassen.

"Die neue Verordnung regelt ganz klar, dass nur zertifizierte Ausbildungsstätten Assistenzhunde ausbilden dürfen. Es gibt aber in ganz Deutschland aktuell keine zertifizierte Ausbildungsstätte, weil es keine übergeordnete Stelle gibt, die uns zertifizieren kann. Und das heißt natürlich, dass auch niemand zur Prüfung zugelassen wird", erklärt die Hundetrainerin aus Preetz (Kreis Plön).

Übergangsfrist ausgelaufen

In der Verordnung wird diese übergeordnete Zertifizierungseinrichtung "fachliche Stelle" genannt. Eine Übergangsfrist, die eine Prüfung nach dem alten System ermöglicht, ist seit Sommer 2024 ausgelaufen. Ausgenommen sind Blindenführhunde, die anders geprüft werden.

Betroffen sind neben Andrea auch weitere Menschen in Schleswig-Holstein. Zuletzt legten im Jahr knapp 100 Teams ihre Assistenzhunde-Prüfung hier ab - in ganz Deutschland mehr als 800.

Bundesministerium räumt Verzögerungen ein

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schreibt dazu auf NDR Anfrage:

"Die Umsetzung des Zertifizierungsprozesses verzögert sich wegen der noch ausstehenden Einrichtung einer neuen fachlichen Stelle zur Zulassung von Ausbildungsstätten." Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Man arbeite an den notwendigen Strukturen für die Zertifizierung und wolle eine erneute Übergangslösung ermöglichen. Fakten könnten aber erst in der nächsten Legislatur-Periode geschaffen werden. Genauere Zeitangaben macht das Ministerium nicht.

Ungewissheit belastet Betroffene

Für Andrea ist diese Ungewissheit eine Belastungsprobe. "Das ist wirklich sehr schwierig für mich. Ich merke immer wieder, dass psychische Erkrankungen oft weniger akzeptiert werden, als wenn ich zum Beispiel einen Blindenhund bräuchte. Ich möchte Carlson einfach nicht immer erklären müssen", so Andrea, die inzwischen übt, ihren Hund vor einer Umkleidekabine abzulegen.

Unterkriegen lassen wolle sie sich nicht, sagt sie, sondern weiter Übungsstunden nehmen und auf eine baldige Übergangslösung seitens des Ministeriums hoffen.

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